Agiles vs. klassisches Projektmanagement

Klassische Projektmanagement-Methoden sind in Steuerkanzleien allgegenwärtig und für viele Prozesse nach wie vor Garant für den Erfolg. Doch manchmal stoßen die plangesteuerten, klassischen Projektmanagement-Methoden an ihre Grenzen. Wann agiles Projektmanagement die bessere Wahl ist und welche Methoden sich besonders gut für den Einsatz in der Steuerkanzlei eignen.

Warum klassisches Projektmanagement nicht immer die richtige Wahl ist

In Steuerkanzleien ist klassisches Projektmanagement nach wie vor für zahlreiche Prozesse wichtig. Niemand käme beispielsweise auf die Idee, die strukturierten Abläufe in der Finanzbuchhaltung als veraltet und nicht mehr relevant einzustufen. Der Grund, warum hier die klassischen Methoden unentbehrlich sind und was sie gleichzeitig auszeichnet, ist die klar definierte Zielstellung, einen festgelegten Projektumfang und ganz konkrete Arbeitspakete. Aufwand und Zeit bleiben dabei variabel und können sich je nach Anforderung unterscheiden.

Doch wie verhält es sich, wenn Zielstellungen zu Beginn nicht feststehen, wie beispielsweise bei der Entwicklung neuer Geschäftsfelder? Wie können auf bisher unbekanntem Terrain passende Lösungen entwickelt werden und wie kann kurzfristig auf eine Veränderung von Anforderungen eingegangen werden? Nicht selten scheitern Projekte, bei denen es auf Ressourcen und Zeit ankommt, weil Budgets überschritten werden und wandelnde Anforderungen kontinuierliche Neuplanungen erfordern. Sind Ziele nicht eindeutig definiert, sind die klassischen Projektmanagement-Methoden daher keine gute Wahl. Genau hier setzt agiles Projektmanagement an.

Wie agiles Projektmanagement zur Innovation beiträgt

Agiles Projektmanagement dreht das klassische Projektmanagement auf den Kopf. Statt eines klar definierten Projektzieles bilden selbst definierte Projektziele wie etwa Budget und Zeit die Ausgangsbasis agiler Projekte.

Wichtig ist es also sich bei der Bewältigung einer Herausforderung auf ein verfügbares Budget und eine verfügbare Zeit abzustimmen. Das Ziel muss auf dem Weg der Bearbeitung immer wieder angepasst werden, sobald neue Erkenntnisse vorliegen und dies nötig machen. Klarer Vorteil: Im Prozess ist nicht mit unerwarteten Kosten zu rechnen und ein Ergebnis liegt zum festgelegten Termin vor. Die Methodik gibt dabei einen strukturierten Rahmen vor, der Veränderungen als festen Bestandteil bereits in den Projektprozess integriert. Im Vergleich zum klassischen Projektmanagement bietet das agile Projektmanagement somit einen hohen Grad an Flexibilität. Eine regelmäßige Rückschau auf Teilziele ermöglicht es, Schwierigkeiten schneller zu erkennen und kurzfristig darauf zu reagieren.

Agiles Projektmanagement ist jedoch weitaus mehr als nur eine Methode. Denn ohne ein agiles Mindset können agile Projekte nicht den gewünschten Effekt erzeugen. Anstatt ein festes Projektziel zu verfolgen, wird eine Vision angestrebt. Wer innovative Ergebnisse erreichen will, muss bereit sein, sich auf Ungewissheit einzulassen und Fehler zu tolerieren. Außerdem ist ein Umdenken in er Führungskultur notwendig. Agiles Projektmanagement basiert auf der Zusammenarbeit gleichberechtigter Teammitglieder. Für Führungskräfte bedeutet das: Statt Delegieren ist Coaching angesagt. Dies stärkt das Gefühl der Wertschätzung und fördert die Kreativität des Einzelnen. So schafft die Methode Raum für echte Innovationen.

