3.1 Kapazitätsbedarf

Der Kapazitätsbedarf (Einflussfaktor 1 (EF1)) kann bei der Abwägung für oder gegen den Einsatz von RPA entscheidend sein. Dieser Einflussfaktor beschreibt, wie viel Kapazität bei der Durchführung eines Prozesses gebunden wird. Je größer diese Kennzahl, desto größer fällt die potenzielle Kapazitätseinsparung und damit Kosteneinsparung bei erfolgreicher Automatisierung aus. Letzteres ist von Bedeutung, da für die Entwicklung, Implementierung und Instandhaltung der RPA-Softwareroboter Kosten anfallen, die gegenläufig wirken und geringfügige Kapazitätseinsparungen kompensieren oder gar überkompensieren können.[1] Entscheidend für Organisationseinheiten mit begrenzter Kapazität ist, wie groß der prozentuale Anteil des Prozesses am gesamten Kapazitätsbedarf der Einheit ist.

[1] Vgl. Langmann/Turi, 2020, S. 17–18; Vgl. Allweyer, 2016, S. 4.

3.2 Prozesskomplexität

Softwareroboter arbeiten nach einem festgelegten Regelwerk, welches den Kern der Entwicklung einer RPA-Anwendung bildet und von der jeweiligen Prozesskomplexität (EF2) abhängig ist. Dieses Regelwerk muss eindeutig vorgeben, in welcher Abfolge welche Schritte erfolgen und wie genau diese Schritte ausgestaltet sind. Dabei ist ein hoher Detailgrad notwendig, denn es muss für jedes mögliche Ereignis eine Regel hinterlegt sein.[1] Zunehmende Komplexität in den betroffenen Prozessabläufen führt zu einer aufwendigeren Entwicklung und Wartung der Softwareroboter. Somit beanspruchen diese mehr Zeit, sind anfälliger für Fehler und gestalten sich als kostenintensiver als bei Prozessen mit geringerer Komplexität. Letztere sind hinsichtlich Anwendungsstabilität und Leistungsfähigkeit besser für die Prozessautomatisierung auf Basis von RPA geeignet.[2] Prozesse mit ausufernder Komplexität sind infolgedessen bei einer Bewertung niedrig und Prozesse mit geringer Komplexität hoch einzuordnen.

[1] Vgl. Willcocks et al., 2017, S. 22; Vgl. Koch/Fedtke, 2020, S. 15.
[2] Vgl. Willcocks et al., 2017, S. 22; Vgl. Smeets et al., 2019, S. 41.

3.3 Abweichungen vom Prozessstandard

RPA-Softwareroboter benötigen zur Durchführung ihrer Tätigkeit ein detailliertes Regelwerk mit Entscheidungsvorgaben. Die Anzahl der Abweichungen vom Prozessstandard (EF3) stellt einen Einflussfaktor für die RPA-Eignung dar, da sie den notwendigen Detailgrad des Regelwerks beeinflusst. Konkret bedeutet das, dass jede Abweichung vom Prozessstandard mit einer eigenen Regel bedacht werden muss. Dies schlägt sich in den Aufwendungen für die RPA-Einführung und somit in den gegenläufigen Effizienzeffekten nieder.[1] Eine niedrige Bewertung ist abzugeben, wenn es in jedem Prozessdurchgang zu Abweichungen vom Standard kommt. Kommen hingegen keine Abweichungen vor, ist eine hohe Bewertung vorzunehmen.

[1] Vgl. Langmann/Turi, 2020, S. 18; Vgl. Kroll et al., 2016, S. 15.

3.4 Eingangsgrößen und Datenstrukturen

Wie gut sich ein Prozess für die Anwendung von RPA eignet, hängt auch von den verwendeten Eingangsgrößen und Datenstrukturen (EF4) ab. Hier gilt Standardisierung als hohes Gut, d. h. die verwendeten Datenformate sollten von einem Durchlauf zum nächsten einheitlich sein. Da Dateien des gleichen Typs unterschiedliche Strukturen aufweisen können, ist zu klären, ob die Eingangsgrößen einheitlich aufgebaut sind. Darüber hinaus funktioniert die Arbeit mit Softwarerobotern zuverlässiger, wenn die Datenformate elektronisch lesbar sind. Zwar ist auch die Verarbeitung eingescannter Dokumente möglich, jedoch werden dafür komplexe Zwischenschritte notwendig, die die Einbindung weiterer Technologien erfordern.[1] Sofern die verwendeten Daten nicht elektronisch lesbar sind und aus unterschiedlichen Datenformaten und Dateitypen stammen, ist die Minimalbewertung anzusetzen. Elektronisch lesbaren Daten aus einheitlichen Datenformaten und Dateitypen ist die Maximalbewertung zuzuordnen.

[1] Vgl. Willcocks et al., 2017, S. 22; Vgl. Smeets et al., 2019, S. 67.

3.5 Softwareanwendungen

Ein weiterer Einflussfaktor ergibt sich aus den betroffenen Softwareanwendungen (EF5). Die erzielbaren Effizienzgewinne können geschmälert werden, je mehr unterschiedliche Softwareanwendungen in einen Prozess eingebunden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Softwareroboter jedes Mal angepasst werden müssen, wenn eine tiefgreifendere Aktualisierung eines der betroffenen Systeme erfolgt. Umgekehrt erfolgt das Umschalten von einer zur nächsten Softwareanwendung und das Navigieren zwischen mehreren gleichzeitig geöffneten Dateien bei RPA-Softwarerobotern mit geringerem Zeitverlust als bei einem menschlichen Nutzer.[1] Für die Bewertung sind Prozesse mit wenigen Softwareanwendungen, die jedoch oft aktualisiert werden, am niedrigsten einzustufen und Prozesse, die die Verwendung vieler Softwareanwendungen umfassen, jedoch selten aktualisiert werden, am höchsten einzustufen.

[1] Vgl. Koch/Fedtke, 2020, S. 15; Vgl. Allweyer, 2016, S. 4.

3.6 Notwendigkeit menschlicher Interaktion

Wenn Prozessausnahmen und -abweichungen in hoher Zahl vorkommen, sind oft manuelle Eingriffe erforderlich. Es kann eine Notwendigkeit menschlicher Interaktion (EF6) vorliegen. An derartigen Stellen muss der Softwareroboter seine Aktivität stoppen und ka...

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