Wie bereits im Schritt 2 und 3 aufgezeigt wurde[1], besteht die Gefahr, dass sich bei Entscheidungen immer wiederkehrende Fehler, sogenannte kognitive Verzerrungen, einstellen. Im Entscheidungsprozess sollten systematisch diese Gefahren aufgezeigt und bewusst interveniert werden. Gute Erfahrungen wurden damit gemacht, dass die Rolle eines Advocatus Diaboli etabliert wird. "Des Teufels Anwalt" steht für die Rolle einer Person, die die Gegenpartei vertritt. Im Prozess der Meinungsbildung zur Entscheidungsfindung soll dadurch gewährleistet sein, dass immer eine Person im Entscheidungsgremium dabei ist, deren Rolle es ist, auch die unangenehmen Aspekte anzusprechen, grundsätzlich alles infrage zu stellen, um dadurch bisher ungesehene Aspekte aufzudecken. In Unternehmen gibt es immer wieder solche Personen, die von Natur aus eher kritisch sind und gerne alles infrage stellen. Solche Personen sind meist unbeliebt, weil sie mit ihren Fragen oft sehr unangenehm sein können, den "wunden Punkt" ansprechen. Genau diese Personen sind im Entscheidungsfindungsprozess äußerst bedeutend und helfen, manche Euphorie wieder ins rechte Licht zu rücken. Controller, welche oft sehr analytisch und rational denkende Menschen sind, findet man immer wieder in genau dieser Rolle. Wird einer kritischen Person bewusst die Rolle des Advocatus Diaboli gegeben, erhält das kritische Hinterfragen die Wertschätzung, die es auch verdient – eine solche Rollenvergabe hat also auch einen psychischen Aspekt.

Anbei sind einige beispielhafte Fragen aufgezählt, die dabei helfen sollen, kognitive Verzerrungen zu vermeiden:

  1. Kann es sein, dass wir gerade einer schädlichen Gruppendynamik verfallen (Group Think Bias) und alle zu einheitlich denken? Wollen wir doch mal auflisten, was gegen unsere bisherigen Argumente oder Annahmen spricht?
  2. Glauben wir wirklich, dass wir im Vergleich zu den weiteren Marktteilnehmern so viel besser sind (Overconfidence Effect)? Nehmen wir einmal die Sicht des Wettbewerbers oder des Kunden ein: Schätzen wir unseren USP nicht zu hoch ein?
  3. Wollen wir aufzählen, welche möglichen Schattenziele von beteiligten Entscheidern verfolgt werden könnten? Verwenden wir dafür doch die 4-Felder-Matrix der Zielverschiebung.[2]
  4. Haben wir Ursache und Wirkung tatsächlich korrekt eingeschätzt und verstanden (Komplexität und Vernetztheit richtig verstanden)?
  5. Wollen wir so sehr das Ziel erreichen, dass wir manche Gefahren unterschätzen, notwendige Randbedingen "vergessen" oder falsch einschätzen (Confirmation Bias)?
  6. Sollten wir uns tatsächlich so sehr davon lenken lassen, was andere Stakeholder darüber denken (Bedürfnis nach Affiliation)?

Die hier beschriebenen Möglichkeiten, Fehler im Entscheidungsprozess zu vermeiden, bezeichnet Domeier als Intervention während der Entscheidung. Im Beitrag "Informieren – Intervenieren – Inspizieren: Drei Ansatzpunkte für ganzheitliche Debiasing-Interventionen" von Domeier, 2020, beschreibt Domeier weitere Möglichkeiten Fehler zu vermeiden – vor der Entscheidung (informieren) und nach der Entscheidung (inspizieren).

[2] Nach Domeier (2020).

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