Auch OKR ist kein gänzlich neues Steuerungsinstrument, sondern wurde bereits in den 1980er Jahren unter dem CEO Grove bei Intel entwickelt. Der ehemalige Intel-Mitarbeiter Doerr führte als Risikokapitalgeber OKR dann ab Ende der 1990er Jahre bei diversen Unternehmen im Silicon Valley ein, darunter bei Google.

Die zentralen Inhaltskomponenten von OKR sind denjenigen der BSC und von HK sehr ähnlich (siehe Abb. 5). Das Unternehmen leitet aus der Strategie mehrere zu erreichende Ziele ab, die s.g. "Objectives". Diesen Zielen werden dann jeweils mehrere Messgrößen (s.g. "Key Results") mit entsprechenden Zielwerten zugeordnet. Mit den Key Results lässt sich somit gesamthaft der Grad der Erreichung des Objective beurteilen. Ebenso wie BSC und HK kann OKR anschließend von der Unternehmensebene auf untergeordnete Organisationseinheiten kaskadiert werden.

Abb. 5: Die Struktur von OKR

Neben diesen Gemeinsamkeiten weist OKR jedoch zahlreiche wesentliche Besonderheiten auf, die es von der BSC sowie vom HK abgrenzt:[1]

  • Die Frequenz von Zielfestlegung und Messung der Zielerreichung ist deutlich höher. Typischerweise werden die Objectives für einen Zeitraum von 2-4 Monaten definiert, die Aktualisierung der Zielerreichung erfolgt wöchentlich. Durch diesen kurzfristigen Steuerungszyklus, soll die Agilität des Unternehmens sichergestellt werden. Entsprechend finden beim OKR auch Begriffe des agilen Managements wie "sprint" oder "backlog" Verwendung.[2]
  • Die Anzahl an Objectives wie auch an Key Results soll überschaubar bleiben. Es werden 3-5 Objectives mit jeweils 2-4 zugehörigen Key Results empfohlen. Hierdurch soll eine klare Fokussierung des Unternehmens auf die aktuellen Prioritäten ermöglicht werden.
  • Die OKR werden oftmals bis auf die Ebene des einzelnen Mitarbeiters heruntergebrochen. Gleichzeitig wird keine Verknüpfung mit der individuellen variablen Vergütung empfohlen. Dies wird insb. über die Art der Zielfestlegung begründet: Das Zielausmaß soll bewusst anspruchsvoll festgelegt werden, sodass eine vollständige Zielerreichung nur in Ausnahmefällen möglich sein wird. Dennoch erhofft man sich, dass durch das Setzen sehr ambitionierter Ziele innovative Entwicklungen möglich sind, die beim Setzen weniger anspruchsvoller Ziele nicht erreichbar wären. In der Konsequenz wird bereits ein Zielerreichungsgrad von etwa 70 % als zufriedenstellend angesehen. Dies wird durch die Aussage "In der Welt der OKR gilt 70 als das neue 100."[3] versinnbildlicht.
  • OKR setzt einen partizipativen Führungsstil und eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur voraus. Typischerweise sind die OKRs aller Mitarbeiter für alle anderen Mitarbeiter sichtbar und können von diesen auch kommentiert werden. Hierfür werden oft IT-Lösungen eingesetzt, die auch auf mobilen Endgeräten laufen. Darüber hinaus werden die Objectives typischerweise nicht ausschließlich Top-down heruntergebrochen, sondern teilweise auch Bottom-up festgelegt. Die Empfehlung lautet hier, etwa die Hälfte der Objectives von der übergeordneten Organisationseinheit vorzugeben und die andere Hälfte von der Organisationseinheit selbst erarbeiten zu lassen. Durch diese Partizipation erhofft man sich einen zusätzlich motivierenden Effekt.

Zusammenfassend wird deutlich, dass OKR zwar grundsätzlich in allen Unternehmen eingesetzt werden können. Besonders gut sie zu jungen Unternehmen passt sowie zu Unternehmen wie z. B. des Technologiesektors, die sich in einem volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Umfeld bewegen.[4] Für Unternehmen oder Unternehmensbereiche, bei denen vorrangig mittel- bis langfristige Ziele verfolgt werden, ist OKR hingegen weniger gut geeignet.[5]

Ähnlich wie HK kennt auch OKR keinen BSC-ähnlichen thematischen Aufbau. Daher ist es grundsätzlich möglich, ökologische sowie soziale Ziele als Objectives des Unternehmens festzulegen. Aus den spezifischen Charakteristika von OKR lassen sich hierzu folgende Schlussfolgerungen ziehen:

  • Aufgrund der geringen Anzahl von Objectives kommt einem als Objective festgelegten ökologischen oder sozialen Ziel eine hohe Bedeutung und Aufmerksamkeit im Unternehmen zu.
  • Der kurzzyklische Rhythmus des OKR-Prozesses passt jedoch oftmals weniger gut zu den eher langfristig notwendigen Anstrengungen zur Erreichung ökologischer und sozialer Ziele. Zwar ist es beim OKR möglich, Ziele von einem Quartal auf das nächste zu übertragen. Das Grundschema von OKR beruht jedoch auf der Logik, kurzfristig erreichbare Ziele festzulegen und die Unternehmensaktivitäten dann für diesen Zeitraum auf die Erreichung der zugehörigen Key Results auszurichten. Darin begründet sich die Einschätzung, dass OKR als Alternative zur BSC und zum HK angesehen werden kann, allerdings auch als Ergänzung zu einem dieser beiden Instrumente "auf den letzten Metern der Strategieumsetzung"[6] genutzt werden kann.
[1] Vgl. Lihl/Mahlendorf/Schmoltzi, 2019, S. 43.
[2] Vgl. Teipel/Alberti, 2019, S. 38f.
[3] Teipel/Alberti, 2019, S. 35.
[4] Vgl. Biel, 2019, S. 11. Im Englischen wird ein solche...

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