Strategie schließt das Umgehen mit Konflikten ein

Wer die vielfältigen Möglichkeiten der Zukunft strukturieren und dabei die in unterschiedliche Konstellationen eingebundenen Menschen mitnehmen will, muss Konflikte aushalten können. Eine strategisch anzustrebende kooperative Position bedeutet ja nicht die (fried-höfliche) Ruhe vollkommener Harmonie. Im Gegenteil: Sie erfordert einen immer wieder erneuerten dynamischen Entwicklungsprozess, der Entscheidungen voraussetzt, die gar nicht anders als im Konflikt getroffen werden können.

Es geht um Ausrichtung auf gemeinsame Ziele. Aber das Wort "Ausrichtung" schließt zugleich das "Aus-Richten" ein. Denn die meisten Menschen haben ja bereits eine Richtung, aus der sie herausgehen müssen, wenn sie sich einem gemeinsamen Ziel anschließen.

Es geht um das Einbinden betroffener Menschen. Auch hier schließt das Wort eine zweite Bedeutung ein – sich auf die "eine Bindung" einlassen. Menschen leben jedoch immer zugleich in mehreren Konstellationen (Familie, Freunde, Arbeit, Freizeit etc.).

Und es geht schließlich um Freiräume für neue Entwicklungen. Doch wie groß darf der "freie Raum" sein, damit wir uns nicht verlieren?

An jeder Ecke dieses "Dreiklangs" warten also mannigfaltige Konflikte, die es so zu gestalten und zu entscheiden gilt, dass die Verbundenheit aller Beteiligten stark genug ist und bleibt, die Konflikte konstruktiv auszutragen (s. Abb. 5):

Abb. 5: Die Dynamik konfliktgeladener Wechselwirkung

3.1 "Tragende Idee" als Basis

Erfolgreiche Unternehmen beruhen daher zumeist auf einer "tragenden Idee", z. B.

  • Vorsprung durch Technik bei Audi,
  • modulare Systemlogistik bei Würth,
  • Duschvergnügen als tägliches Fest der Sinne bei Hansgrohe oder
  • Fliegen zum Taxi-Preis bei Southwest Airlines.

Es gibt viele derartige Ideen. Wenn sie mit ambitionierten Zielen, lebendiger Kundennähe und einer stringenten Führung verbunden werden, können sie die Grundlage bilden für langjährige Ertragsfähigkeit und Entwicklung eines Unternehmens (s. Abb. 6).[1]

Abb. 6: Verbundenheit schaffen durch eine tragende Idee

[1] Vgl. Simon (2007), S. 406 f.

3.2 Auf Marktveränderungen reagieren

Keine Idee trägt auf Dauer

Doch so gut und einzigartig sie auch sein mögen: Jede Idee trägt nur für eine bestimmte Zeit. Veränderungen des Verhaltens der Kunden, der geschäftsspezifischen Handelsbedingungen, des Agierens der Wettbewerber, der gesellschaftlichen Wertvorstellungen oder anderer Umfeld-Bedingungen können Erosionen auslösen. Wenn dann Umsatz und Gewinn zurückgehen, ist das Kind meist schon in den Brunnen gefallen. Die Chance zum selbstbestimmten Wandel ist gering geworden oder gar vertan, die Gefahr des Scheiterns groß. Wenn das Unternehmen über genügend Kraft verfügt, kann es noch einen Veränderungsprozess durchsetzen – aber der ist eher den äußeren Umständen als innerem Antrieb geschuldet und führt die Menschen durch ein "Tal des Leidens" aus Personalabbau, aktionistischem Leistungsdruck und einem dadurch vergifteten Arbeitsklima.

Paul Kordis und Dudley Lynch haben diese Dynamik in einem Wellen-Modell dargestellt (s. Abb. 7).

Abb. 7: Das Wellen-Modell (nach Kordis/Lynch (1998))

3.2.1 Kennzahlen für sinkende Wettbewerbsfähigkeit

Chance zur Selbstbestimmung nicht verpassen

Um dem "Tal des Leidens" oder gar einem Scheitern vorbeugen und rechtzeitig entgegenwirken zu können, haben eine Reihe von Unternehmen Kenngrößen entwickelt, die entstehende Probleme bereits frühzeitig anzeigen. Einige Beispiele sollen hier genannt werden:

  • Kundenanteil

    Wenn Kunden beginnen, ihren Bedarf stärker bei Wettbewerbern zu decken, sinkt der Kundenanteil des eigenen Unternehmens. Rückgänge im Kundenanteil werden oft überdeckt von weiter anhaltendem Umsatzwachstum, sofern eine steigende Anzahl an Kunden diesen Effekt kompensiert. Wer da nicht hinsieht, verpasst die Chance frühzeitiger Achtsamkeit.

  • Relation zwischen Umsatzpotenzial und Umsatz

    Die parallele Beobachtung der Entwicklung von Umsatzpotenzial und Umsatz schärft den Blick für die Chancen des Unternehmens. Wenn das Umsatzpotenzial deutlich schneller steigt als der Umsatz, entstehen Räume, die von Wettbewerbern gefüllt werden können. Wenn demgegenüber das Umsatzpotenzial nicht mehr steigt oder deutlich langsamer als der Umsatz, deutet sich der Wendepunkt in der Lebenskurve der tragenden Idee des Unternehmens an.

  • Gewichtete Kundenfluktuation

    Viele Unternehmen differenzieren nach der Kundengüte: Welche Position besteht gegenüber dem Kunden? Ist das eigene Unternehmen ein strategischer Partner des Kunden, ein bevorzugter Lieferant (Preferred Deliverer)? Wenn die Verweildauer strategischer Partner sinkt, ist Gefahr im Verzug.

  • Gewichtete Lieferantenfluktuation

    Hier gilt es, wie bei den Kunden, das strategische Profil im Auge zu behalten. Welchen Status hat das Unternehmen bei seinen Lieferanten? Ist es der bevorzugte Kunde (Preferred Customer), der auch dann noch beliefert wird, wenn es eng wird?

  • Reputation

    Die Unternehmensreputation gibt den Ausschlag dafür, wie werthaltig ein Leistungsangebot ist. Sie beeinflusst zugleich die Wert-Schätzung der Menschen auf dem Arbeits- und Bildungs-Markt, dem Einkaufs-Markt...

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