BSG-Urteil: Schwerbehindertes Kind erhält keinen Aufzug

Die Vorschrift über Privilegierung von Vermögen wird nicht angewendet, wenn das behinderte Kind noch nicht eingeschult ist.

Der Einbau eines Fahrstuhls, der es einem behinderten Kind ermöglichen soll, sich innerhalb des Hauses zu bewegen bzw überhaupt das Haus zu verlassen, ist keine privilegierte Eingliederungshilfemaßnahme (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII). Dies entschied das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil v. 20.9.2012 (B 8 SO 15/11 R).

Ablehnung wegen Vermögen des Vaters

Im Februar 2005 beantragten die Eltern des im Jahre 2002 geborenen und in erheblichem Umfang behinderten (unter anderem Teillähmung beider Beine) Klägers die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls. Die Kosten betrugen 37.000 EUR. Wegen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern wurde Eingliederungshilfe vom beklagten Sozialhilfeträger, dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht (LSG) abgelehnt. Der Vater des Klägers besitze nach eigenen Angaben über 37.000 EUR Vermögen und mehrere Ländereien.

Mangels genauer Feststellung der Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Eltern durch das LSG verwies das BSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.

Vermögensprivilegierung nur bei spezifischen Fördermaßnahmen

Nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII bleibt vorhandenes Vermögen bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll, völlig unberücksichtigt, und Einkommen wird nur bei den Kosten des Lebensunterhalts berücksichtigt.

Allerdings findet die Vorschrift über die Privilegierung von Vermögen bei behinderten noch nicht eingeschulten Menschen keine Anwendung, so das BSG. Systematisch mache die Aufzählung der übrigen Fördermaßnahmen in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (z. B. heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht eingeschulte Kinder, angemessene Schulbildung) deutlich, dass der Gesetzgeber eine Einkommens- und Vermögensprivilegierung nur für spezifische Fördermaßnahmen mit dem behinderten Kind vorgesehen hat. Nicht vorgesehen seien jedoch Umbaumaßnahmen im Haus, die es ermöglichen, das Haus zu verlassen und damit diese Fördermaßnahmen zu erreichen. Die allgemeinen Lebensführung stehe bei wertender Betrachtung im Vordergrund.

BSG
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