Ecodesign zur Förderung kreislauffähiger Produkte

Ecodesign ist ein Instrument, das die Brücke zwischen innovativem Design und Umweltschutz schlägt. Dieser Artikel beleuchtet die Vielfalt des Konzepts. Er untersucht die regulatorischen Rahmenbedingungen, erörtert die Auswirkungen auf Unternehmen und präsentiert Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung von Ökodesign bis dato.

Ökodesign bezieht sich auf einen umfassenden Ansatz, der die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg in den Fokus rückt (vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments). Durch verbessertes Produktdesign sollen die Umweltbelastungen eines Produkts reduziert werden. In diesem Zusammenhang werden nicht nur die äußerlichen Merkmale eines Produkts berücksichtigt, sondern auch alle Schritte der Wertschöpfungskette wie zum Beispiel Herstellung, Nutzung und Recycling.

Zu beachten ist, dass bereits in der Planungsphase bis zu 80 Prozent der Umweltauswirkungen eines Produkts festgelegt werden (vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission zum Green Deal). Diese Erkenntnis unterstreicht, wie bedeutsam die Designentscheidungen von Herstellern sind. Sie beeinflussen die Umweltbilanz des Produkts erheblich, da sie sich auf jede Stufe der Wertschöpfungskette und den gesamten stofflichen Lebensweg des Produkts auswirken (vgl. Umweltbundesamt). Dabei geht es neben der Verbesserung der Energieeffizienz oder Reduzierung des Ressourcenverbrauchs auch um die Förderung von Langlebigkeit, Reparatur- und Recyclingfähigkeit. Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht die Bedeutung von Ökodesign und dessen Einfluss auf verschiedene Schritte der Wertschöpfungskette eines Produkts.

Infografik Ecodesign Phiyond

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Gesetze, Verordnungen und Richtlinien rund um Ökodesign

Bereits seit 2005 (2005/32/EG) bildet die EU-Ökodesign-Richtlinie einen Rahmen für Ökodesign Mindestanforderungen. Ziel ist es den Markt von effizienten und umweltfreundlichen Produkten zu stärken. Seit 2009 (2009/125/EG) berücksichtigt die Richtlinie alle Geräte, die den Verbrauch von Energie beeinflussen. Die bisherige Richtlinie beinhaltet keine konkreten Produktanforderungen, sondern bildet lediglich die Rechtsgrundlage.

Praktisch relevant sind vielmehr die Durchführungsverordnungen für einzelne Produktgruppen, die das Potenzial zu signifikanten Energieeinsparungen und Umweltverbesserungen haben. So setzten die Durchführungsverordnungen der Ökodesign-Richtlinie neue Anforderungen an Energieeffizienz und Reparierbarkeit von Haushaltsgeräten wie Kühlgeräten, Waschmaschinen oder elektronischen Displays. Ergänzend erfolgt die Umsetzung in deutsches Recht durch das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG).

Im März 2022 präsentierte die EU im Rahmen ihrer Kreislaufwirtschaftsstrategie neue Ökodesign-Anforderungen, im Dezember 2023 wurde die neue Ökodesign-Verordnung von den Mitgliedsstaaten beschlossen (vgl. BMUV: Nachhaltige Produkte werden EU-weit neuer Standard). Der Geltungsbereich wurde erweitert und Mindestkriterien für die Kreislauffähigkeit von Produkten festgelegt, darunter Produkthaltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit und die Vermeidung von Substanzen, die die Kreislauffähigkeit beeinträchtigen können. Die Verordnung zielt darauf ab, effiziente und umweltfreundliche Produkte in Schlüsselbereichen wie Elektronik, Textilien und Verpackungen zu fördern. Zu den ersten betroffenen Regelungen zählen Möbel, Textilien, Schuhe, Eisen, Stahl, Aluminium, Reinigungsmittel und Chemikalien. Verbraucher:innen profitieren von geringerem Stromverbrauch, längerer Produktlebensdauer auch von unterstützenden Tools wie einem Digitalen Produktpass, Ökodesign-Label und Reparierbarkeits-Index.

Best Practices für Ökodesign

Seit 2012 vergeben das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und das Internationale Design Zentrum Berlin den „ Bundespreis Ecodesign“. Dabei bewerten sie, wie umweltfreundlich Produkte von der Designphase und Materialbeschaffung bis hin zur Entsorgung am Lebensende sind. Der Preis versteht sich als höchste staatliche Auszeichnung für ökologisches Design in Deutschland und kann sowohl für Konsumgüter als auch für innovative Verleihsysteme oder Ideen im Bereich Wohnen oder Mobilität verliehen werden.

Ein Vorzeigebeispiel für die erfolgreiche Umsetzung des Ökodesign-Konzeptes ist die Weste „Mono Vest“ des Schweizer Unternehmens Neumühle. Sie wurde 2023 mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet. Herkömmliche Textilien bestehen häufig aus einem Materialmix, der sich nur schwer oder gar nicht sortenrein trennen lässt. Die entwickelte Weste ist vollständig aus einer Materialfamilie gefertigt. Lediglich der Reißverschluss-Schieber und die Labels bestehen nicht aus Nylon und müssen vor dem Recycling entfernt werden. Die notwendigen Materialien werden alle in einem Radius von 380 Kilometern beschafft und in Deutschland verarbeitet. Der Hersteller bietet außerdem eine fünfjährige kostenfreie Reparaturperiode für das Produkt an. Das Polyamid für das Produkt stammt von der Firma Econyl®, das Nylon ist aus alten Teppichböden, Fischereinetzen und Produktionsabfällen recycelt. Dadurch entsteht regeneriertes Nylon, das im Kreislauf gehalten wird. Dieses Produkt ist nur eine von vielen Innovationen, die die Vorgaben des Ökodesigns ernst nehmen.

