1.1 Offene Rücklagen

Das handelsrechtliche Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft gliedert sich in

  • gezeichnetes Kapital,
  • Kapitalrücklagen,
  • Gewinnrücklagen,
  • den Gewinn- oder Verlustvortrag und den Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag bzw. den Bilanzgewinn/-verlust.

Kapital- und Gewinnrücklagen sind variable Teile des Eigenkapitals. Sie werden wegen ihres gesonderten bilanziellen Ausweises als offene Rücklagen bezeichnet. Offene Rücklagen werden aufgrund gesetzlicher Vorschriften, auf gesellschaftsvertraglicher oder freiwilliger Basis bei Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften gebildet.

Offene Rücklagen entstehen durch Zurückhaltung von Gewinnen im Rahmen der Innenfinanzierung – sog. Gewinnrücklage – bzw. durch die Einlage von zusätzlichem Eigenkapital im Rahmen der Außenfinanzierung z. B. durch Gesellschafterzuzahlungen – sog. Kapitalrücklage.

1.2 Stille Rücklagen

Stille Rücklagen – sog. stille Reserven – sind nicht aus der Bilanz ersichtliche unversteuerte Eigenkapitalanteile. Sie entstehen durch Unterbewertung von Aktiva, Nichtaktivierung aktivierungsfähiger Vermögensgegenstände, durch Verzicht auf mögliche Zuschreibungen bzw. Überbewertung von Passiva. Stille Rücklagen sind verstecktes Reinvermögen. Sie sind dem Grunde und der Höhe nach aus der Bilanz nicht, nur schwer oder teilweise zu erkennen. Stille Lasten stellen das Gegenstück zu im Unternehmen enthaltenen stillen Reserven dar.

Stille Reserven können zwangsläufig durch Beachtung gesetzlicher Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, wahlweise durch Ausnutzung von Ermessensspielräumen bei der Bilanzierung und Bewertung, aber auch durch willkürliche Maßnahmen oder durch Schätzungsfehler entstehen. Stille Rücklagen lassen den Gewinn bzw. das Eigenkapital niedriger erscheinen als es der Wirklichkeit am Bilanzstichtag entspricht. Sie bewirken eine Steuerstundung (Liquiditätsvorteil). Erst ihre Auflösung im Zeitablauf, durch Gewinnrealisation, z. B. als Folge einer Veräußerung, oder der Übergang zu normaler Bewertung löst die gestundete Steuer aus und kann ggf. gezielt zur Verlustdeckung verwendet werden.

1.3 Kapitalrücklagen

Kapitalrücklagen werden dem Unternehmen von außen (z. B. durch die Gesellschafter) zugeführt. Sie entstehen bei der Emission von Anteilen oder Aktien, wenn diese über dem Nennwert ausgegeben wurden (Agio), bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen einer AG, KGaA oder SE, bei der Gewährung gesellschaftsrechtlicher Vorzugsrechte gegen Zuzahlungen oder bei sonstigen Zuzahlungen in das Eigenkapital durch Gesellschafter oder durch Dritte, z. B. auf Veranlassung oder Rechnung der Gesellschafter.

Einstellungen in die Kapitalrücklage sowie ihre Auflösung sind bei Aufstellung der Bilanz durch die geschäftsführenden Organe vorzunehmen. Hinsichtlich der Auflösungsbeträge aus Kapital- und Gewinnrücklagen sind Verwendungsbeschränkungen, wie Ausschüttungssperren, zu beachten. Das Gesetz sieht eine zwingende Aufgliederung des Postens unter Berücksichtigung der Zuweisungsgründe nicht vor.

1.4 Gewinnrücklagen

Alle Rücklagearten außer der Kapitalrücklage entstehen im Rahmen der Innenfinanzierung.

Gewinnrücklagen resultieren aus nicht ausgeschütteten, versteuerten Gewinnen des Geschäftsjahres oder vorangegangener Geschäftsjahre. Sie untergliedern sich in

  • gesetzliche Rücklagen,
  • Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen,
  • Rücklage für Beteiligungserträge, die einer Ausschüttungssperre unterliegen,
  • satzungsmäßige Rücklagen und
  • andere Gewinnrücklagen.

Für die AG und KGaA ist eine gesetzliche Rücklage i. H. v. 5 % des um einen Verlustvortrag reduzierten Jahresüberschusses zu bilden, bis diese Rücklage zusammen mit der Kapitalrücklage 10 % des Grundkapitals erreicht. Die Unternehmergesellschaft als "Mini-GmbH" ist nach Maßgabe des § 5a Abs. 3 GmbHG zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage verpflichtet.

Für die GmbH existiert hingegen keine Rechtsnorm zur verbindlichen Einstellung von Gewinnrücklagen ebenso wie gesetzliche Gewinnverwendungsbeschränkungen.[1]

Eigene Anteile unterliegen einem Aktivierungsverbot. Sie sind auf der Passivseite der Bilanz in der Vorspalte zum Gläubigerschutz offen auszuweisen und von dem Posten "Gezeichnetes Kapital" abzusetzen.[2] Eigene Anteile entsprechen wirtschaftlich einer Kapitalherabsetzung. Im Konkursfall repräsentieren eigene Anteile keinen Vermögensgegenstand. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und den Anschaffungskosten der eigenen Anteile sind mit den frei verfügbaren Rücklagen, wie der Kapitalrücklage, der Gewinnrücklage oder satzungsmäßigen Rücklagen zu eigenen Anteilen, zu verrechnen.[3]

Der Ausweis einer Rücklage für eigene Anteile besteht somit nur noch eingeschränkt für Fälle einer sog. Rückbeteiligung, d. h. in Bezug auf Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen. Ihre Funktion besteht in einer Ausschüttungssperre zum Schutz der Gläubiger.[4]

Zusätzlich ist für Beteiligungserträge, für die eine Ausschüttungssperre besteht, eine Rücklage auszuweisen.[5]

Satzungsmäßige Gewinnrücklagen könn...

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