Leitsatz (amtlich)

a) Wenn ein Einwendungsdurchgriff gem. § 9 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen ist, kommt jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1 VerbrKrG ein Rückgriff auf die von der Rechtsprechung zum Abzahlungsgesetz aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über den Einwendungsdurchgriff grundsätzlich nicht in Betracht.

b) Das Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 HWiG dient dem Zweck, die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Kunden zu gewährleisten, indem es ihm die Möglichkeit einräumt, sich von einem auf Grund einer - mit einem Überraschungsmoment verbundenen - Haustürsituation geschlossenen Vertrag zu lösen. Bei einem Darlehensvertrag dient das Widerrufsrecht jedoch nicht dem Ziel, das wirtschaftliche Risiko der Verwendung des Darlehens vom Darlehensnehmer auf den Darlehensgeber abzuwälzen.

 

Normenkette

VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 3; HWiG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Bremen (Urteil vom 16.01.2003)

LG Bremen

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Bremen v. 16.1.2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit einem von dem Beklagten bei der klagenden Bank aufgenommenen und von dieser gekündigten Realkredit. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Beklagte wurde im Jahre 1992 von einem für die P. GmbH & Co. KG tätigen Anlagevermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital ein Appartement nebst Pkw-Stellplatz in einem noch zu errichtenden sog. Boarding-House bei S. zu erwerben. Bei dem Objekt handelte es sich um eine in Wohnungseigentum aufgeteilte Anlage, die über eine von den Miteigentümern gemeinsam beauftragte Pächterin hotelähnlich betrieben werden und dem längeren Aufenthalt von Gästen dienen sollte. In dem für den Vertrieb der Appartements erstellten Prospekt war die klagende Bank namentlich als diejenige benannt, die die Objektfinanzierung übernommen hatte. An anderer Stelle des Prospekts wurde darauf hingewiesen, dass die "bauzwischenfinanzierende Bank" eine zusätzliche Mittelverwendungskontrolle übernommen habe. Dazu wurde aus einem Schreiben der Klägerin zitiert, in dem diese u. a. bestätigt, für die Käufer des Projekts Treuhandkonten zu führen sowie eine Mittelverwendungskontrolle durchzuführen und die Kaufpreiszahlungen der Erwerber erst nach Fälligkeit freizugeben.

Im August 1992 leistete die Bauträgerin von ihrem bei der Klägerin geführten Projektkonto zwei Scheckzahlungen über insgesamt 400.000 DM an die C. GmbH, eine Schwesterfirma der Pächterin. In der Zeit von März bis Dezember 1993 erbrachte die Bauträgerin an die Unternehmensgruppe der Pächterin weitere Scheckzahlungen über insgesamt 895.000 DM.

Am 8.9.1992 unterbreitete der Beklagte, ein zu dieser Zeit 31 Jahre alter Flugzeugmechaniker mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.700 DM, der T. GmbH (im Folgenden: Treuhänderin) ein notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages zum Erwerb des Appartements .. . Zugleich erteilte der Beklagte der Treuhänderin Vollmacht, ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten, die mit der Durchführung des Erwerbs des Wohnungseigentums im Zusammenhang stehen, insbesondere, in seinem Namen den Kaufvertrag, Darlehensverträge und alle erforderlichen Sicherungsverträge abzuschließen und ggf. auch wieder aufzuheben. Die Treuhänderin nahm das Angebot an und schloss am 29.9.1992 namens des Beklagten mit der Bauträgerin den notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Appartement nebst Tiefgaragen-Stellplatz zu einem Gesamtkaufpreis von 160.784,39 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss der Beklagte persönlich am 6.10.1992 mit der Klägerin einen Vertrag über ein Annuitätendarlehen i. H. v. 143.697,10 DM, das vereinbarungsgemäß durch Grundschulden abgesichert wurde. Der Nettokreditbetrag von 129.328,10 DM wurde dem im Darlehensvertrag bezeichneten Girokonto des Beklagten gutgeschrieben und zur Finanzierung des Erwerbs eingesetzt.

