Eine flexiblere Steuerung der Produktion und damit bessere Auslastung der Kapazitäten, eine erhoffte Verbesserung in der Prognosequalität von Produktionsdaten sowie die Möglichkeiten einer Auswertung von Massendaten in Echtzeit, z. B. um vorzeitig drohende Fertigungsfehler oder drohende Maschinenausfälle zu erkennen, könnten mit der Digitalisierung möglich werden.

Gleichzeitig könnten sich durch eine noch intensivere Vernetzung der unterschiedlichsten Fertigungseinrichtungen, teilweise sogar standortübergreifend, neue Rationalisierungspotenziale ergeben. Durch die Vernetzung könnte die Abstimmung der Fertigungseinrichtungen weiter optimiert werden, was wiederum zu einer besseren Deckung von Strukturkosten führen würde. Die Bewertung der rentabilitätssteigernden Wirkung läge dann bspw. in den Händen der Produktionscontroller.

All dies könnte die bestehenden Kontroll- und Steuerungsmechanismen in der Fertigung verbessern, was aber wiederum neue methodische Anforderungen an das Produktionscontrolling stellen könnte.

Allerdings ist aktuell noch nicht eindeutig abzusehen, welche Auswirkungen die neuen technischen Möglichkeiten auf die Denk- und Handlungsweise des Controllings tatsächlich haben werden und ob sich der Produktionscontroller sogar hin zum oft zitierten "Data Scientist" entwickeln wird. Vielmehr darf der Euphorie, die in einigen Veröffentlichungen geweckt wird und die ein "neues" Produktionscontrolling erwarten lässt, mit Skepsis begegnet werden.

Zu viele verfügbare Daten liegen bereits heute brach und werden nicht für entsprechende Analysen genutzt. Die ungebrochene Liebe des Controllers zu Excel und der Verzicht auf komplexe Analyserechnungen ist ein Beleg dafür. Oftmals liegt dies aber auch am Verhalten des Managements vieler Unternehmen, die sich fürchten, ihre Entscheidungen aus komplexen Industrie-4.0-Massendaten abzuleiten, oder den hierfür erforderlichen organisatorischen Aufwand scheuen.

Ähnliches gilt auch für die erhoffte bessere Erstellung von "Forecasts auf Basis von Echtzeitdaten" unter dem Stichwort "Predictive Analytics". Denn nicht Datenvolumen und zeitliche Datenverfügbarkeit bestimmen die Qualität von Planungen und Prognosen, sondern vielmehr Volatilität und Dynamik des zu prognostizierenden Unternehmensumfeldes. Diese werden jedoch vermutlich eher weiter zunehmen.

Zudem werden in einer Fertigung Strukturen für einen langfristigen Zeitraum aufgebaut – Gebäude und Anlagen werden oft 10 Jahre und mehr genutzt – und diese lassen sich nicht ad hoc ändern und bedürfen einer langjährigen Amortisation, ehe sie – wirtschaftlich sinnvoll – ersetzt werden können.

Deutlich macht die Diskussion um Industrie 4.0 aber auch, dass sich das Produktionscontrolling gegenüber neuen, oftmals technisch-getriebenen Themen stets offen zeigen muss. Dass dies funktionieren kann, hat bspw. die Entwicklung neuer fertigungswirtschaftlicher Kennzahlen beim Thema "Wertstrom-Design" positiv belegt.

Diese gegenseitige Offenheit seitens des Controllings und der Technik ist gleichzeitig generell ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche funktionsübergreifende Zusammenarbeit in Unternehmen und wiederum die Voraussetzung, um die Rentabilität und die Wettbewerbsfähigkeit von Produktionsunternehmen langfristig zu sichern. Entsprechend darf man auch beim Thema Industrie 4.0 hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, dabei aber das bereits existierende und hier vorgestellte Instrumentarium des Produktionscontrollers nicht infrage stellen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Controlling Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge