2.1 Controlling und digitale Transformation

Die Digitalisierung ist sicherlich derzeit eines der beherrschenden Themen in Wirtschaft und Politik. Tatsächlich wird aber Digitalisierung hauptsächlich im Hinblick auf Änderungen in Produkten und Geschäftsprozessen, also im Verhältnis von Unternehmen nach außen wahrgenommen. Das geht von geänderten Wertschöpfungsketten, wie z. B. Beziehungen zwischen Verbrauchern und Herstellern ohne Großhändler, über neue Geschäftsmodelle, wie Preventive Maintenance, bis hin zu ersten Erfolgen in Richtung autonomer Fahrzeuge: Das, was Unternehmen schaffen und anbieten wird digital ermöglicht und ertüchtigt.

Die Optimierung interner oder administrativer Abläufe wird dagegen deutlich langsamer der Innovation unterworfen. Der Druck, sich im Wettbewerb mit Produkten und Services richtig aufzustellen ist größer als der, interne Prozesse wie etwa das Controlling zu digitalisieren. Das ist einerseits nur natürlich, denn die Zahl der digitalen Baustellen in Unternehmen ist groß und die Forderung, alles gleichzeitig zu verändern, ist verwegen. Andererseits ist es sehr einleuchtend, dass die neuen Geschäftsprozesse sowohl schneller (durch elektronische Abwicklung) als auch vielfältiger (z. B. durch das Bedienen unterschiedlichster Vertriebswege) ablaufen. Die Kontrolle dieser neuen Prozesse mit alten Werkzeugen ist schlicht nicht leistbar.

Damit klafft eine erhebliche Lücke zwischen der sehr wohl vorhandenen Erkenntnis über die Notwendigkeit der Digitalisierung des Controllings und deren Umsetzung. In einer empirischen Studie des Arbeitskreises Big Data und Controlling des ICV (Internationaler Controller Verein)[1] wird das deutlich (siehe Abb. 1). Die Diskrepanz zwischen dem, was sinnvoll wäre, und dem, was genutzt wird, ist frappierend.

Abb. 1: Umsetzungslücken in der Digitalisierung des Controllings

In der gleichen Studie werden traditionelle Werkzeuge wie relationale Datenbanken und grafische Business-Intelligence-Visualisierungen mit fast 90 % als meistgenutzte Werkzeuge genannt. Wahrscheinlich wäre die Tabellenkalkulation, wenn sie abgefragt worden wäre, noch häufiger genannt worden.

Wo liegen aber nun die Ursachen für das Festhalten an vermeintlich bewährten Werkzeugen bei gleichzeitiger Erkenntnis, dass genau diese Werkzeuge nicht ausreichend sind, um Unternehmen im Wettbewerb um Effizienz erfolgreich zu machen oder zu halten?

[1] Seufert/Engelbergs/von Daacke/Treitz, 2019.

2.2 Herausforderungen bei der Innovation im Controlling

Es gibt zahlreiche Herausforderungen auf dem Weg zu einem neuen Controlling. Die Teilnehmer der oben angeführten Studie beschreiben die Herausforderungen eher aus der operativen Sicht:

  • Fehlendes Fachpersonal;
  • fehlendes Know-how über die Möglichkeiten von Advanced Analytics;
  • fehlendes Know-how über die Erschließung neuer Datengrundlagen;
  • unklare organisatorische Verantwortlichkeiten;
  • zu hohe Kosten für die Erschließung neuer Datengrundlagen.

Vor dem Hintergrund von über 50 Projekten mit dem Einsatz von Advanced-Analytics-Werkzeugen durch das Unternehmen Deloitte und das Feedback der Anwenderunternehmen ergibt sich ein etwas differenzierteres Bild:

  • Herausforderung #1: In der Regel ist das Controlling an die Finanzorganisation des Unternehmens angebunden. Aus nachvollziehbaren Gründen ist dieser Bereich nicht gerade ein Hort revolutionär experimentellen Gedankenguts. Hier wird die stabile finanzielle Basis für die operationalen Aktivitäten des Unternehmens gesichert, was eher vorsichtiges Handeln erfordert. Während diese eher konservative Haltung hinsichtlich der operationalen Gestaltung nützlich ist, hindert sie das Controlling daran, kreative Aspekte umzusetzen.
  • Herausforderung #2: Tatsächlich ist die Akzeptanz moderner Werkzeuge wie z. B. Predictive und Prescriptive Analytics in Supply Chain oder CRM-nahen Bereichen erheblich höher und geschieht schneller als im Finanzbereich. Wer mag, kann gerne einmal eine nicht ganz wissenschaftliche Analyse betreiben und Google-Suchergebnisse zum Thema "Predictive Analytics" und "Success Story" in den Bereichen Accounting und Supply Chain vergleichen. Ein Faktor von 1:10 liegt dazwischen.
  • Herausforderung #3: Die bessere Nutzung weit fortgeschrittener Werkzeuge in den jeweiligen operativen Einheiten, also z. B. Einkauf oder Supply Chain, führt sogar zu einem unerwünschten Effekt in Bezug auf die Gesamtperformance des Unternehmens: Diese Einheiten sind von hohem Spezialistenwissen geprägt. Damit wird Optimierung in den jeweiligen thematischen Silos oder gar bezogen auf Standorte oder andere kleinteilige Einheiten vorangetrieben. Dagegen steht die Aufgabe auf Ebene des CFOs und der Finanzorganisation, den finanziellen Gesamterfolg des Unternehmens sicherzustellen, was also die Forderung nach dem Einsatz besserer Werkzeuge im Bereich des unternehmensweiten Finanzcontrollings unterstützt. Silo-übergreifendes Controlling bedeutet dabei insbesondere die Abstimmung der Maßnahmen aufeinander für ein besseres Gesamtergebnis.
  • Herausforderung #4: Eine solche Abstimmung darf aber nicht nur auf Ebene der Controllingmaßnahmen erfolgen. Vora...

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