2.1 Risikomaße

Zur Messung des Risikos einer Planung kann man zunächst bei der Veränderung der zentralen Plan- und Ist-Größe beginnen: bei einer Erfolgsplanung wäre das bspw. die Veränderung des Gewinns. Je stärker dieser schwankt, desto höher das Risiko (und die Chance) der Planverfehlung. Gemessen werden kann das über den Variationskoeffizienten als Quotient aus Standardabweichung der Erfolgsgröße geteilt durch deren Erwartungs- oder Mittelwert. Dieses Risikomaß ist lageunabhängig und auch einheitenunabhängig.[1] Folgendes Beispiel illustriert den Zusammenhang (s. Abb. 1).

 
 

a

Mittelwert

b

Standardabweichung

c=b/a

Variationskoeffizient
95 % VaR p(Verluste) CVaR
Firma 1 100 EUR 50 EUR 0,5 17,76 EUR 2,28 % - 18,93 EUR
Firma 2 100 EUR 80 EUR 0,8 - 31,59 EUR 10,56 % - 36,70 EUR
  VaR = Value at Risk CVaR = Conditional Value at Risk  

Abb. 1: Beispiel zu Risikomaßen

Beide fiktiven Unternehmen erzielen im Mittel einen Gewinn von 100 EUR. Der Gewinn beim zweiten Unternehmen schwankt jedoch stärker, das Risiko ist also höher. Der Variationskoeffizient zeigt dementsprechend im Vergleich einen höheren Wert an.

Allerdings kann man aus dem Variationskoeffizienten nicht das monetäre Ausmaß des Risikos erkennen, was aber für die Vorstellungskraft von Entscheidern sehr wichtig ist. Hier hilft eine andere Gruppe von Maßgrößen für das Risiko. Sie fokussieren auf die negative Ausprägung der Unsicherheit, bspw. Verluste oder Unterschreitung einer Mindestrendite. Sie sind meist von der konkreten Verteilung der Erfolgsgröße abhängig (lageabhängig). Eine häufig in der Finanzbranche verwendete Kennzahl ist der Value-at-Risk (VaR). Er ist der Betrag der in 95 %[2] der Fälle nicht unter- bzw. überschritten wird. In Abb. 1 liegt der VaR für Unternehmen 1 bei 17,76 EUR, d. h., dass der Gewinn in 95 % der Fälle höher sein wird. Für Unternehmen 2 ist der VaR -31,59 EUR, das bedeutet, der erwartete Verlust ist in 95 % der Fälle maximal dieser Betrag. Nachteil des VaR ist, dass er nicht wiedergibt, wie hoch die Summe dieser Verluste sein kann. Letzteres ist aber interessant, um zu erkennen, welchen Eigenkapitalbetrag sich das Unternehmen für diese Planung vorhalten sollte. Dieser sog. Eigenkapitalbedarf der Planung kann über den Conditional VaR ermittelt werden (CVaR). Dabei werden alle Verluste mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert und diese Ergebnisse summiert. In dem genannten Fallbeispiel zeigt sich nicht nur, dass für das zweite Unternehmen sehr viel häufiger Verluste eintreten werden (p=10,56 %), sondern dass auch der CVaR doppelt so hoch ist. Das Unternehmen sollte also in dieser Höhe Eigenkapital als Risikopuffer einplanen.

[1] Vgl. ausführlicher Fleischer/Gleißner, 2016.
[2] Das 95-%-Perzentil wird häufig erwähnt, man könnte aber auch 90 % oder 99 % nehmen.

2.2 Aggregation von Risiken mittels Monte-Carlo-Simulation

Im obigen Fall (Abb. 1) wurde angenommen, dass die Gewinne normalverteilt sind. Damit kann man bspw. den VaR direkt über der Formel für die Normalverteilung ermitteln. In der Praxis existieren jedoch viele verschiedene Risiken die alle zusammen den Erfolg des Unternehmens beeinflussen. Man müsste diese verdichten (aggregieren). Das gelingt allerdings mathematisch für alle praktischen Anwendungsfälle nicht mehr: Häufig hängen Risiken miteinander zusammen (bspw. Ausfälle mehrerer Kunden durch eine Rezession), ihre Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind ganz unterschiedlich (diskrete Ereignisse, Extremwerte, Normalverteilungen etc.) oder es müssen bei der Planung bspw. Nebenbedingungen eingehalten werden, wie Rating-Note oder eine Maximalverschuldung.[1]

Eine geeignete Lösung für dieses Problem ist die Monte-Carlo-Simulation. Sie erzeugt eine große Anzahl an Szenarien für eine Planungsrechnung mit Hilfe von Zufallszahlen und den vom Anwender getroffenen Annahmen über unsichere Ereignisse und Verteilungen. Mit heutigen PCs und Tabellenkalkulationsprogrammen sowie ggf. Zusatzprogrammen ist eine hohe Anzahl von Simulationen in sehr kurzer Zeit möglich.[2]

[1] Vgl. Gleißner, 2017, S. 246 f.
[2] Vgl. Gleißner, 2017, S. 254 ff.

2.3 Integration in die Unternehmensplanung

Die Forderung, Unsicherheit und Risiken in der Planung zu beachten und darzustellen, ergibt sich aus den Grundsätzen ordnungsgemäßer Planung.[1] Sie ist jedoch auch rechtlich geboten, wenn man die Anforderungen der sog. "business judgment rule" (§93 Abs. 1 AktG) erfüllen will. Danach hat das Management eines Unternehmens Entscheidungen auf der Basis angemessener Informationen zu treffen. Solche angemessenen Informationen beinhalten nach herrschender Meinung bei Plänen auch Unsicherheiten sowie Risiken.[2]

Ein erster Ansatz ist es, Plan-Alternativen zu erarbeiten, die bei Eintreten bestimmter Ereignisse, wie z. B. Kündigung eines wichtigen Kunden, bildlich gesprochen aus der Schublade gezogen werden können (s. Kap. 3). Viele verschiedene Szenarien bildet die Monte-Carlo-Simulation ab. Dabei bildet man bei evtl. schwankenden und unsicheren Plan-Größen, diese Unsicherheit explizit ab (s. Kap. 4). Da jedoch auch kein Plan die Zukunft vorhersagen kann, ist ein dritter, noch allge...

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