In Abbildung 3 ist eine mögliche Vorlage (Template) dargestellt, welche die genannten Aspekte der Vergabeentscheidung abdeckt. Die wesentlichen Risikokategorien in Abbildung 3 stehen in Verbindung mit den strategischen, operativen und finanziellen Krisenstadien des Krisenmodells von Abbildung 2. Die in der Vorlage aufgelisteten Risiken werden in Abbildung 3 um eine grafische Darstellung (Heat-Map) ergänzt, die eine Priorisierung entsprechend der Eintrittswahrscheinlichkeit sowie der Schadensauswirkung der jeweiligen Risiken verdeutlicht.

Abb. 3: Beispielhafte Lieferanten-Risiken inkl. Priorisierung und Gegenmaßnahmen

Ergänzend zu den ex-ante identifizierten Risiken und deren Priorisierung, können in der Vorlage von Abbildung 3 bereits Gegenmaßnahmen identifiziert und hinterlegt werden. Die Vorlage in Abbildung 3 ermöglicht somit eine kompakte Übersicht der Risikoposition (inklusive potenzieller Gegenmaßnahmen) eines Potenzial- und/oder Bestandslieferanten. Stehen mehrere Alternativlieferanten zur Verfügung, kann mithilfe dieser Vorlage ein anschaulicher Risikovergleich zwischen den jeweiligen Alternativlieferanten vorgenommen werden, indem die ausgefüllten Vorlagen miteinander verglichen werden.

Lieferanten, bei denen keine kritischen Risiken in der Vorlage von Abbildung 3 identifiziert werden, können mit einem grünen Risikostatus ("Go") den standardisierten Vergabeprozess ohne weitere Vergaberestriktionen durchlaufen. Lieferanten bei denen hingegen kritische Risiken identifiziert wurden, bekommen einen roten Risikostatus ("Watch"). Bei diesen Lieferanten sollten im Fall einer Auftragsvergabe operative, finanzielle und vertragliche Schutzmaßnahmen auferlegt werden, um Eintrittswahrscheinlichkeit und Schaden durch möglichen Lieferantenausfall zu minimieren. Bei der Identifikation solcher Schutzmaßnahmen (auch als Vergaberestriktion zu bezeichnen) ist die Zusammenarbeit von Einkauf und Controlling im jeweiligen Einzelfall sinnvoll. Ein Beispiel für solche Schutzmaßnahmen kann das Sonderkündigungsrecht der Belieferungsverträge oder die Rechte an geistigem Eigentum sein, um Wechselbarrieren im Ernstfall zu senken. Idealerweise sollten diese Schutzmaßnahmen vor der Auftragsvergabe vertraglich geregelt werden. Das einkaufende Unternehmen ist in dieser Phase in der besten Verhandlungsposition und muss auf die Wahl des richtigen Vertragspartners in der Unternehmensgruppe innerhalb des Lieferanten achten, damit im Ernstfall genügend Haftungsmasse vorhanden ist.

In Abbildung 4 werden unternehmensweite Maßnahmen aufgezeigt, die funktionsübergreifend das präventive Lieferanten-Risikomanagements unterstützen. Diese Maßnahmen gehen über die Einkaufsfunktion hinaus und berücksichtigen die gesamte Wertschöpfung innerhalb eines Unternehmens.

Abb. 4: Maßnahmen des präventiven Lieferanten-Risikomanagements[1]

Neben den bereits erwähnten Puffer-Strategien kann mit den Maßnahmen der Abbildung 4 einerseits störanfällige und teure Komplexität reduziert werden. Standardisierung, Verschlankung und Modulbildung sind dafür beispielsweise strategische Stoßrichtungen. Der dritte in Abbildung 4 aufgezeigte Ansatz ist die Erhöhung von Flexibilität. Während Sicherheit durch Redundanz (z. B. Sicherheitsbestand) häufig hohe Kosten mit begrenztem Nutzen erzeugt, kann Flexibilität hingegen einen Wettbewerbsvorteil schaffen, da sie einkaufenden Unternehmen erlaubt sich schneller auf veränderte Marktbedingungen einzustellen. Trotz der Vielzahl an Präventionsmöglichkeiten reicht präventives Lieferanten-Risikomanagement alleine in der Regel nicht aus, um die kontinuierliche Belieferung abzusichern. Auch wenn präventive Lieferanten-Risikomanagement Ansätze die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Schadensausmaß von potenziellen Beschaffungsrisiken reduzieren, so können es diese Lieferschwierigkeiten in der Praxis nicht vollkommen abstellen. Daher ist ein reaktiver Ansatz ("Plan B") in Ergänzung notwendig.

[1] Basierend auf Bode.

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