Gewerbesteuer auf Veräußerungsgewinne verfassungsgemäß
In seinem Urteil vom 10.4.2018 (BVerfG, Urteil v. 10.4.2018, 1 BvR 1236/11) hat der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts endgültig bestätigt, dass die Gewerbesteuerpflichtigkeit von Veräußerungsgewinnen, die nicht auf natürliche Personen entfallen, verfassungsgemäß ist.
Praxis-Hinweis: Unechte Rückwirkung kann teuer werden
Seit 2002 ist bei der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft hinsichtlich der Gewerbesteuer zu unterscheiden:
- erfolgt die Veräußerung durch eine natürliche Person, ist dieser Vorgang gewerbesteuerfrei,
- ist der Veräußerer hingegen eine andere Mitunternehmerschaft (im Regelfall eine Personengesellschaft) oder eine juristische Person (im Regelfall eine Kapitalgesellschaft) unterliegt die Veräußerung der Gewerbesteuer.
Dies stellt eine offensichtliche Ungleichbehandlung dar, die aber – so zumindest das Bundesverfassungsgericht – abschließend gerechtfertigt sei. Die Praxis hat sich auf diese Regelung längst eingestellt. Wirklich ärgerlich an der Entscheidung ist aber, dass das höchste Gericht erneut seine Billigung für die sog. unechte Rückwirkung erteilt hat.
Von einer solchen spricht man – vereinfacht –, wenn während eines laufenden Veranlagungszeitraums für eine Steuer eine neue belastende Regelung eingeführt wird. Da die Steuer für den Veranlagungszeitraum festgesetzt wird, soll es von Ausnahmen abgesehen nicht rechtswidrig sein, wenn die neue Regelung für den gesamten Zeitraum gilt. Diese Auffassung ist für Steuerpflichtige nicht nur ärgerlich, sondern kann auch höchst teuer werden. Trotzdem sollte man in entsprechenden Fällen die Steuerfestsetzung nicht einfach akzeptieren, sondern sich wehren. Es gab in der Vergangenheit nämlich durchaus Fälle, in denen die Rechtsprechung die Rückwirkung für ungerechtfertigt angesehen hat – so etwa bei der Verlängerung der Fristen für die steuerpflichtige Veräußerung von Grundstücken nach § 23 EStG.
Sachverhalt: GmbH & Co. KG veräußerte Unternehmensteile
Die Verfassungsbeschwerde wurde von einer GmbH & Co. KG geführt, die im Streitjahr Unternehmensteile veräußerte. Aufgrund dieser Veräußerung wurde Gewerbesteuern in Millionenhöhe festgesetzt. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin zunächst im finanzgerichtlichen Verfahren, da ein solcher Veräußerungsgewinn bei einer natürlichen Person gewerbesteuerfrei sei. Allerdings wies letztlich der BFH (BFH, Urteil v. 22.7.2010, IV R 29/07) das Ansinnen der Beschwerdeführerin ab. Gegen das Urteil des BFH wurde Verfassungsbeschwerde erhoben, da sich die GmbH & Co. KG in ihren Grundrechten verletzt sah. Insbesondere wurde ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und den allgemeinen Gleichheitssatz gerügt.
Erfolglose Verfassungbeschwerde wegen Verstoß gegen Rückwirkungsverbot
Die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des BFH blieb allerdings ebenfalls ohne Erfolg. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sei deshalb nicht gegeben, da ein Fall der sog. unrechten Rückwirkung vorliege. Die Norm sei während des laufenden Jahres in Kraft getreten, eine Anwendung rückwirkend auf den 1.1.2002 verstoße nicht gegen den Vertrauensschutz.
Ferner sei es nicht zu beanstanden, dass die Gewerbesteuer nur dann anfalle, wenn die Gesellschafter der Personengesellschaft keine natürlichen Personen seien. Zwar verstoße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz. Doch sei diese Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe zu rechtfertigen. Hier spiele insbesondere das Interesse des Gesetzgebers an einer Verhinderung von Umgehungsgestaltungen eine Rolle.
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