Rz. 85

Die Angabepflichten gem. ESRS S1-8 sollen einen Überblick geben, inwiefern Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der eigenen Belegschaft durch Tarifverträge[1] bestimmt oder beeinflusst werden und inwieweit Arbeitnehmer in den sozialen Dialog im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf betrieblicher und europäischer Ebene einbezogen werden (ESRS S1.58). Zur Erfüllung dieser Angabepflichten sind folgende Darstellungen erforderlich:

  • Der Prozentsatz jener Beschäftigten, die durch Tarifvereinbarungen abgedeckt sind (ESRS S1.60(a)). Für jene Mitarbeiter, die nicht unter diese Vereinbarungen fallen, wird als ergänzende Darstellung empfohlen zu erläutern, ob deren Arbeitsverhältnisse an Tarifvereinbarungen des eigenen Unternehmens oder anderer Unternehmen gelehnt werden (ESRS S1.61).
  • Dazu wird empfohlen, auch für die Gruppe der "nicht angestellten Beschäftigten" darzustellen, inwiefern Verträge mit nicht angestellten Beschäftigten von Tarifvereinbarungen bestimmt werden, sowie die Schätzung der diesbzgl. Abdeckungsrate (ESRS S1.62).
  • Im EWR muss das Unternehmen außerdem angeben, ob es Tarifverträge im Unternehmen gibt, und wenn ja, den Gesamtprozentsatz der Angestellten, die durch solche Verträge abgedeckt sind, aufgeschlüsselt pro Land mit signifikantem Beschäftigungsgrad, definiert als mind. 10 % der Gesamtzahl der Mitarbeiter, aber jedenfalls mind. 50 Mitarbeiter (ESRS S1.60(b)).
  • Außerhalb des EWR muss der Prozentsatz der Beschäftigten des Unternehmens, aufgeschlüsselt nach Regionen, angegeben werden, die durch Tarif- oder Kollektivverträge abgedeckt sind (ESRS S1.60(c)).
  • In Bezug auf den sozialen Dialog muss das berichtspflichtige Unternehmen den Gesamtprozentsatz der Beschäftigten, die auf Betriebsebene durch Arbeitnehmervertreter repräsentiert werden, aufgeschlüsselt für jedes EWR-Land, in dem das Unternehmen einen signifikanten Beschäftigungsgrad aufweist, angeben (ESRS S1.63(a)).
  • Ebenso ist anzugeben, ob eine Vereinbarung mit den Beschäftigten bzgl. einer Vertretung durch einen europäischen Betriebsrat (EBR), einen Betriebsrat der Societas Europaea (SE) oder einen Betriebsrat der Societas Cooperativa Europaea (SCE) besteht (ESRS S1.63(b)).
 

Rz. 86

Der Prozentsatz gem. ESRS S1.60(a) der von Tarifverträgen erfassten Beschäftigten muss auf Basis nachfolgender Formel berechnet werden (ESRS S1.AR66). Tarifvertraglich abgedeckte Beschäftigte in der eigenen Belegschaft sind jene Personen, auf die das Unternehmen den Vertrag anwenden muss. Der Prozentsatz liegt bei null, wenn keine Person der Belegschaft durch einen Tarif- bzw. Kollektivvertrag abgedeckt ist (ESRS S1.AR67).

 
Zahl der tarifvertraglich (kollektivvertraglich) abgedeckten Beschäftigten * 100
Zahl der Beschäftigten
 

Rz. 87

Zur Berechnung des Gesamtprozentsatzes gem. ESRS S1.63(a) der Beschäftigten, die auf Betriebsstättenebene durch Arbeitnehmervertreter repräsentiert werden, muss folgende Formel verwendet werden (ESRS S1.AR69):

 
Zahl der Beschäftigten, die in Niederlassungen mit Arbeitnehmervertretern arbeiten * 100
Zahl der Beschäftigten
 

Rz. 88

Eine Niederlassung bezeichnet jenen Tätigkeitsort, an dem das Unternehmen einer nicht vorübergehenden wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, die den Einsatz von Personal und Vermögenswerten voraussetzt, wie z. B. eine Fabrik (Produktionsstätte) oder die Zweigstelle einer Einzelhandelskette. Gem. der Anforderung in ESRS S1.63(a) beträgt der gemeldete Prozentsatz für Länder mit nur einer Niederlassung entweder 0 % oder 100 % (ESRS S1.AR69).

 

Rz. 89

Zur Darstellung der Tarifverhandlungen sowie des sozialen Dialogs ist von den berichtspflichtigen Unternehmen folgendes Template zu verwenden (ESRS S1.AR70):

 
  Tarifvertragliche Abdeckung Sozialer Dialog
Abdeckungsquote

Beschäftigte – EWR

(Länder mit > 50 Beschäftigten, die > 10 % der Gesamtzahl ausmachen)

Beschäftigte – Nicht-EWR-Länder

(Schätzung für Regionen mit > 50 Beschäftigten, die > 10 % der Gesamtzahl ausmachen)

Vertretung am Arbeitsplatz (nur EWR)

(Länder mit > 50 Beschäftigten, die > 10 % der Gesamtzahl ausmachen)
0-19 %   Region A  
20-39 % Land A Region B  
40-59 % Land B   Land A
60-79 %     Land B
80-100 %      
 

Rz. 90

Der Begriff "sozialer Dialog" beinhaltet gem. ESRS sämtliche Austauschformate von Verhandlungen über Konsultationen bzw. den laufenden Informationsaustausch zwischen bzw. unter Vertretern von Regierungen, Arbeitgebern, deren Verbänden und Arbeitnehmervertretern zu Fragen von gemeinsamem Interesse in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.[2] Der "soziale Dialog" kann in einem Prozess zwischen drei Parteien erfolgen, mit der Regierung als offizielle Partei des Dialogs oder nur zwischen Arbeitnehmervertretern und Führungskräften (oder Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden).[3]

Dazu zählen z. B. "Tarifverhandlungen": Darunter sind sämtliche Verhandlungen zu verstehen, die zwischen einem Arbeitgeber, einer Gruppe von Arbeitgebern oder einer oder mehreren Arbeitgeberorganisationen einerseits und einer oder mehreren Gewerkschaften oder in deren Abwes...

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