Unfallkosten weiterhin als Werbungskosten geltend machen
Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen. Durch die Entfernungspauschale sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind.
BFH-Entscheidung schließt außergewöhnliche Kosten aus
Der BFH hat in einer jüngeren Entscheidung klargestellt (
Urteil v. 20.3.2014, VI R 29/13, zur Kommentierung), dass das Wort "sämtliche" eindeutig ist und somit außergewöhnliche Wegekosten (wie z. B. Reparaturaufwendungen infolge einer Falschbetankung eines Krafftfahrzeugs auf der Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) – unabhängig von ihrer Höhe – unter die Abgeltungswirkung fallen (bei der bis 31.12.2000 geltenden Kilometerpauschale konnten solche Kosten noch zusätzlich geltend gemacht werden).
Die umfassende Abgeltungswirkung wird nach Auffassung des BFH auch dadurch untermauert, dass der Gesetzgeber lediglich zwei Ausnahmen geregelt hat. Nach § 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG können nämlich Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen und behinderte Menschen können anstatt der Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten ansetzen. Hätte der Gesetzgeber eine weitere Ausnahme regeln wollen, hätte er dies in § 9 Abs. 2 EStG deutlich machen können.
Auch entspreche diese Auffassung dem Sinn und Zweck der Vorschrift, denn die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale ab 2001 habe vor allem der Steuervereinfachung gedient. Folgerichtig sind grundsätzlich auch Unfallkosten auf dem Weg zur Arbeit durch die Entfernungspauschale abgegolten.
Beispiel für Unfallkosten
Arbeitnehmer A hat seine erste Tätigkeitsstätte im 30 km entfernten Z-Stadt, welche er arbeitstäglich mit dem eigenen PKW aufsucht. Im März 2014 hat er auf dem Weg zur Arbeit einen selbst verschuldeten Unfall verursacht. Hierfür entstanden ihm (nach Abzug der Versicherungsleistung) selbst zu tragende Kosten i. H. von 1.000 EUR.
Zustimmung durch FG Rheinland-Pfalz
Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil (v. 23.02.2016, 1 K 2078/15) hat sich auch das FG Rheinland-Pfalz der Rechtsauffassung des BFH angeschlossen, sodass Unfallkosten nicht zusätzlich geltend gemacht werden könnten. Die Abgeltungswirkung diene auch der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten über die Frage, ob noch gewöhnliche oder schon außergewöhnliche Aufwendungen vorliegen.
Praxis-Tipp: Begünstigung durch Finanzverwaltung
Zu dem Verfahren beim FG Rheinland-Pfalz ist es nur gekommen, weil der Kläger auch unfallbedingte Krankheitskosten als Werbungskosten geltend gemacht hat. Diesen Abzug versagte das Finanzamt; nicht dagegen die Reparaturkosten für das Fahrzeug. Die Finanzverwaltung (BMF v. 31.10.2013, Haufe Index 5695893, zur Kommentierung) unterscheidet nämlich bislang zwischen Unfallkosten (abzugsfähig) und den Kosten infolge eines Diebstahls oder für einen Austauschmotor (nicht abzugsfähig). Dies ist wohl – worauf auch der BFH zutreffend hinweist – auf die zum Teil widersprüchlichen Gesetzesmaterialien zurückzuführen (zum einen BT-Drucks 14/4242 S. 6 und 14/4435 S. 9, Abgeltung von sämtlichen Aufwendungen und zum anderen BT-Drucks 14/4631 S. 11 und 16/12099 S. 6, keine Schlechterstellung der Unfallkosten von PKW-Fahrern gegenüber der Regelung bis 2000).
Auch nach der Entscheidung des BFH und trotz der eindeutigen Gesetzeslage lässt die Finanzverwaltung nach wie vor den Abzug von Unfallkosten neben der Entfernungspauschale zu (H 9.10 LStH 2016). Dementsprechend sollten Unfallkosten weiterhin als Werbungskosten geltend gemacht werden.
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