Rz. 340

Speziell für die Wahl zwischen zwei oder mehreren Rechtsordnungen ist noch ein weiteres zu bedenken. Beruft sich der Mandant ggü. dem Rechtsanwalt darauf, dass dieser ihm geraten habe, sich auf eine Rechtsordnung einzulassen, die sich später als für ihn nachteilig erweist, ist davon auszugehen, dass die staatlichen Rechtsordnungen einander in dem Bemühen, einen gerechten Ausgleich der betroffenen Interessen herbeizuführen, grds. gleichwertig sind. Dies bedeutet nicht, dass die einzelnen Rechtsordnungen auch gleichartig sein müssen. Sie können hinsichtlich der Problemlösungen im Detail unterschiedliche Bewertungen vornehmen, andere Rechtsfolgen vorsehen und zu inhaltlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen.[1286] Deswegen kann einem Rechtsanwalt nicht ohne weiteres vorgeworfen werden, er habe eine "falsche" Rechtsordnung empfohlen. Zwar mag sich die gewählte Rechtsordnung anlässlich eines späteren Streitfalls für den Mandanten im Einzelfall als nachteilig erweisen. Umgekehrt kann die Vertragsgestaltung den Mandanten unter einem anderen Gesichtspunkt ggü. seinem Vertragspartner aber auch begünstigen. Deshalb ist es wichtig, alle für den Vertrag relevanten Umstände in eine Gesamtbewertung einzubeziehen. Diese darf sich nicht auf Ausschnitte des Gesamtproblems beschränken.[1287] Entsprechendes gilt, wenn die Parteien in einem Vertrag eine Gerichtsstands- oder Schiedsgerichtsvereinbarung ausgehandelt haben. Entsprechende rechtsvergleichende Prüfungen und Belehrungen sind jedoch aufwändig.

[1286] Zur Relativität des Rechtsbegriffs: Sieg, Internationale Anwaltshaftung, S. 73 f.
[1287] Zur Haftung bei der Empfehlung und Überprüfung von Rechtswahlklauseln: Sieg, Internationale Anwaltshaftung, S. 133.

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