Qualitative Risikoeinschätzung mit der Quo-vadis-Matrix

Auch wenn Risikomanagement zuallererst aus einer gründlichen Planung besteht und mit den bisherigen Arbeitsschritten bereits viele Risiken vermieden wurden, so sollten zum Abschluss noch einmal bewusst die bereits erkannten Chancen und Risiken auf Vollständigkeit geprüft werden. Eine erste, qualitative Einschätzung des Risikos ermöglicht die Quo-vadis-Matrix: Handelt es sich um einen neuen Markt, ein neues Produkt (bzw. Dienstleistung) oder gar um beides?

Abb. 10: Die Quo-vadis-Matrix hilft bei der Risikoabschätzung

Einordnung des neuen Produkts anhand von Referenzpunkten

Die Frage, ob es sich beim Tuning um neue Kunden oder nur um neue Produkte handelt, lässt sich ohne Referenzpunkte kaum beantworten. Die Einordnung des neuen Produkts erfolgt relativ zum bisherigen Produkt Reifenwechsel. Die Basis bilden die bestehenden Produkte in den bestehenden Märkten: Diese waren im Rahmen des Lebenszyklus (= aktuelles Portfolio) ja bereits untersucht worden.

Die Einordnung erfolgt aber auch relativ zu den anderen strategischen Optionen wie z. B. Filialgründung. Die Aussage der Quo-vadis-Matrix lautet: Je weiter man sich vom angestammten Geschäft entfernt, desto größer wird das Risiko. Oberhalb der Vorsichtslinie hofft man, Synergien zu realisieren, und unterhalb der Vorsichtslinie droht die Gefahr von "Allergien". Dabei sollte nicht vergessen werden: Die Reaktionen wegen Unverträglichkeit bedrohen in Medizin und Wirtschaft gleichermaßen nicht nur das neu Hinzugekommene, sondern auch das bisher schon Dagewesene!

Diese nur qualitative Risikoeinschätzung kann mit dem Synergieschema weiter detailliert werden. Je nach Fragestellung ergeben sich verschiedene Kriterien. Für ein neues Produkt könnten diese z. B. lauten:

  • materialbezogene Kriterien (z. B.: Ähnlichkeit der zu verarbeitenden Materialien, Ähnlichkeit der benötigten Werkzeuge),
  • prozessbezogene Kriterien (z. B.: Werden ähnliche oder gar identische Prozessschritte durchlaufen? Können vorhandene Kapazitäten besser genutzt werden? Lässt sich vorhandenes Wissen nutzen?) und
  • akzeptanzbezogene Kriterien (z. B.: Passt die Qualität des Angebots zu unseren bisherigen Leistungen? Sind wir in den Augen des Kunden für die neue Leistung kompetent?).

Risikoidentifzierung mit der SWOT-Analyse

Um alle Risiken zu erkennen, kann mit einer Risiko-Checkliste gearbeitet werden. Alternativ bietet sich eine SWOT-Analyse an. Sie hat eine etwas andere Zielrichtung, da sie auch Chancen in die Analyse integriert. Insofern ist die SWOT-Analyse ganzheitlicher, aber auch aufwendiger als die alleinige Analyse des Risikos. Idealerweise wird sie zweimal – für den Istzustand und für die Zukunft – erstellt.

Abb. 11: Die SWOT-Analyse systematisiert zukünftige mögliche Unternehmenssituationen

Dort, wo die Unternehmensstärken auf Chancen im Umfeld treffen bzw. interne Schwächen und externe Gefahren zusammenkommen, entstehen Extrempositionen. Sie stellen Best und Worst Case des Szenario-Trichters (vgl. Abb. 12) dar. Hinzu tritt der erwartete Verlauf mit Störereignissen und Gegenmaßnahmen. Dafür lässt sich jeweils der Free Cashflow ermitteln und diskontieren (vgl. Abb. 9).

Wahrscheinlichkeitsrechnung kein Ersatz für Plausibilitätsprüfung, sondern Ergänzung

Ob eine Monte-Carlo-Simulation eine sinnvolle Vertiefung darstellt, ist schwer zu entscheiden. Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Simulation für jede Variable eine Verteilungsfunktion und Extremwerte für deren Ausprägung benötigt. Insofern kann eine Simulation nur sinnvoll erstellt werden, wenn die bereits dargestellten Zwischenschritte des Business Case auch tatsächlich vorliegen.

Monte-Carlo-Simulation ermittelt Erwartungswerte

Darüber hinaus muss man sich bewusst machen, wie die Monte-Carlo-Simulation arbeitet. Sie ermittelt bei einer hinreichend großen Anzahl Durchläufen "alle" möglichen, d. h. alle nicht vorab ausgeschlossenen, Erwartungswerte. Die darauf aufbauende Wahrscheinlichkeitsverteilung suggeriert, dass alle berechneten Zukunftskonstellationen der Variablen auch tatsächlich eintreten können.

Falls man z. B. ein mehrjähriges starkes Weltwirtschaftswachstum bei niedrigen Rohstoffpreisen für unplausibel hält, muss diese Kombination vorab, d. h. in der Konzeption der Simulation, ausgeschlossen werden. Ohne diese Nebenbedingung ist das Konfidenzniveau von z. B. 95 % wie im Szenario-Trichter (vgl. Abb. 12) nur eine statische Illusion.

Die subjektive Erarbeitung der Quo-vadis-Matrix kann darum zutreffender sein als die nur scheinbar objektivierte Wahrscheinlichkeitsverteilung der Monte-Carlo-Simulation.

Sensitivitätsanalyse als Zwischenschritt durchführen

Einfacher dürfte oft die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse sein. Die Konzentration auf wenige, aber bedeutsame Einflussgrößen ist nicht nur sehr zielgerichtet, sondern zwingt dazu, sich mit der Wirkung einzelner Größen inhaltlich – statt nur mathematisch – auseinanderzusetzen. Darum eignet sich die Sensitivitätsanalyse auch als Zwischenschritt ...

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