Merkzeichen Bl (Blindheit) im Schwerbehindertenrecht

Erfüllen Personen die, aufgrund schwerer Hirnschädigungen, zu keiner differenzierten Sinneswahrnehmung im Stande sind, die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen Bl (Blindheit) im Schwerbehindertenrecht? Mit dieser Frage hatte sich das Bundessozialgericht befasst. 

Geklagt hatten die Eltern eines 2007 geborenen Mädchens, das durch eine Stoffwechselstörung schwerst hirngeschädigt ist. Sie hat ein gewisses Maß an Sehkraft, kann aber nichts differenziert wahrnehmen.

Land Niedersachsen verwehrt Merkzeichen Bl

Das Land Niedersachsen hatte das sogenannte Merkzeichen Bl verwehrt, das als Voraussetzung für Blindengeld gilt. Für das Land ging es nach eigenen Angaben um viel Geld und Rechtssicherheit: Man rechne mit einer Zahl an neuen Fällen im mittleren fünfstelligen Bereich, in denen Menschen ähnliche Ansprüche geltend machen könnten.

BSG kippt Entscheidungen der Vorinstanzen

«Dieses Mädchen ist faktisch blind», erklärte dagegen der Rechtsvertreter der Eltern. Das Sozialgericht Aurich und das Landessozialgericht hatten das genauso gesehen: Es liege eine der Blindheit gleichzustellende Störung des Sehvermögens vor. Das Bundessozialgericht (BSG) folgte dem nicht.

Voraussetzungen für Merkzeichen Bl im Schwerbehindertenrecht

Entscheidend für die Einstufung Bl ist dem Urteil des BSG zufolge die Versorgungsmedizin-Verordnung des Bundes. Danach umfasse Blindheit «fehlendes Augenlicht, Herabsetzung der Sehstärke oder vergleichbare Sehstörungen», sagte die Vorsitzende Richterin. Schwerst hirngeschädigte Menschen ohne differenzierte Sinneswahrnehmung gelten nicht als blind. Das BSG hob damit das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf und verwies es zurück zur Neuentscheidung.

BSG: Weitere Prüfung für Anspruch auf Merkzeichen Bl 

Dennoch haben die Eltern des Mädchen eine Chance auf Einstufung als «blind». Denn nach Ansicht der Kasseler Richter hatte das Landessozialgericht nicht ausreichend geprüft, ob ein völliger Ausfall der Sehrinde vorliegt. Dann würde das Mädchen auch nach der Versorgungsmedizin-Verordnung als blind gelten.

Hinweis: BSG, Urteil v. 24.10.2019, B 9 SB 1/18 R

dpa
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