Klassisches vs. agiles Projektmanagement: ein Methodenvergleich

Klassisches ProjektmanagementAgiles Projektmanagement

Plangesteuert

Visionsgesteuert

Projektziel zu Beginn bekannt

Projektziel zu Beginn unbekannt

Anpassungen im laufenden Prozess schwierig und teuer

Regelmäßige Anpassungen gehören zum Prozess dazu

Endergebnis laut Projektplanung

Endergebnis angepasst an Bedingungen

Klare Hierarchie

Selbstorganisierte Teams

Feedback nach Fertigstellung

Regelmäßiges Feedback


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Agile Projektmanagement-Methoden für die Steuerkanzlei

Ob tägliche Meetings, Projekt-Visualisierungen oder regelmäßige Feedback-Runden: Um agiles Projektmanagement in Steuerkanzleien umzusetzen, muss es nicht zwangsläufig die aus der Softwareentwicklung bekannte Methode Scrum sein. Projektmanagement-Methoden wie OKR oder Kanban sind oft wesentlich leichter im Kanzleiumfeld realisierbar.

  • OKR (Objektives and Key Results): Die agile Projektmanagement-Methode OKR steht für Ziele (Objectives) und Ergebnisse (Key Results). Diese werden vor Projektstart formuliert, an alle Beteiligten kommuniziert und nach Ablauf einer festgelegten Periode überprüft. Die Ausgangsbasis bildet dabei die Unternehmensvision. Von ihr werden sogenannte Missionen für einzelne Teams abgeleitet. Erst danach folgt die Festlegung von konkreten und messbaren OKRs, die entweder langfristig oder kurzfristig erreicht werden sollen. Diese sind so formuliert, dass sie einen positiven und motivierenden Charakter haben.
  • Das Besondere am OKR-Modell ist ganz klar die Ergebnisorientierung. Klar formulierte Ziele, Fortschritte und Ergebnisse setzen einen eindeutigen Fokus. Das OKR-Modell ist beispielsweise gut geeignet, um neue Geschäftsfelder in der Steuerkanzlei zu erschließen.
  • Kanban: Die Visualisierung von Aufgaben ist bei Kanban ein zentrales Element. Auf einem Kanban-Board sind alle zu erledigenden Teilaufgaben notiert. Je nachdem, ob die Aufgabe noch nicht begonnen wurde, in Bearbeitung ist oder schon erledigt wurde, kann sie in die jeweilige Spalte verschoben werden. Der Vorteil: Der Status einzelner Aufgaben ist für alle Beteiligten jederzeit transparent. Umsetzungsschwierigkeiten und Engpässe sind leicht erkennbar, sodass rechtzeitig gegengesteuert werden kann. Im Unterschied zum klassischem Projektmanagement liegt die Verantwortung für die Zielerreichung grundsätzlich beim Projektteam.
  • Kanban ist für die Bewältigung alltäglicher Aufgaben sinnvoll. Das agile Projektmanagement kann aber auch für größere Projektvorhaben genutzt werden.

Hybrides Projektmanagement: agiles und klassisches Projektmanagement

Ob agil oder klassisch die passende Management-Methode für ein Projekt ist, hängt davon ab, wie gut die Anforderungen an das Projekt und mögliche Umsetzungsstrategien bekannt sind. Es muss aber nicht immer die Entscheidung für die eine oder andere Methode sein. Hybrides Projektmanagement vereint die Vorteile beider Methoden. So können agile Teilprojekte ein klar strukturiertes Projekt sinnvoll ergänzen und dabei helfen, unklare Situationen schneller und besser zu meistern. Es kann aber auch bedeuten, dass neue agile Kommunikationswege wie ein Daily Stand up eingeführt werden, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten.

Empfehlenswert ist das hybride Modell aus klassischem und agilem Projektmanagement immer dann, wenn das agile Projektmanagement nicht problemlos eingeführt werden kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Mitarbeiter zunächst zu den agilen Methoden geschult werden müssen. Ebenso kann die Kombination beider Systeme zeitkritischen Teilprojekten zum Erfolg verhelfen.