Um allgemein die Markttransparenz zu erhöhen, gibt es bereits eine Reihe von Siegeln und Zertifizierungen, die Auskunft über die Einhaltung von Ökodesign-Kriterien geben. Die "Cradle to Cradle"-Zertifizierung zählt zu den strengsten und verleiht aufsteigende Zertifikate von Bronze bis Platin. Sie bewertet nicht nur die Zirkularität des Produkts, sondern auch die Materialgesundheit, das heißt die Auswahl von Chemikalien und Materialien zum Schutz von Gesundheit und Umwelt. Darüber hinaus werden der Energieeinsatz, Klimaaspekte, Auswirkungen auf Wasser und Boden sowie soziale Kriterien überprüft, um sicherzustellen, dass Unternehmen Menschenrechte achten und faire Geschäftspraktiken anwenden. Weitere anerkannte Zertifizierungen, insbesondere in Deutschland, sind der Blaue Engel und das EU-Ecolabel. Beide zeichnen Produkte aus, die geringere Umweltauswirkungen haben als vergleichbare Produkte in ihrer Kategorie.

Einfluss auf Unternehmen und Konsument:innen

Die Einführung von Ökodesign-Richtlinien und -Prinzipien hat einen bedeutenden Einfluss auf die Aktivitäten von Unternehmen und das Verhalten der Konsument:innen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Produktplanung, -entwicklung und -gestaltung verstärkt auf Ressourcen- und Energieeffizienz, Reduzierung von Schadstoffen, Langlebigkeit, Wiederverwendung und Recycling auszurichten. Dies kann zu einem wichtigen Motor für Innovationen werden und gleichzeitig helfen, Kosten zu sparen und Wettbewerbsvorteile zu erlangen (vgl. IÖW: Was ist EcoDesign?). Der kritische Blick auf sich verändernde Produktionskosten ist hier jedoch unerlässlich.

Durch die Einführung von Ökodesign-Richtlinien erhalten Verbraucher:innen zusätzliche Informationen über die Nachhaltigkeitsmerkmale von Produkten. Ein „digitaler Produktpass“ kann Verbraucher:innen und Unternehmen dabei helfen, informierte Entscheidungen zu treffen, einen verantwortungsbewussten Konsum zu fördern und die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen zu unterstützen. So profitieren langfristig alle langfristig: Kund:innen, die Umwelt und die produzierenden Anbieter, die mit ihren Eco-Design Produkten überzeugen.

Zukunftsaussichten

Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, und die Biodiversitäts- und Ressourcenkrise zu stoppen, müssen die Industriegesellschaften ihre lineare Art zu wirtschaften fundamental ändern.

Neben transparenzorientierten Regulierungen wie CSRD, CSDDD und EU-Taxonomie sorgt ergänzend auch die Ecodesign-Richtlinie dafür, dass sich Unternehmen mit der Frage nach möglichst geringen Umweltauswirkungen ihrer Wirtschaftsaktivitäten beschäftigen müssen.

Unternehmen sollten diese Entwicklung berücksichtigen, wenn sie am Markt erfolgreich bleiben wollen. Ihre Produkte werden in den kommenden Jahren allein rechtlich immer höhere Standards an Qualität, Materialgesundheit, Reparierbarkeit und Langlebigkeit erfüllen müssen - und von den Käufer:innen als Teil des Preis-Leistungsverhältnisses wird dies auch zunehmend erwartet.

Wir befinden uns in einem Zeitfenster, in dem sich entscheidet, wer das nachhaltigste Produkt im besten Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten kann. Gut aufgestellt ist, wer Wertschöpfung von Kund:innen und der Natur herdenkt und bestehende Geschäftsmodelle hinterfragt.

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Autoren:

Patrick Peter
Patrick Peter ist Director bei phiyond by adelphi für Resources & Circularity. Er berät Unternehmen auf ihrem Weg zur Einführung und Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsstrategien und -geschäftsmodellen. Als Mitgründer von Europas größtem Kreislaufwirtschaftsnetzwerk für industrielle Batterien konnte er beweisen, dass die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft auch in komplexen Lieferketten implementiert werden können. Patrick Peter wurde vom Handelsblatt unter die 50 Grünen Pioniere der deutschen Wirtschaft berufen.

Evita Hegmann
Evita Hegmann arbeitet als Analyst bei adelphi im Bereich Kreislaufwirtschaft. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf Projekten zur Abfallwirtschaft. Sie befasst sich insbesondere mit der Vermeidung von Plastik- und Meeresmüll durch die Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) und die Verbesserung der Abfallwirtschaftsinfrastrukturen in den betroffenen Ländern.

Richard Berner
Richard Berner arbeitet als Analyst bei adelphi im Team Circular Economy. Er arbeitet dabei schwerpunktmäßig an Projekten, die zum Ziel haben, das Problem der Plastikverschmutzung an Küsten und in Ozeanen weltweit zu bekämpfen.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Ökologie