Die sogenannte VUKA-Welt, also die geteilte Erkenntnis, dass man sich auf einem Markt bewegt, der zunehmend als volatil, unsicher, komplex und mit in sich widersprüchlichen (Ambiguität) Anforderungen erkannt wird, hat die Notwendigkeit der Agilität mit sich gebracht. Auch wenn es in der Literatur noch sehr unterschiedliche Definitionen zum Thema „Agilität“ gibt, dürfte sich mittlerweile etabliert haben, dass Agilität die Antwort auf diese Anforderungen ist. „Agile Methoden“, „agiles Projektmanagement“ oder „agile Stukturen“ sollen dazu verhelfen, dass Unternehmen schneller, anforderungsgerechter, den Erwartungen passgenauer etc. auf den Markt reagieren können. (Personal-) Führung ist von all diesen Formaten nicht unberührt. So wird einerseits die Entwicklung vom „Boss“ (dem klassischen Manager) zum „Leader“ (der voranschreitenden und inspirierenden Vorbildfigur, Motivator von Teams und Einzelnen etc.) gepredigt. Andererseits werden Ansätze wie der der transformativen Führung proklamiert und – die ursprünglich von Jack Welch formulierten Überlegungen – des sogenannten „Servant Leadership“ kommen in der Praxis zu tragen. Dies findet vielfach Ausdruck in der Vorstellung, die Führungskraft sei in erster Linie „(Entwicklungs-) Dienstleister“ der Mitarbeiter.
Abgesehen von den veränderten Erwartungen an die Rolle der „neuen Führung“, mit all ihren Wirkungen auf das Selbstkonzept und habitualisierte Selbstverständnis auf bestehende Führungskräfte, geht es hier auch um die Befähigung diese Aufgabe glaubwürdig – zumindest: gut genug – wahrzunehmen. Dies ist wie der vorangegangene Abschnitt skizziert hat, bereits eine Herausforderung, die sich – unter anderem – in der Wahrnehmung der Führungsaufgabe Personalentwicklung niederschlägt. Parallel zu der Entwicklung, das Verständnis von Führung neu zu denken und den Forschungserkenntnissen entwickeln sich aus der Praxis heraus allerdings auch die (agilen) Strukturen konsequent weiter. Dabei werden praktische Herausforderungen, Probleme und Mangelerleben ebenso berücksichtigt wie individuelle Wünsche und Bedürfnisse der handelnden Personen. Mehr oder weniger bewährte Prinzipien werden systematisiert und strukturiert und in neue Rollen gegossen oder mit neuen Lösungsansätzen der Bearbeitung zugeführt.
Darüber hinaus haben die Schlagworte „eigenverantwortliches Lernen“ und das konstruktivistische „Lernen 4.0“ viele vor große Herausforderungen gestellt. Dabei geht es nicht nur darum, sich in der grundsätzlichen Menge der Möglichkeiten zurechtzufinden und geeignete Lösungen zu finden, vielmehr fängt die Herausforderung bereits „früher“ an. Wie sollen Lernziele definiert oder systematisch gesucht werden, wenn alle Beschreibungen mehr oder weniger gleichbedeutend erscheinen und sich vielleicht in erster Linie durch die Professionalität des Marketings differenzieren – ohne dass es jemanden gibt, der einen als professioneller Beratungspartner unterstützt oder zumindest als Sparringspartner zur Verfügung steht? Die Potenziale der Digitalisierung versprechen hier Antwort. Als aktuell hoch gehandeltes Beispiel mag an dieser Stelle die Bedeutung der „Learning Experience Plattform (LXP)“ gelten.
Die LXP-Lösung ist gerade für Mitarbeitende von Bedeutung, die einen unspezifischen Entwicklungswunsch haben, nicht auf ein detailliertes fachliches Feedback (z. B. weil Sie bereits die einzigen Experten in ihrem Themengebiet im Unternehmen sind) oder nicht auf eine übergreifende professionelle Entwicklungsberatung zugreifen können (z. B. weil es keine Organisationseinheit Personalentwicklung gibt). Eine Learning Experience Plattform könnte vereinfacht gesagt hier u. a. die Funktion einer KI-gestützte Entwicklungsberatung, die neben den internen Quellen, wie zum Beispiel learning nuggets (u. a. Schulungsvideos des Unternehmens) auch Daten des Internets (z. B. typische Entwicklungswege einer Profession und nach Auswahl eines Weges auch Vorschläge zu geeigneten Qualifizierungs- und Entwicklungsmaßnahmen nutzen kann.)
Kritisch anzumerken bleibt an dieser Stelle, dass – egal wie eloquent formuliert – eine künstliche Intelligenz in der kommerziellen Anwendung zumeist nur ein Algorithmus ist, der zum einen nach dem Prinzip „Garbage in – Garbage out“ funktioniert, also die Qualität der zugrundeliegenden Daten maßgeblich ist und zum Anderen aufgrund der Struktur von Suchalgorithmen zumeist „häufige“ oder „typische“ Entwicklungen abgebildet werden. Inwiefern diese für den Einzelnen und seiner Individualität relevant sind – gerade unter dem Aspekt der Veränderungen mit Blick auf die sogenannte „new career“ – bleibt fraglich. Mit Stand heute, und ohne Kenntnis ALLER digitalen Formate zur Lösung der Problematik, bleibt zu konstatieren, dass es wohl noch für eine Weile entwicklungsunterstützende Menschen geben sollte.
Und es bleibt (leider) zu konstatieren, dass es Führungskräften eher im Ausnahmefall gut gelungen ist, Mitarbeitende bei ihrer Entwicklung zu beraten, zu unterstützen und begleiten. Dies liegt nich...