3.9.4.3.1 Grundsätzliches

 

Rz. 242

Errichtet ein Gewerbetreibender auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude für eigenbetriebliche Zwecke, so hat er die aufgewendeten Herstellungskosten zu aktivieren

  • als Gebäude, wenn er bürgerlich-rechtlicher und damit grundsätzlich auch wirtschaftlicher Eigentümer des Bauwerks ist, oder
  • ebenfalls als Gebäude, wenn er zwar nicht bürgerlich-rechtlicher, aber wirtschaftlicher Eigentümer des Bauwerks ist, oder
  • wie ein materielles Wirtschaftsgut, wenn er kein wirtschaftlicher Eigentümer des Bauwerks ist, das Gebäude jedoch seinem Betrieb zu dienen bestimmt ist. Die bilanzrechtliche Beurteilung richtet sich nach Gebäudegrundsätzen.[1]

Ungeachtet dessen, ob man nun der Auffassung ist, dass ein Wirtschaftsgut oder lediglich ein bilanztechnischer Merkposten zur Verteilung des betrieblichen Aufwands vorliegt (= Behandlung "wie ein Wirtschaftsgut"), ist der Aufwand nach den Vorschriften des dahinter stehenden Gebäudes abzuschreiben bzw. zu verteilen.[2]

[2] Vgl. Falterbaum/Bolk/Reiß/Kirchner, Buchführung und Bilanz, 22. Aufl. 2015, S. 873 ff.

3.9.4.3.2 Bürgerrechtlicher Eigentümer des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden

 

Rz. 243

Gebäude auf fremdem Grund und Boden können bürgerlich-rechtlich Eigentum des Herstellers (Mieter oder Pächter) sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn sie nicht wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens sind und damit nicht automatisch in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen.[1] Nach § 95 Abs. 1 BGB werden Gebäude oder sonstige Bauten nicht wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens, wenn sie

  • nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind oder wenn sie
  • in Ausübung eines (dinglichen) Rechts an dem Grundstück mit dem Grund und Boden verbunden sind. Als solche Rechte kommen in Betracht: Erbbaurecht, Nießbrauch, Grunddienstbarkeit, Überbaurecht nach § 912 BGB oder ähnliche öffentlich-rechtliche Rechte.

Solche so genannten Scheinbestandteile verbleiben somit im Eigentum des Herstellers und sind daher von ihm zu bilanzieren.[2]

Die Rechtsprechung des BFH zu Bauten auf fremdem Grund und Boden hat die Rechtsstellung des Nießbrauchers nicht verändert.[3]

Der Nutzungsberechtigte des Grundstücks hat das Gebäude zu aktivieren und nach den AfA-Vorschriften für Gebäude längstens auf die voraussichtliche Mietdauer abzuschreiben. Daneben hat der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht mit den Anschaffungskosten (Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer) zu aktivieren und unter den Sachanlagen auszuweisen.[4]

3.9.4.3.3 Wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden

 

Rz. 244

Grundsachverhalte

Wirtschaftliches Eigentum in der Form von Eigenbesitz i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist bei Bauten auf fremdem Grund und Boden nicht schon deshalb zu bejahen, weil die nicht am Unternehmen beteiligte Ehefrau mit dem Bauvorhaben des Unternehmerehegatten auf ihrem Grundstück einverstanden ist. Aus einem bloßen Einverständnis mit dem Bauvorhaben lässt sich nicht ableiten, dass der Besitzer den Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausschließen kann.[1]

Wer aufgrund einer gesicherten Rechtsposition bei grundsätzlicher Unkündbarkeit des Nutzungsvertrags ein Wirtschaftsgut bis zu dessen wirtschaftlichem Verbrauch nutzen kann, kann wirtschaftlicher Eigentümer sein. Eine Abspaltung des wirtschaftlichen Eigentums vom zivilrechtlichen setzt voraus, dass derjenige, der für sich das wirtschaftliche Eigentum in Anspruch nimmt, nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO die tatsächliche Herrschaft z. B. über ein Gebäude in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinne nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.[2]

Auch in diesen Fällen hat der Nutzungsberechtigte des Grundstücks das Gebäude zu aktivieren und nach den AfA-Vorschriften für Gebäude mit 4 % bzw. 3 % (Bauantrag nach dem 31.3.1985), ggf. nach § 7 Abs. 5 EStG oder auf die tatsächlich kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben.[3]

 

Rz. 245

Praxisrelevante Einzelfälle

Eine Mitunternehmerin, die auf einem Grundstück, das im hälftigen Miteigentum ihres Ehemannes steht, auf eigene Rechnung und Gefahr mit Einverständnis ihres Ehemannes für ihre betrieblichen Zwecke ein Gebäude errichtet, ist wirtschaftliche Eigentümerin der im zivilrechtlichen Eigentum des Ehemannes stehenden Gebäudehälfte, wenn ihr bei Beendigung der Nutzung ihrem Ehemann gegenüber ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 951 BGB und § 812 BGB zusteht.

 

Rz. 246

Für ein Gebäude auf ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Controlling Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge