Im Krisenalltag sind Unsicherheiten umfänglich spürbar: selbst wenn das eigene operative Geschäft zunächst nicht direkt durch die Krise eingeschränkt erscheint, so kann es aber dennoch anderweitig zu Problemen kommen. Neben Einschränkungen in der Produktion (auch im Ausland) können Zulieferer von Krisen betroffen sein, die für das eigene Unternehmen selbst erstmal eine untergeordnete Rolle spielen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nicht nur eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung und Beobachtung der eigenen Lieferkette sinnvoll ist, sondern auch regelmäßige Absprachen mit Schlüsselakteuren der Wertschöpfungskette relevant sind. Das ist besonders dann unabdingbar, wenn es sich um besonders spezifische Ressourcen handelt, deren anderweitige Beschaffung bspw. nur unter hohen Kosten möglich wäre.

Viele COOs haben bereits erkannt, dass schlanke Lieferketten auch aus Stabilitäts- und Sicherheitsgründen ernsthaft zu hinterfragen sind sowie Einzelabhängigkeiten von Zulieferern wieder zurückgefahren werden sollten. "2 plus x"-Zulieferer ist bei vielen das Gebot der Stunde; und möglichst einer dieser Zulieferer sollte nicht 7.000 km oder mehr entfernt sein. Dass die Stabilität der Lieferketten besonders unter der aktuellen Krise leidet, wird nochmal besonders in Abb. 10 deutlich. Die aktuelle Pandemie bedeutet demnach monatelange Geschäftsunterbrechungen sowie einen Schaden, der im zweistelligen Billionen-Bereich liegen könnte. Für deutsche Unternehmen könnte das bedeuten, dass sie Teile ihrer Produktion oder Lieferketten zurück nach Deutschland oder Europa holen.

Die globale Arbeitsteilung wird sich vermutlich ein wenig, nicht aber grundsätzlich, ändern, da ansonsten wohl ein Teil unseres Wohlstandes gefährdet wäre. Es lässt sich jedoch festhalten, dass zumindest ein Wandel dieser Arbeitsteilung durch Corona, den Handelskonflikt und den Klimawandel beschleunigt wird.[1] Ein Insourcing eines Großteils der Wertschöpfung nach Deutschland ist illusorisch und unwirtschaftlich. Dennoch werden wir Veränderungen, wie etwa die Wiederkehr von Lagern erleben. Working-Capital-Überlegungen und rentabilitätsorientierte Gesichtspunkte könnten hier zunächst dagegen sprechen. Durch den Einbezug risikoorientierter Szenarien hinsichtlich einer ununterbrochenen Lieferkette ergeben sich jedoch neue Chancen: Dafür sprechen die stabile Lieferfähigkeit, die auch z. B. durch die Stärkung regionaler Standorte in Europa unterstützt werden kann, und die Sicherheit der Supply Chain. Eben daran arbeiten bereits viele produzierende Unternehmen.

Abb. 11: Risiken für Lieferketten[2]

 
Praxis-Tipp

Key Takeaways zu Krisenvorsorge und -prävention

  • Viele Forecasting-Methoden verwenden vergangenheitsbasierte Daten mit spezifischen Annahmen: in der Krise muss die Gültigkeit dieser Annahmen und zugrundeliegender Daten kritisch hinterfragt werden; Empfehlung: Zusammenarbeit mit Unternehmen, die immer aktuelle Daten zur Verfügung stellen.
  • Krisenteams können bei der Vorhersage und der Prävention von Krisen maßgeblich unterstützen: spezifische Aufgaben zur Analyse des Status quo sowie Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs mit dem Top-Management.
  • Implementierung eines Frühwarn-Systems mit geeigneten Signal-Triggern: Reaktionsgeschwindigkeit ist gerade am Anfang einer Krise essenziell.
  • Regelmäßige Analyse der Liefer- und Wertschöpfungskette: Lieferanten können auch dann von einer Krise betroffen sein, die für das eigene Unternehmen erstmal weniger gravierend wirkt. Empfehlung: regelmäßiger Austausch und Kommunikation von kurz- und mittelfristigen Plänen bzgl. Lieferverfügbarkeit.
  • COVID-19: Langfristige Stärkung der regionalen Produktion in Europa zur weitestgehenden Prävention globaler Lieferengpässe.
[1] Hein, 2020.
[2] Hein, 2020.

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