3.1 Datenbasis HGB-Anwender

Um einen Überblick zu erhalten, welche Einschätzungsspielräume sich für den Bilanzierenden bei der Festlegung der Trendparameter ergeben, wurden einerseits 130 BilMoG-Erstanwender des Geschäftsjahres 2010 analysiert, da hier auch die Auswirkungen und die Nutzung der Übergangswahlrechte beobachtet werden konnten. Das vorliegende Sample setzt sich aus den Einzelabschlüssen von 34 kleinen, 23 mittleren und 43 großen Kapitalgesellschaften sowie 30 Konzernabschlüssen zusammen. Von den 130 Stichprobenunternehmen haben 73 Unternehmen (56 %) Pensionsrückstellungen angesetzt. Bei den Unternehmen, die keine Pensionsverpflichtungen passiviert haben, handelt es sich überwiegend um kleine und mittlere Kapitalgesellschaften.[1] Andererseits wurden diese Ergebnisse um eine Studie der aktuell vorliegenden 2016er Jahresabschlüsse ergänzt. Diese Untersuchung umfasst 50 Jahresabschlüsse mittelgroßer und großer Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind, aus dem Bundesanzeiger, die im März 2018 zufällig gezogen wurden. Konkret handelt es sich um 20 große und 30 mittelgroße Kapitalgesellschaften bzw. denen gleichgestellte Personenhandelsgesellschaften, von denen 28 Unternehmen (56 %) Pensionsrückstellungen passiviert haben.

[1] Vgl. zur empirischen Analyse Müller/Panzer, BetrAV 2012, S. 227-230, und Müller, Erfahrungsbericht BilMoG – Erkenntnisse für Abschlusserstellung und Abschlussadressaten, in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller (Hrsg.), Haufe HGB Bilanz Kommentar, 2012, Rz 366 ff.

3.2 Angabehäufigkeit und Ausprägung von Trendparametern bei HGB-Anwendern

Anhangangaben inzwischen deutlich verbessert

Bei der Analyse der Anhangangaben der Unternehmen, die Pensionsverpflichtungen in der Bilanz ausweisen, wird zunächst deutlich, dass sich die Qualität der Anhangangaben seit dem ersten BilMoG-Abschluss im Geschäftsjahr 2010 kaum verbessert hat. Waren es 2010 nur wenige Unternehmen, die den Anforderungen des § 285 Nr. 24 HGB und des § 314 Abs. 1 Nr. 16 HGB komplett nachgekommen sind und vollständige Angaben zu den Trendparametern machen, so finden sich im Geschäftsjahr 2016 in den Berichten immer noch einige Lücken. Nur in einem Fall (2010) bzw. gar nicht (2016) war das Fehlen der Angaben mit der Verwendung der in § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB beschriebenen Methode der Verknüpfung der Höhe der Verpflichtung mit dem Zeitwert von Wertpapieren begründet. Durch die inzwischen möglichen Umstellungen der Durchführungswege kann es sein, dass tatsächlich die Angaben nicht notwendig sind, für den Adressat wären hierauf aber Hinweise wünschenswert. So kann in den anderen Fällen nur angenommen werden, dass die Parameter zur Berechnung der Pensionsverpflichtungen verwendet werden und somit den Bilanzierenden vorliegen, was den Verdacht begründet, mit der Nichtveröffentlichung das abschlusspolitische Potenzial des Einsatzes der Trendannahmen zu verheimlichen. Diese Überlegung wird auch von der hohen Variabilität der veröffentlichten Trendannahmen gestützt, die sich jedoch zu einem gewissen Teil mit unterschiedlichen Branchen, Laufzeiten, Stichtagen und Standorten erklären lässt.[1]

 
Verwendete Annahmen der ­Berechnung der Pensions­verpflichtungen (N = 73 2010 und N = 28 2016)  
Min. Max. Mittelwert Anteil in %
Trendannahmen        
Lohn- und Gehaltstrend (2010) 0 % 3,5 % 1,9 % 55 %
Lohn- und Gehaltstrend (2016) 0 % 3,0 % 2,0 % 50 %
Rententrend (2010) 0 % 3,0 % 1,8 % 82 %
Rententrend (2016) 0 % 2,3 % 1,7 % 68 %
Rentendynamik (2010) (2016 ./.) 1,6 % 2,3 % 1,9 % 4 %
Inflation (2010) (2016 ./.) 1,0 % 2,0 % 1,6 % 5 %
Fluktuation (2010) 0 % 20,0 % 1,9 % 25 %
Fluktuation (2016) 2,0 % 5,0 % 4,0 % 14 %

Tab. 1: Deskriptive Statistik der verwendeten Trendparameter bei Anwendung des HGB im Geschäftsjahr 2010 und 2016

Erhebliche Unterschiede bei Trendannahmen festzustellen

Im Bereich des Lohn- und Gehaltstrends bspw. reicht die Spannbreite der verwendeten Parameter von 0 bis 3,5 % (2010), was sich im Jahr 2016 nur geringfügig verringert hat; ein ähnliches Bild ergibt sich beim Rententrend (0 bis 3 % 2010, wo es ebenfalls eine leichte Verringerung auf 0 bis 2,3 % gegeben hat). Durch den Zinseszinseffekt und die langen Laufzeiten ergeben sich enorme erfolgswirksame Effekte, da die Anpassungen in der GuV erfasst werden müssen. Auch wenn der genaue Umfang, in dem sich die verwendeten Parameter auf den Barwert der Pensionsverpflichtung auswirken, von der Ausgestaltung der Pensionspläne abhängt, lässt sich festhalten, dass Unternehmen, die hohe Steigerungen im Bereich der Trendannahmen unterstellen, in späteren Perioden tendenziell eher Erträge aus der Auflösung von Pensionsrückstellungen erfassen. Es ist umso erstaunlicher, dass es eine nicht unbedeutende Anzahl an Unternehmen gibt, die keinerlei Steigerung unterstellt. Insgesamt ist festzustellen, dass die Berücksichtigung der Trendparameter für die Bilanzierenden einen enormen Gestaltungsspielraum darstellt, da sich die Objektivierung der Trendannahmen als schwieriges Unterfangen erweist. Dadurch wird sowohl die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit als auch die innerbetriebliche Vergleic...

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