Zusammenfassung

 
Überblick

Das Konzept der Wesentlichkeit ist in der Finanzberichterstattung weit verbreitet. Inwiefern dieses Konzept auch im Rahmen der Berichterstattung gemäß der EU-Taxonomie-Verordnung angewendet werden kann, ist bis heute umstritten. Der Beitrag erläutert das Wesentlichkeitskonzept, seine Anwendbarkeit im Kontext der Taxonomieberichte und gibt konkrete Vorschläge für den Umgang in der Praxis.

1 Einleitung

Die EU-Taxonomie zeichnet sich durch hohe Komplexität bei der Datenerhebung und diverse Auslegungsunsicherheiten aus. Zur Erleichterung der Taxonomie-Berichterstattung wird in der Praxis häufig die Anwendung des Wesentlichkeitskonzeptes diskutiert. Das Konzept der Wesentlichkeit ist insbesondere in der internationalen Rechnungslegung explizit in den entsprechenden Standards definiert (IAS 1.7 und IAS 8.5). Es ermöglicht gewisse Vereinfachungen bei Ansatz-, Bewertungs- oder Ausweisvorschriften und ist auch aus dem Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung – siehe CSRD (Stichwort: Doppelte Wesentlichkeitsanalyse) und IFRS Sustainability Disclosure Standards S1:17 – bekannt.

Sofern bestimmte Angabepflichten der EU-Taxonomie als unwesentlich deklariert werden können, entfiele der Aufwand zur Erfassung, Verarbeitung und Prüfung der entsprechenden Informationen, was die praktische Anwendung u. U. vereinfachen würde. Allerdings wird das Wesentlichkeitskonzept in den originären Gesetzestexten zur EU-Taxonomie nicht explizit erwähnt. Auch die Delegierten Verordnungen (siehe bspw. Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178) deuten nur vereinzelt auf derartige Überlegungen hin (z. B. im Zusammenhang mit dem taxonomiekonformen OpEx-Anteil), während ein grundsätzliches Bekenntnis zur Wesentlichkeit fehlt. Vor diesem Hintergrund veröffentlichten verschiedene internationale Institutionen wie die ESMA[1], die PSF[2] und der DRSC[3] eigene Einschätzungen, inwiefern Wesentlichkeitsüberlegungen im Rahmen der EU-Taxonomie anwendbar sind. Deren Äußerungen wichen allerdings teilweise voneinander ab und haben zudem keinen unmittelbaren Verpflichtungscharakter.

Vor diesem Hintergrund ist das Ziel des vorliegenden Beitrags, die Anwendbarkeit von Wesentlichkeitsüberlegungen im Rahmen der Taxonomie-Berichterstattung zu diskutieren und Vorschläge für die Anwendung des Prinzips in der Praxis zu machen.

[1] ESMA (2021): Final Report – Advice on Article 8 of the Taxonomy Regulation URL: https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma30-379-471_final_report_-_advice_on_article_8_of_the_taxonomy_regulation.pdf (aufgerufen am 28.08.2023); ESMA (2022) Public Statement European common enforcement priorities for 2022 annual financial reports URL: https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma32-63-1320_esma_statement_on_european_common_enforcement_priorities_for_2022_annual_reports.pdf (aufgerufen am 28.08.2023).
[2] PSF (2022): Platform considerations on voluntary information as part of Taxonomy-eligibility reporting URL: https://finance.ec.europa.eu/system/files/2021-12/sustainable-finance-taxonomy-eligibility-reporting-voluntary-information_en.pdf (aufgerufen am: 28.08.2023)
[3] DRSC (2021): 4th Submission of requests regarding disclosures to be made according to the EU Taxonomy Regulation URL: https://www.drsc.de/app/uploads/2021/12/211207_ASCG_EU-Tax_Submission4.pdf (aufgerufen am: 28.08.2023)

2 Anwendungsbereich und Vorgaben der EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomie-Verordnung ist als ein wesentliches Kernelement des EU-Green Deals vor knapp zwei Jahren in Kraft getreten und seitdem stark weiterentwickelt worden. Ziel der Verordnung ist es, ein einheitliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu schaffen. Dieses soll Investoren und öffentlichen Institutionen als Orientierung zur Allokation von Ressourcen in nachhaltige Investitionen dienen.

Umweltziele im Fokus

Durch die Verordnung sind bestimmte Unternehmen verpflichtet anzugeben, inwiefern ihre Umsatzerlöse, Betriebsausgaben (OpEx) und Investitionsausgaben (CapEx) im Einklang mit sechs definierten EU-Umweltzielen stehen:

1. Klimaschutz

2. Anpassung an den Klimawandel

3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen

4. Übergang zur Kreislaufwirtschaft

5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung

6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Zu Beginn umfasste die Berichtspflicht nur die Ziele 1 und 2, welche einen vorrangigen Bezug zum Klimaschutz haben. Im Juni 2023 wurden schließlich die verbleibenden Umweltziele 3 bis 6 adressiert, indem technische Bewertungskriterien für diese Ziele veröffentlicht wurden.

Welche Informationen müssen offengelegt werden?

Unternehmen, die gegenwärtig von der Taxonomie-Berichtspflicht betroffen sind, müssen neben verschiedenen quantitativen und qualitativen Angaben u. a. folgende drei KPIs für ihre jeweiligen Wirtschaftsaktivitäten angeben:

  • Anteil der taxonomiekonformen Umsatzerlöse an den Gesamtumsatzerlösen
  • Anteil der taxonomiekonformen OpEx am Gesamt-OpEx
  • Anteil der taxonomiekonformen CapEx am Gesamt-CapEx.

Damit die auf eine...

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