Nachhaltige Transformation: Keine Veränderung ohne Konflikte

Während der nachhaltigen Transformation bleibt in vielen Unternehmen kein Stein auf dem anderen. Ängste, Sorgen und Konflikte bei Mitarbeitenden und Führungskräften lassen sich daher nur schwer vermeiden. Vier Klimapsychologinnen erklären, wie man damit umgeht.

Einmal auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, kann dies in Unternehmen schnell zu bedeutenden Veränderungen im Geschäftsmodell führen. „Da sind wie bei allen Veränderungen Konflikte programmiert“, sagt Anita Habel, Mitglied bei Psychologists for Future. Wichtig sei, sich dem zu stellen: „Wenn ein Unternehmen das verdrängt, platzt irgendwann die Bombe.“ Doch woher kommen die Konflikte?

Konfliktfeld Nachhaltigkeit: Zwischen Person und Sache unterscheiden

Häufig haben Menschen das Gefühl, ihre bisherige Tätigkeit oder ihr Unternehmen seien in Frage gestellt. „Mit der Nachhaltigkeitstransformation wird das eigene Selbstverständnis angegriffen. Das Gefühl von Selbstwertbedrohung ist die häufigste psychologische Barriere für Veränderungen“, sagt Janna Hoppmann, Trainerin für Klimapsychologie und Gründerin des Weiterbildungs- und Beratungszentrums ClimateMind. Es sei wichtig, zwischen Person und Sache zu unterscheiden. Gemeinsam solle man ohne moralischen Zeigefinger überlegen, wie die Beteiligten die Transformation gestalten können. 

„Ich empfehle immer, Konflikte als etwas Positives zu betrachten. Denn sie helfen uns, wichtige Themen zu identifizieren, über die wir uns noch mehr austauschen sollten. Es lohnt sich, herauszufinden, worum es in dem Konflikt geht. Dann zeigen sich auch Wege, ihn zu lösen“, erklärt Hoppmann. Darüber hinaus empfiehlt Anita Habel, sich in schwierigen Situationen von Mediatoren unterstützen zu lassen: „Es ist eine riesige Entlastung, wenn sich andere darum kümmern, wie der Prozess verläuft.“ 

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Auf diese drei Punkte sollten Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation achten:

1. Respektieren Sie unterschiedliche Wertsysteme

Wenn Menschen auf Klimakrise und Nachhaltigkeit genervt reagieren, kann dies mehrere Gründe haben, meint Ursula Maria Odrobina, freiberufliche Psychologin und Kommunikationsberaterin. „Es ist wichtig, die Werte der Zielgruppe zu berücksichtigen“, sagt sie. Die Klimadebatte finde häufig in einem grün-linken Milieu statt. Doch es gebe auch viele Menschen im konservativen Milieu, denen das Thema wichtig sei. Für sie stehe aber ebenso das Thema Wirtschaftlichkeit an hoher Stelle. Lasse man das außer Acht, erhalte man weniger Zustimmung. 

„Man sollte klug verteilen, wer zum Nachhaltigkeitsthema mit wem spricht“, empfiehlt Verena Kantrowitsch, Psychologin im Öffentlichen Dienst und Mitglied bei „Psychologists for Future“. Nicht jeder müsse für jede Zielgruppe die richtigen Worte finden. Hilfreich für die Implementierung der Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen sind daher Ambassador-Programme: Ausgewählte, motivierte Beschäftigte in den jeweiligen Bereichen treiben das Thema voran. Der Vorteil: Sie sprechen die Sprache ihrer Peers und wissen selbst um die entscheidenden Hebel in ihrem Bereich. 

2. Führen Sie den Dialog auf Augenhöhe

Es gebe aber noch einen weiteren Grund, warum manche Menschen genervt seien, betont Odrobina: Einige Klimaschützer erlägen leider der Versuchung, den anderen mit missionarischem Eifer zu sagen, was zu tun sei. „Wichtig ist ein Dialog auf Augenhöhe und mit Wertschätzung“, sagt Odrobina: „Zuhören ist wichtig und der ehrliche Wille, den anderen zu verstehen – auch wenn man nicht einverstanden ist.“ Dazu gehöre auch, Bedenken ernst zu nehmen. Denn natürlich sorgten sich manche Beschäftigte, ob die Transformation gelinge und ob ihr Arbeitsplatz sicher sei. Und wo man sich mit der Firma und dem Produkt identifiziert, sind auch Wut und Trauer. „Man muss diesen Gefühlen Raum geben, darf aber nicht bei ihnen stehen bleiben, sondern muss nach vorne blicken“, erklärt Odrobina. Eben dafür seien eine Vision und positive Erfolgsbeispiele so wichtig. 

3. Transparenz schafft Glaubwürdigkeit

Auch in der internen Nachhaltigkeitskommunikation kann Greenwashing ein großes Thema sein. Die Belegschaft spürt schnell, ob es das Unternehmen mit der Transformation ernst meint. „Das Unternehmen muss intern transparent über seine Strategie und seine Ziele sprechen. Das schafft Glaubwürdigkeit und führt dazu, dass die Beschäftigten die Transformation unterstützen“, sagt Kantrowitsch. Wichtig sei zudem, dass die Schritte, die das Unternehmen gehe, nachprüfbar und nachvollziehbar seien. Und zur Transparenz gehöre auch, kritische Punkte nicht zu verschweigen und aufzuzeigen, wie der Lösungsweg aussehen soll. 

Und mit dieser Glaubwürdigkeit hängt ein weiterer Punkt eng zusammen: „Entscheidend ist die Frage, wie ich eine authentische Führungspersönlichkeit für Nachhaltigkeit werden kann – also jemand, der oder die mit Leidenschaft und Überzeugung das Thema vorantreibt“, sagt Hoppmann. Die Sorge vor Konflikten solle aber die Unternehmensleitung nicht von der nötigen Transformation abhalten. „Es ist wichtig, dass ich weiß, was auf mich zukommt: Es wird Widerstände geben, es wird eine Trauerphase geben – aber am Ende kann die Akzeptanz stehen, wenn man die Mitarbeitenden auch mit psychologischem Verständnis gut begleitet“, erklärt Hoppmann. 

Damit dieser Wandel gelingt, sei es nötig, die Sorgen ernst zu nehmen und ein positives Leitbild zu haben: „Wenn die Beschäftigten sehen, dass sie ihre Stärken für Nachhaltigkeit einsetzen können und dass sie gemeinsam etwas bewegen können, macht es Spaß und schafft ein gutes Gefühl von Wirksamkeit. Sie können gemeinsam etwas Neues erschaffen und einen positiven Abdruck hinterlassen.“

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Unternehmen