Der Vermieter kann versuchen, seine gesetzliche Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen formularvertraglich abzubedingen, ohne diese Pflicht auf den Mieter zu übertragen. In der formularvertraglichen Praxis ist dies Neuland, weil das Abbedingen der Vermieterpflicht bislang mit einer Übertragung dieser Pflicht auf den Mieter einherging.
Im Grundsatz geht der ganz überwiegende Teil der Literatur davon aus, dass eine solche Formularklausel den Mieter nicht generell unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt (Langenberg in Langenberg/Zehelein, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückgabe, Anhang 1 Rn 22; Lehmann-Richter NZM 2014, 818, 820 und NJW 2015, 1598 f.; Artz NZM 2015, 801, 806 ff.; Horst MietRB 2014, 338, 341; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, § 535 BGB Rn 431; Herlitz WuM 2015, 654, 655; Drettmann NJW 2015, 3694; Sommer MietRB 2015, 312, 315). Da der Vermieter keine Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter überträgt, besteht jedenfalls keine Rechtspflicht des Mieters, einen vom Vormieter veranlassten Renovierungsbedarf zu beseitigen.
Hinweis:
Bis zur höchstrichterlichen Klärung ist nicht garantiert, dass ein solches Abbedingen der Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB Stand hält. Dabei sind folgende Fragen zu klären:
a) Vereinbarkeit mit dem gesetzlichen Leitbild der Miete
Zunächst kann man anzweifeln, ob ein "schönheitsreparaturfreies Mietverhältnis" nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit dem gesetzlichen Leitbild der Miete vereinbar ist. Ein Teil der das Mietverhältnis prägenden Hauptleistungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB (Ghassemi-Tabar in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, § 307 BGB Rn 36) wäre von keiner Vertragspartei zu erbringen, obwohl absehbar ist, dass die renovierungsbedürftige Mietsache weiter abgenutzt wird. Bei formalem Vollzug des Mietvertrags wird – wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen in den insoweit rechtsfreien Geschäftsräumen nicht freiwillig ausführt – die Tauglichkeit der Mietsache jedenfalls für einen auf Kundenverkehr ausgerichteten Mietzweck allmählich aufgehoben. All dies, ohne dass Mängelrechte des Mieters entstehen, weil die schönheitsreparaturfreie Mietsache stets vertragsgemäß ist (kritisch auch Börner NZM 2015, 686, 691: "nicht praktikabel").
b) Einschränkung der Hauptleistungspflicht
Des Weiteren könnte das Abbedingen der Schönheitsreparaturpflicht die Hauptleistungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB so einschränken, dass dies den Vertragszweck i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB gefährdet. Ob die Schönheitsreparaturpflicht im Verhältnis zur umfassenden gesetzlichen Erhaltungspflicht des Vermieters so schwer wiegt, ist zweifelhaft. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB erscheint es zutreffend, die Schwelle für eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dort zu ziehen, wo der Vermieter eine empfindliche Störung des Mietgebrauchs als vertragsgemäß erklärt (Lehmann-Richter NJW 2015, 1598, 1599 und NZM 2012, 849, 854). Inwiefern es hierfür auf den jeweils vereinbarten Mietzweck ankommt, ist offen. So könnte die empfindliche Störung des Mietgebrauchs durch unterlassene Schönheitsreparaturen für ein "gewerbliches Lager" anders zu beurteilen sein als für ein "Geschäftslokal zum Verkauf von gehobener Damenoberbekleidung". Umgekehrt ist denkbar, mit der Geringfügigkeit der Schönheitsreparaturen im Verhältnis zur umfassenden Erhaltungspflicht des Vermieters zu argumentieren, so dass das Abbedingen der Vermieterpflicht niemals unangemessen ist, ohne dass es auf den Mietzweck ankommt.
c) Unangemessene Benachteiligung des Mieters
Schließlich ist zu überlegen, ob der Mieter nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB durch das Abbedingen der Schönheitsreparaturpflicht des Vermieters unangemessen benachteiligt ist (Hartmann jurisPR-MietR 12/2015 Anm. 1 D; zum Rückgriff auf § 307 Abs. 1 BGB vgl. Ghassemi-Tabar in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, § 307 BGB Rn 22). Selbst wenn der Anlass für eine solche Gestaltung das BGH-Urteil vom 18.3.2005 ist, berührt dies nicht das Umgehungsverbot aus § 306a BGB, da dieses vorrangig auf Gestaltungen abzielt, die versuchen, den sachlichen Anwendungsbereich des AGB-Rechts zu unterlaufen (Palandt/Grüneberg, § 306a BGB Rn 2; Palandt/Ellenberger, § 134 BGB Rn 28).
Für eine unangemessene Benachteiligung könnte sprechen, dass der Mieter unrenovierter oder renovierungsbedürftiger Geschäftsräume zu Mietbeginn faktisch gezwungen ist, die Gebrauchsspuren des Vormieters zu beseitigen, ohne einen Ausgleich dafür zu erhalten. Abgenutzte Geschäftsräume würden keinen guten Eindruck auf die Kunden des Mieters machen. Zudem besteht zu Mietbeginn die einmalige Gelegenheit, die Schönheitsreparaturen ohne aufwändiges Aus- und Einräumen der Mietsache auszuführen. Abgesehen von besonderen Geschäftszwecken, deren Reiz gerade im abgenutzten Zustand der Räume besteht (z.B. Kunstausstellung in einem Abbruchgebäude), kann der Mieter durch Sachzwänge genötigt sein, die Schönheitsreparaturen zu Mietbeginn auszuführen, ohne dafür vom Vermieter e...