Im Februar 1993 wurde das Boarding-House fertig gestellt. Nach fünfmonatigem Betrieb stellte die erste Pächterin die Pachtzahlungen ein und wurde Anfang 1994 insolvent. Im Herbst 1995 fiel die Bauträgerin in Konkurs. Die Pachteinnahmen aus dem Betrieb des Boarding-House blieben erheblich hinter den Erwartungen zurück. Nachdem die Klägerin den Beklagten mehrmals ohne Erfolg zur Zahlung rückständiger Zins- und Tilgungsleistungen sowie zum Ausgleich der ungenehmigten Überziehung auf seinem Girokonto aufgefordert hatte, kündigte sie das Darlehen zum 4.2.1998.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des Darlehens i. H. v. insgesamt 145.133,98 DM nebst Zinsen. Der Beklagte ist der Auffassung, zu Zahlungen nicht verpflichtet zu sein, weil ihm gegen die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzungen zustünden. Mit Schriftsatz v. 25.9.2001 hat er ferner den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen, da er zum Abschluss aller Verträge auf Grund eines Besuchs des Vermittlers in der Wohnung der Eltern des Beklagten veranlasst worden sei. Der Beklagte ist der Ansicht, zur Rückzahlung des Darlehens nicht verpflichtet zu sein, weil er die Darlehensvaluta nicht empfangen habe. Darlehensvertrag und Kaufvertrag bildeten ein einheitliches Geschäft mit der Folge, dass die Klägerin sich an die Verkäuferin halten müsse.

Das LG hat der Klage stattgegeben, auf die Berufung des Beklagten hat das OLG sie abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei nicht begründet. Dem Klageanspruch stehe ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss entgegen. Die Klägerin hafte wegen einer fahrlässigen Fehlinformation des Beklagten. Mit ihrem in dem Verkaufsprospekt wiedergegebenen Referenzschreiben habe die Klägerin bestätigt, dass sie eine Mittelverwendungskontrolle durchführen und die Kaufpreiszahlungen der Erwerber erst nach Fälligkeit freigeben werde. Damit habe sie den Erwerbern die Sicherheit vermittelt, dass die von ihnen gezahlten Gelder auch zweckgerecht für die Errichtung des Boarding-House verwendet werden würden. Die Einlösung der beiden Schecks Ende August 1992 sowie die weiteren Scheckzahlungen ab März 1993 hätten jedoch einer projektgerechten Mittelverwendung widersprochen, da sie ohne erkennbare Gegenleistung erfolgt seien. Nach dem Inhalt des Referenzschreibens habe der Beklagte davon ausgehen können, dass die Klägerin eine projektgerechte Mittelverwendung bis zur Fertigstellung des Gebäudes überwachen werde. Die Bestätigung der Mittelverwendungskontrolle stelle eine vorvertragliche Fehlinformation dar, die zum Vertragsabschluss mit dem Beklagten geführt habe. Dadurch sei diesem ein Schaden entstanden, der in der Beteiligung an dem Steuersparmodell zu sehen sei. Es spreche ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Beklagte sich ohne die Fehlinformation nicht zu einer Beteiligung an dem Modell und zum Abschluss des Darlehensvertrages entschlossen hätte. Die Klägerin schulde dem Beklagten deshalb die Befreiung von der eingegangenen Darlehensverbindlichkeit.

Der Beklagte könne seinen Schadensersatzanspruch auch auf eine Hinweispflichtverletzung der Klägerin stützen. Die Klägerin habe zwar keinen aufklärungsbedürftigen Wissensvorsprung gegenüber dem Beklagten gehabt und habe auch ihre Rolle als Kreditgeberin nicht überschritten. Sie müsse sich aber das Handeln der von der Bauträgerin eingeschalteten Vertriebspersonen zurechnen lassen, die sie auch für die Anbahnung des Darlehensvertrages, also in ihrem Pflichtenkreis, eingesetzt habe. Deshalb habe sie dem Beklagten nicht nur eine zutreffende und vollständige Information, sondern auch den Risikohinweis geschuldet, dass sie für Erklärungen der bei der Vertragsanbahnung eingeschalteten selbstständigen Vermittler nicht einzustehen bereit sei. Hätte sie diesen Hinweis gegeben, hätte ein Anleger typischerweise Abstand von dem Anlagemodell genommen.

Ferner habe die Klägerin durch die sorgfaltswidrige Durchführung der Mittelverwendungskontrolle einen zusätzlichen Gefährdungstatbestand geschaffen bzw. dessen Entstehung begünstigt. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt habe sie als Schwachpunkt des Modells die Pächterin und die Pachteinnahmen erkennen und dem Beklagten einen Risikohinweis im Hinblick auf die Finanzierung und Leistungsfähigkeit der Pächterin geben müssen.

