Engagement von Unternehmen

Corporate Volunteering: „Ein Mehrwert für alle“


Corporate Volunteering: Wenn sich Unternehmen engagieren

Unternehmen stellen ihre Mitarbeitenden während der Arbeitszeit frei, damit sie Gutes tun können. Das Schöne daran: Alle profitieren – die Gesellschaft, die Mitarbeitenden und die Unternehmen selbst. Wir haben uns mal umgehört, wie das funktioniert.

Hinter dem sperrigen Begriff „Corporate Volunteering“ (CV) verbirgt sich eine richtig gute Sache: Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitenden, sich freiwillig sozial zu engagieren. In Projekten, an Aktionstagen oder auch im Rahmen einer langfristigen Partnerschaft. Die wichtigste Währung im Corporate Volunteering ist die Arbeitszeit: Die Firmen stellen ihre Mitarbeitenden für die Freiwilligenprogramme frei, verzichten also für einen vorab definierten Zeitraum auf deren Arbeitsleistung.
 
Die Bandbreite von CV-Projekten ist groß, ihre Wirkung oftmals auch: Wenn Mitarbeitende Räume in sozialen Einrichtungen renovieren, Kinder und Jugendliche als Mentoren begleiten, sich um ältere, sozial benachteiligte oder pflegebedürftige Menschen kümmern, Müll sammeln, Essen ausgeben, Gärten anlegen, Spielplätze bauen, Schulpatenschaften übernehmen, ihr berufliches Know-how einbringen oder viele andere Dinge mehr tun, dann dienen sie dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und nicht nur dem: Auch die Unternehmen profitieren. Doch dazu später mehr.

Wichtig ist, das Ziel zu kennen

Weil die Möglichkeiten so vielfältig sind, stehen Unternehmen vor der schwierigen Entscheidung, die richtigen Projekte auszuwählen. Expertenmeinungen gehen auseinander, was die langfristigen Effekte betrifft: Naturgemäß ist die Wirkung einer auf Jahre angelegten Schulpatenschaft höher als die Renovierung von Kita-Räumen an einem Aktionstag. Trotzdem ist beides sinnstiftend.
 
Vivien Eschmann, Projektleiterin beim Energiedienstleister ista, rät, strategisch vorzugehen und sich zuallererst über die Ziele eines Freiwilligenprogramms im Klaren zu werden: „Wer sein Ziel kennt, kann besser auswählen, wie das Unternehmen helfen kann und welche Projekte überhaupt in Frage kommen.“ Ebenfalls hilfreich: Unterstützung zu suchen. Zum Beispiel arbeitet ista für die Auswahl und Organisation von CV-Projekten mit der Ehrenamt Agentur Essen, dem Deutschen Roten Kreuz oder dem VKJ zusammen, einem Verein, der sich um Kinder und Jugendliche in sozialen Brennpunkten im Ruhrgebiet kümmert. 

Eng abstimmen, den Aufwand übersichtlich halten

Sinnvoll ist, wenn das soziale Engagement im weitesten Sinne zum Unternehmen passt. Die REWE Group beispielsweise startete 2024 ein CV-Engagement bei der Tafel Deutschland, einem Verein, mit dem der Lebensmittelkonzern schon seit Jahren eine Partnerschaft pflegt. Am Aktionstag konnten Mitarbeitende an verschiedenen Tafelstandorten mithelfen und sich somit gegen Armut und für Lebensmittelrettung einsetzen. Am Pilotprojekt beteiligten sich rund 50 Mitarbeitende, die Teilnehmerzahl soll künftig wachsen.
 
Das Corporate Volunteering sensibilisiere für gesellschaftliche Herausforderungen wie Armut und Inklusion und fördere nachhaltiges, soziales Engagement. „Ein Gewinn für Mitarbeitende, Unternehmen und Gesellschaft“, ist REWE Group-Sprecher Ferry Radix überzeugt. Er empfiehlt allen CV-Neueinsteigern, ihre Zielgruppe klar zu definieren, den Bezug zur NGO transparent zu vermitteln und den Einsatz der Volunteers präzise zu planen. „Eine enge Abstimmung mit der Partnerorganisation, ein realistischer organisatorischer Aufwand sowie regelmäßige Evaluationen sind aus unserer Sicht entscheidend, um für beide Seiten – Unternehmen und NGO – einen echten Mehrwert zu schaffen.“

Von Energiedetektiven zum Corporate Volunteering Day

Auch das Corporate Citizenship-Team von ista achtet darauf, dass das soziale Engagement zum Unternehmen passt. ista entwickelt Lösungen für energieeffiziente Gebäude. Am Hauptsitz in Essen arbeiten rund 600 Mitarbeitende, insgesamt sind es 6.300 in 20 Ländern. Ein erklärtes Ziel von ista: den CO₂-Ausstoß in verschiedenen Segmenten zu reduzieren. Mit seinem 2017 gestarteten CV-Bildungsprogramm „ista macht Schule“ unterstützt das Unternehmen dieses Ziel über den eigenen Kundenkreis hinaus: Mitarbeitende besuchen Kitas, Grundschulen und weiterführende Schulen und klären dort über das Thema Energieverbrauch in Gebäuden auf. Sie bilden Kinder zu „Energiedetektiven“ aus und erklären in der „Klimastunde“, wieso es sinnvoll ist, Ressourcen zu schonen. Die Kolleginnen und Kollegen bei ista haben laut Unternehmen Spaß daran, den Nachwuchs in Sachen Energie schlau zu machen. 

