Nationale Regeln, wonach die Urlaubsansprüche von Langzeiterkrankten nach 15 Monaten verfallen, sind zulässig, urteilte der EuGH. Nicht ganz klar war jedoch, ob der Gesetzgeber noch eine entsprechende Norm erlassen muss.

Das LAG Baden-Württemberg urteilte dazu als erstes Obergericht.Gesetzliche Urlaubsansprüche bei langandauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit können eingeschränkt werden. Das hat der EuGH bereits im November 2011 festgelegt. Grundlage der Entscheidung war eine tarifvertragliche Norm, die vorsah, dass Urlaubsansprüche nach einer Frist erlöschen. Eine solche Regelung, aus europäischer Sicht eine nationale Norm, sei wirksam, urteilte der EuGH.

Noch keine gesetzliche Regelung

Streng genommen entlastet das Urteil die Arbeitgeber aber nur bedingt. Denn eine gesetzliche Regelung in Deutschland, wonach der Urlaubsanspruch bei Langzeiterkrankten 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs verfällt, gibt es wortwörtlich (noch?) nicht.

Und ein entsprechender Tarifvertrag dürfte nur in seltenen Fällen existieren. Bleibt es also bei jahrelang angesammeltem Urlaub und, daraus resultierend, exorbitanten Urlaubsabgeltungsansprüchen der Arbeitnehmer?

LAG Baden-Württemberg sorgt für Entlastung

Noch kurz vor Weihnachten übernahm das LAG Baden-Württembergdie vom EuGH akzeptierte Obergrenze bei Urlaubsansprüchen von Langzeiterkrankten, obwohl in diesem Fall keine tarifvertragliche Norm bestand.

Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts: "Urlaubsansprüche gehen daher bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten."

Die Richter bedienten sich der Auslegung des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Die Norm ist danach im Lichte der neuesten EuGH-Rechtsprechung so anzuwenden, dass der Urlaub bei Langzeiterkrankten nicht am 31. März des nächsten, sondern des übernächsten Jahres verfällt, also nach 15 Monaten.

Gesetzliche Norm nicht zwingend

Bei dieser Betrachtung ist es nicht notwendig, dass der Gesetzgeber reagiert und eine neue nationale Regel schafft oder die bestehende Norm (§ 7 Abs. 3 BUrlG) anpasst. Bleibt abzuwarten, ob sich auch das BAG mit dieser Auffassung anfreunden kann und endgültig Sicherheit schafft. Abwegig scheint dies nicht zu sein, stützt immerhin der Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing die Ansicht des LAG Baden-Württemberg.

Er hält zwar eine klare gesetzliche Regel für wünschenswert, zwingend sei diese aber nicht. Eine unionskonforme Auslegung des BUrlG sorge dafür, dass das EuGH-Urteil bereits heute umgesetzt werden könne, meint der Direktor des Instituts für Arbeitsrecht an der Universität Bonn.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.12.2011, 10 Sa 19/11).