Der Beklagte könne dem Darlehensanspruch der Klägerin ferner die Einwendungen aus dem finanzierten Erwerbsgeschäft entgegenhalten. Dieses sei nicht wirksam zu Stande gekommen, weil die der Treuhänderin erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei und ein Vertrauensschutz nach den §§ 171 ff. BGB für die Bauträgerin, die den Geschäftsbesorgungsvertrag und die Vollmacht selbst entworfen habe, nicht in Betracht komme. Der hier abgeschlossene Realkreditvertrag und das Erwerbsgeschäft seien allerdings kein verbundenes Geschäft, da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG vorlägen und § 9 VerbrKrG deshalb keine Anwendung finde.

Der Beklagte habe jedoch den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen, da ihm eine dem Haustürwiderrufsgesetz entsprechende Belehrung nicht erteilt worden und der Klägerin die Haustürsituation auch zuzurechnen sei. Nach § 3 HWiG könne der Darlehensgeber zwar grundsätzlich Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages nebst marktüblicher Verzinsung verlangen. Dies könne ihm aber gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben versagt sein, wenn eine wirtschaftliche Einheit zwischen Darlehen und Erwerbsgeschäft anzunehmen sei. Dabei könne schon für die Anwendung des § 242 BGB auf die differenzierten Kriterien abgestellt werden, die der Gesetzgeber in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB neuerdings für verbundene Geschäfte zu Grunde lege. Danach genüge es für eine wirtschaftliche Einheit u. a., wenn der Darlehensgeber über die zur Verfügungstellung des Darlehens hinaus den Erwerb des Grundstücks durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördere, indem er diesen einseitig begünstige. Hier habe die Klägerin die Bauträgerin einseitig begünstigt, indem sie trotz Fehlens eines Finanzierungskonzepts für Pacht und Pächterin das gesamte Vorhaben mit einer Finanzierung ins Blaue hinein zu Lasten der Anleger durchgezogen habe.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Dem Beklagten stehen Schadensersatzansprüche, die er dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin nach Treu und Glauben entgegenhalten könnte, nicht zu (1., 2.). Auch auf einen Einwendungsdurchgriff kann er sich nicht berufen (3.).

1. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht bereits, soweit es einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen die Klägerin mit einer vorvertraglichen fahrlässigen Fehlinformation begründet, die sich aus dem in dem Verkaufsprospekt abgedruckten Schreiben der Klägerin und ihrer dortigen Erklärung über die Durchführung einer Mittelverwendungskontrolle ergebe. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung, die Klägerin habe in diesem Schreiben eine projektgerechte Mittelverwendungskontrolle bezüglich des darin nicht erwähnten Projektkontos der Bauträgerin zugesagt, gefolgt werden könnte. Denn entgegen der Annahme des Berufungsgerichts lässt sich schon eine Fehlinformation des Beklagten nicht feststellen. Der Beklagte hat nicht vorgetragen und das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Klägerin die Zahlungen vom Projektkonto der Bauträgerin nicht überwacht hat. Vorgetragen und festgestellt ist lediglich, dass es im August 1992 und ab März 1993 zu Zahlungen von diesem Konto gekommen ist, deren Hintergrund und Zweck unbekannt sind. Dieser Umstand kann - wie das Berufungsgericht angenommen hat - allenfalls den Vorwurf rechtfertigen, die Klägerin habe die ihr obliegende Mittelverwendungskontrolle nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt; er lässt aber nicht den Schluss zu, die Klägerin habe eine solche Kontrolle überhaupt nicht vorgenommen und von Anfang an nicht vorgehabt. Nur in diesem Fall wären aber die Prospektangaben unrichtig. Der Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei der Mittelverwendungskontrolle könnte allerdings - vorausgesetzt, die Klägerin hätte sich gegenüber dem Beklagten zur Durchführung einer solchen verpflichtet - seinerseits eine Schadensersatzhaftung der Klägerin begründen. Dazu müsste dem Beklagten jedoch gerade durch die Sorgfaltspflichtverletzung bei der Mittelverwendungskontrolle ein Schaden entstanden sein. Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich; das Boarding-House ist im Februar 1993 fertig gestellt und alsdann betrieben worden.

