2.1 Kategorien der Diskussionsbeiträge

Die Konsequenzen der Digitalisierung auf Controlling und Controller sind heute das bestimmende Thema in der Fachliteratur und auf Fachkongressen. Die Auswirkungen werden dabei in einer schwer überschaubaren Anzahl an Publikationen und Fachvorträgen aus verschiedenen Blickwinkeln kontrovers diskutiert. Die Diskussionsbeiträge können, wie in Abb. 3 gezeigt, nach vier Kriterien kategorisiert werden:

  1. Zielobjekt: Was wird untersucht – die Konsequenzen der Digitalisierung auf den Controllingprozess, die Rolle und Aufgaben des Controllers oder die Konsequenzen auf beides?[1]
  2. Treiber der Veränderung: Wird die Auswirkung einzelner technologischer Entwicklungen (Robotic Process Automation, Künstliche Intelligenz etc.), jene neuer Berufsbilder oder der Digitalisierung als Ganzes behandelt?[2]
  3. Methodik:

    1. Quantitative Studien mit empirischen Erhebungen zum Status quo und zu Einschätzungen der Praxis[3]
    2. Case Studies: Wie macht es bzw. was denkt das Unternehmen XY?[4]
    3. Thesen bzw. persönliche Einschätzung der Autoren zur Auswirkung der Digitalisierung[5]
    4. Verhaltensempfehlungen für die Praxis[6]
    5. Konzeptionelle Beiträge mit Modellen zur Analyse der Auswirkungen[7]
  4. Schlussfolgerung: Wird die Auswirkung positiv, negativ oder differenziert gesehen?

Abb. 3: Kategorisierung der Diskussion zur Auswirkung der Digitalisierung auf das Controlling

[1] Vgl. Arnold, 2016, S. 330; Richins/Stapleton/Stratopoulus/Wong, 2017, S. 63 ff.
[2] Vgl. Davenport/Patil, 2012, S. 70 ff; Gänßlen/Losbichler, 2014, S. 144 ff; Griffin/Wright, 2015, S. 377 ff,
[3] Vgl. Rieg et al., 2017, S. 584 ff.
[4] Vgl. Morato, 2018.
[5] Vgl. Kieninger/Mehanna/Michel, 2015, S. 3 ff.
[6] Vgl. ICV Ideenwerkstatt Dreamcar-Berichte.
[7] Vgl. Tattyrek/Waniczek, 2018, S. 113 ff.

2.2 Emotionaler Kern: Verlieren Controller an Bedeutung?

Auch wenn die Diskussion heute vielschichtig geführt wird, so zeigt sich der emotionale Kern doch in der Frage, ob Controller durch die Digitalisierung an Aufgaben und Stellenwert verlieren oder im Extremfall sogar überflüssig werden. Als Gründe werden sowohl die Automatisierung heutiger Routinetätigkeiten (z. B. automatisierte Aktualisierung von Kalkulationen durch Robotic Process Automation) als auch die Automatisierung der analytischen Tätigkeiten von Controllern (z. B. maschinelle Forecasts, Self-Service BI-Tools für Manager oder Big-Data-Analysen durch Data Scientists) angeführt. Diese Argumente klingen durchaus plausibel, sie beleuchten jedoch nur eine Seite der Medaille. Breiter betrachtet, könnte es, wie in Abb. 4 gezeigt, nicht nur zum Entfall bestehender Aufgaben, sondern auch zu neuen Aufgaben für den Controller und damit in Summe zu einer Aufgabenverschiebung anstatt eines Aufgabenentfalls kommen.

Abb. 4: Faktoren, warum Controller durch die Digitalisierung an Aufgaben und Stellenwert verlieren bzw. gewinnen könnten

Für den Controller als Sparringspartner des Managements ist insbesondere die Frage interessant, wie sich die Zusammenarbeit mit dem Management entwickeln wird, d. h. welche Aufgaben im Rahmen der Unternehmenssteuerung das Management und welche der Controller erledigen wird. Abb. 4 hat gezeigt, dass es wahrscheinlich ist, dass die Führungskräfte von morgen, z. B. durch MBA-Studien, betriebswirtschaftlich besser ausgebildet, mit der Nutzung von IT-Systemen besser vertraut sind und zudem auf immer einfacher zu bedienende und leistungsfähigere Tools unabhängig von Ort und Zeit zurückgreifen können. Es klingt daher plausibel, dass Führungskräfte in Zukunft gewisse Controller-Tätigkeiten selbst ausführen werden und dazu nicht mehr auf die Unterstützung des Controllers angewiesen sind (Self-Service BI – "Alexa sag mir mal!"). Umgekehrt ist es genauso plausibel, dass der Arbeitsalltag der Führungskräfte in Zukunft noch hektischer ist, die zu treffenden Entscheidungen noch komplexer sind und die Aufbereitung und Analyse von Zahlen weiterhin nicht zu den Lieblingstätigkeiten der Führungskräfte zählt.

So gesehen ist es nicht unwahrscheinlich, dass Führungskräfte einen Teil des heutigen Aufgabengebiets von Controllern prinzipiell übernehmen könnten, sie aber auch in Zukunft gerne auf die Unterstützung von Controllern zurückgreifen werden, sofern diese entsprechende Kompetenz aufweisen. Mit Bezug auf das Modell der Rationalitätssicherung von Schäffer/Weber werden durch die höhere Kompetenz der Führungskräfte aus Ergänzungsaufgaben teilweise Entlastungsaufgaben, die vom Management in Zukunft überschaut und kontrolliert werden können, womit die Anforderungen an Controller steigen werden. Umgekehrt ist die Begrenzungsaufgabe der Controller als rationalitätssicherndes Korrektiv zu opportunistischen Verhaltensweisen von Managern nicht delegier- und automatisierbar.

2.3 Veränderung im Controlling wird von zahlreichen Faktoren bestimmt

Die Auswirkung der Digitalisierung auf das Aufgabengebiet der Controller wird daher über die technischen Möglichkeiten hinaus von anderen Faktoren, wie z. B. den Persönlichkeitsmerkmalen von Managern und Controllern oder deren konkrete Aufgabenteilung in den Controllingprozessen, bestimmt. Es wird rasch offensichtlich, dass es nicht DIE Auswirku...

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