Enge Bestpreisklauseln auf Buchungsportalen sind wieder erlaubt

In den letzten Jahren haben Internetportale wie booking.com, expedia.de oder HRS.de aufgegeben, Bestpreisklauseln in ihre Verträge mit Hotels aufzunehmen, denn sie wurden vom Bundeskartellamt untersagt. Das OLG Düsseldorf sieht das nun anders und erlaubt zumindest „enge“ oder „modifizierte“ Bestpreisklauseln.

Der zwischen einem Hotel und einem Buchungsportal abgeschlossene Dienstleistungsvertrag sieht die Aufnahme der jeweiligen Hotels in das  Hotelreservierungssystem vor. Bestpreisvereinbarungen in diesen Verträgen, die es den Hotels untersagen, Zimmer auf der eigene Website oder anderweitig günstiger anzubieten,  sind umstritten.

Gegen den Strom: OLG Düsseldorf erlaubt plötzlich die verpönten Bestpreisklauseln der Hotelportale

Der EuGH und das Bundeskartellamt haben Bestpreisvereinbarungen  als wettbewerbswidrig untersagt, das OLG Düsseldorf zeigt sich nun großzügiger. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die sogenannten engen Bestpreisklauseln der Hotelbuchungsplattform booking.com kartellrechtlich zulässig sind. 

Das Gericht stützte sich auf das Ergebnis einer vom Senat veranlassten Hotel- und Kundenbefragung.

  • Danach seien die Klauseln sind nicht wettbewerbsbeschränkend,
  • sondern notwendig, um einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen den Portalbetreibern und den vertragsgebundenen Hotels zu gewährleisten,
  • da Hotelbetreiber ohne die enge Bestpreisklausel die Vermittlungsleistung der Plattform als "Trittbrettfahrer" ausnutzen könnten, indem sie Kunden auf ihre eigene Seite leiten.

Der Beschluss des Kartellsenats vom 4. Juni 2019 hatte durchaus einen Überraschungseffekt. Er ist gegenteilig zur eigenen Entscheidung im vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren und zur Ansicht des Bundeskartellamts.

Hotel-Webseiten-Preis soll nicht niedriger sein als bei booking.com

Die betreffenden Portalseitenvertreiber, die im großen Stil Unterkünfte an Endkunden vermitteln - im Entscheidungsfall war es Booking -  können jetzt ihren Geschäftspartnern wieder untersagen, ihre Hotelzimmer günstiger auf der eigenen Webseite anzubieten.

  • Das ist der Inhalt der sog. „enge“ oder „modifizierte“ Bestpreisklausel. Bei ihr steht es den teilnehmenden Hotels aber immerhin frei, günstigere Preise offline oder auf anderen Hotel-Portalen anzubieten.
  • Die im Vergleich zur noch strengeren „weiten“ Variante verbietet auch das.

Weite Bestpreisklausel wurde vom Bundeskartelamt untersagt

Damit krempelt das OLG Düsseldorf, das die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht zugelassen hat, die bisherige Rechtspraxis um.

Das Bundeskartellamt hatte im Jahr 2012 HRS abgemahnt, weil sie per weiter Bestpreisklausel von den Hotels verlangten, dass sie eine Garantie für

  • den jeweils besten Hotelpreis,
  • die höchste Zimmerverfügbarkeit und
  • die günstigsten Buchungs- und Stornierungskonditionen zu geben.
  • Außerdem durften sie auch an der Rezeption keine besseren Preisangebote machen.

Auch Expedia und Booking bekamen wegen ähnlicher Klauseln Ärger mit dem Bundeskartellamt.

Weite Bestpreisklauseln war durch das OLG Düsseldorf seit Anfang 2015 verboten

Gerichtlich bestätigt hat das Verbot solcher weiten Bestpreisklauseln kein anderer als der Kartellsenat des OLG Düsseldorf (Beschluss v. 9.1.2015, VI Kart 1/14 (V)). Derartige Bestimmungen

  • schränkten den Wettbewerb unzulässig ein (§ 1 GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV) und
  • führten zu einer Marktabschottung, weil sie es neuen Hotelportalen unheimlich schwer machen, sich im Markt zu platzieren.

Bundeskartellamt hält auch modifizierte enge Bestpreisklauseln für unzulässig

In der Folge arbeiteten die Vermittlungsportale nur noch mit engen Bestpreisklauseln, die das Bundeskartellamt im Dezember 2015 aber ebenfalls untersagte. Die Hotels seien durch sie in ihrer Preisbestimmung zu sehr eingeschränkt. Solange sie die Preise auf ihrer eigenen Internetseite nicht entsprechend anpassen könnten, hätten sie keinen Anreiz niedrigere Preise auf einer Vermittlungsplattform anzubieten.

OLG Düsseldorf ermutigt Praxis enge Bestpreisklauseln zu verwenden

Hier gehen die Meinungen von Bundeskartellamt und OLG Düsseldorf spektakulär auseinander. Letzteres findet die engen Bestpreisklauseln geradezu notwendig, um

  • einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen Portalbetreibern und Geschäftskunden zu gewährleisten.
  • Außerdem verhinderten sie, dass Kunden vom Buchungsportal auf die hoteleigene Seite umgelenkt werden.

Vertragsparteien mit 30 % oder weniger Marktanteil haben Freibrief für Bestpreisklauseln

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Freistellung von wettbewerbswidrigen Abreden vom Kartellverbot nach Art. 2 Abs. 1 der Vertikal-GVO (VO (EU) 330/2010. Das gilt nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf aus Dezember 2017 auch

  • für weite und enge Bestpreisklauseln, aber nur,
  • wenn weder der Plattform noch der Hotelbetreiber mehr als 30 % Marktanteil aufweisen (Urteil v. 4.12.2017, VI-U Kart 5/17).
  • Booking.com mit einem weitaus höheren Marktanteil wurde folgerichtig nicht freigestellt, darf also keine weiten Bestpreisklauseln verwenden.

(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 4.6.2019, VI Kart 2/16 (V) - Revision zum BGH wurde nicht zugelassen).

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Hotelverband fordert nun gesetzliches Verbot von Bestpreisklauseln

Der Hotelverband Deutschland (IHA) fordert als Reaktion auf diese Entscheidung eine gesetzliche Regelung:

  „Wenn nach Auffassung des 1. Kartellsenats am OLG Düsseldorf Vertragsrecht über das Wettbewerbsrecht zu stellen ist, sind nun die Bundesregierung und der Bundestag gefordert, im gemeinsamen Interesse von Verbrauchern und Hoteliers ein klares gesetzliches Verbot solcher Knebelparagraphen zu beschließen, wie es schon in Frankreich, Österreich, Italien und Belgien gilt“

Schlagworte zum Thema:  Wettbewerbsrecht, Kartellrecht