Energiedetektive ista

Neben dem kontinuierlich laufenden Bildungsprojekt bietet das Unternehmen in Essen alljährlich einen Corporate Volunteering Day. Der erste CV-Day fand im Jahr 2014 mehr oder weniger spontan statt: Der Sturm Ela war über Essen hinweggezogen, der Stadtpark war verwüstet und ein ista-Team packte mit an, um die Schäden zu beseitigen. Seitdem ist der jährliche Freiwilligentag fest im Firmenkalender verankert.
 
Genau genommen ist es ein halber Tag: Das Unternehmen stellt seine Mitarbeitenden während der Arbeitszeit für vier Stunden frei. Sie können aus mehreren Projekten in der Nachbarschaft wählen. „Die einen haben mehr Lust auf Gartenarbeit, die anderen möchten lieber Zeit für Kinder oder Senioren aufbringen, der nächste sammelt gern Müll ein, weil er dann schnell das Ergebnis seiner Arbeit sieht. Das ist ganz vielfältig“, erklärt Projektleiterin Vivien Eschmann. 2025 leistete das Freiwilligen-Team am CV-Day in Essen 296 Stunden an gemeinschaftlichem Einsatz. Wer sich beteiligt, ist begeistert: der Volunteering Day 2025 erhielt von den Mitarbeitenden 4,7 von 5 Sternen.
 
Wie die Finanzchefin zu dem sicher nicht ganz günstigen Projekt steht? „Corporate Volunteering ist ein Investment, das sich lohnt. Wir investieren in Mitarbeiterzufriedenheit, in die Gesellschaft und damit auch in die Bekanntheit von ista. Was wir dadurch gewinnen, übertrifft die Kosten bei weitem“, antwortet Anke Dassler, CFO von ista.

Kommunikation, Teamwork und Empathie

Der Nutzen von CV steht auch für Katharina Strohmeier, Projektkoordinatorin Corporate Citizenship beim Elektronikkonzern Samsung, völlig außer Frage: „Wenn sich unsere Mitarbeitenden freiwillig in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten einbringen, profitieren alle Seiten: Unsere Kolleg*innen stärken Schlüsselkompetenzen wie Kommunikation, Teamwork und Empathie. Sie erleben, wie ihre Fähigkeiten gesellschaftliche Wirkung entfalten und erfahren Sinnstiftung über den Arbeitsalltag hinaus. Gleichzeitig fördern wir eine werteorientierte Unternehmenskultur, die Talente anzieht und langfristig bindet.“ 

Hier spricht die Samsung-Managerin einen interessanten Punkt an: Auch im „Monitor Unternehmensengagement“ (siehe Infokasten) stellen die Autoren fest, dass immer mehr Unternehmen auf Corporate Volunteering setzen, weil es sich positiv auf die Arbeitgeberattraktivität auswirkt – der Fachkräftemangel lässt grüßen.

Samsung fördert in Deutschland zum Beispiel gezielt Digitalkompetenz und Social Entrepreneurship junger Menschen. Dafür lobt das Unternehmen unter anderem den Innovationswettbewerb „Solve for Tomorrow“ aus, der junge Menschen dazu ermutigt, mithilfe von Technologie nachhaltige Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln. Beim diesjährigen Wettbewerb begleiten 16 Mentorinnen und Mentoren die Teilnehmenden über mehrere Monate von der Ideenfindung bis zum finalen Pitch. 

„Corporate Volunteering entfaltet dann seine volle Wirkung, wenn es für beide Seiten einen echten Mehrwert schafft – für die Gesellschaft und für die Mitarbeitenden. Damit das gelingt, sollten die Projekte zu den Interessen und Kompetenzen der Mitarbeitenden passen. Wichtig ist, dass der Zeitaufwand klar kommuniziert, gut planbar und mit dem Arbeitsalltag vereinbar ist“, sagt Katharina Strohmeier.

Ein wichtiger Beitrag für das Gemeinwohl

Sind die Voraussetzungen geschaffen, steht erfolgreichen Freiwilligenprojekten nichts mehr im Wege. Gerade in Zeiten, in denen viel von sozialer Spaltung die Rede ist, leisten Unternehmen und ihre Mitarbeitenden damit einen wichtigen Beitrag fürs Gemeinwohl. Maike Fomenko, die bei ista das CV verantwortet, fasst den Effekt so zusammen: „Mitarbeiter sind dankbar für diese Aktionen. Corporate Volunteering bietet einen Mehrwert für alle. Die Mitarbeiter lernen sich kennen, sie haben danach einfach ein ganz anderes Gefühl und sind mal in etwas anderes eingetaucht, fernab von dem, was sie alltäglich machen. Es erweitert einfach den Horizont.“

Hilfreiche Infos über Corporate Volunteering



Schlagworte zum Thema:  Corporate Citizenship , Nachhaltigkeit
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