2. a) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss bejaht, weil die Klägerin den Beklagten nicht darauf hingewiesen habe, dass sie für Erklärungen der bei der Vertragsanbahnung eingeschalteten selbstständigen Vermittler nicht einzustehen bereit gewesen sei.

Die Klägerin muss sich ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers durch unrichtige Erklärungen zum Erwerb des Hotel-Appartements nicht gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird der im Rahmen von Bauherren-, Bauträger- oder Erwerbermodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331 [333] = MDR 2003, 224 = BGHReport 2003, 186; Urt. v. 27.6.2000 - XI ZR 174/99, MDR 2000, 1201 = WM 2000, 1685 [1686] m. w. N.; Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [922]; Urt. v. 29.4.2003 - XI ZR 201/02, ZIP 2003, 1692 [1693 f.]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 = MDR 2003, 1244 = WM 2003, 1710 [1713]; Urt. v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2327 [2333]). Möglicherweise falsche Erklärungen zum Wert des Objekts und zur monatlichen Belastung des Beklagten betreffen nicht den Darlehensvertrag, sondern die Rentabilität des Anlagegeschäfts und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank (BGH, Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [922]; Urt. v. 3.6.2003 - XI ZR 289/02, BGHReport 2003, 1077 = MDR 2003, 1244 = WM 2003, 1710 [1713]; Urt. v. 14.10.2003 - XI ZR 134/02, BGHReport 2004, 110 = WM 2003, 2327 [2333]). Eine Aufklärung des Beklagten über diese Rechtslage schuldete die Klägerin nicht.

Dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, für Pflichtverletzungen der von ihr eingeschalteten Vermittler im Zusammenhang mit der Anbahnung von Darlehensverträgen einzustehen, hat der Beklagte nicht geltend gemacht und das Berufungsgericht nicht festgestellt. Darüber hinaus ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Vermittler im Zusammenhang mit der Anbahnung des Darlehensvertrages eine Pflichtverletzung begangen hätte. Der Erteilung des vom Berufungsgericht vermissten Hinweises bedurfte es deshalb insgesamt nicht.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Klägerin wegen Verletzung einer Hinweispflicht mit der Begründung bejaht, die Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt eines durch mangelnde Sorgfalt bei der Mittelverwendungskontrolle geschaffenen besonderen Gefährdungstatbestandes zu einem Risikohinweis auf die unzureichende Finanzierung und Leistungsfähigkeit der Pächterin verpflichtet gewesen. Es ist weder vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt, dass die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrages von einer unzulänglichen Finanzierung der Pächterin Kenntnis gehabt hätte oder dass ihr eine - im Übrigen durch eine eventuelle Sorgfaltswidrigkeit bei der Mittelverwendungskontrolle weder geschaffene noch begünstigte - mangelnde Leistungsfähigkeit der Pächterin positiv bekannt gewesen sei. Deshalb kommt insoweit auch eine Hinweispflicht der Klägerin wegen eines konkreten Wissensvorsprungs nicht in Betracht. Unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs ist eine Bank nämlich nur verpflichtet, vorhandenes, von ihr als wesentlich erkanntes Wissen zu offenbaren, nicht aber, sich einen Wissensvorsprung erst zu verschaffen (BGH, Beschl. v. 28.1.1992 - XI ZR 301/92, WM 1992, 601 [602]; Urt. v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = WM 1992, 901 [904]; v. 5.5.1992 - XI ZR 242/91, MDR 1992, 1144 = WM 1992, 1355 [1359]; v. 18.11.2003 - XI ZR 322/01, ZIP 2004, 209 [211]).

3. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, der Beklagte könne der Klägerin Einwendungen aus dem finanzierten Immobilienkauf entgegenhalten.

a) Zutreffend ist allerdings, dass das Berufungsgericht einen Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG (in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung) als ausgeschlossen angesehen hat. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass es sich bei dem Realkreditvertrag der Parteien um einen solchen gehandelt habe, der zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden sei, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Rechtsirrig ist es aber, dass das Berufungsgericht einen Einwendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätzen der Rechtsprechung zum verbundenen Geschäft (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.5.2000 - V ZR 322/98, MDR 2000, 945 = WM 2000, 1287 [1288] m. w. N.) bejaht hat. Ein Rückgriff auf die von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwickelten und später auf fremdfinanzierte Geschäfte anderer Art erweiterten (vgl. die Nachweise bei Emmerich in v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rz. 28), aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über den Einwendungsdurchgriff kommt hier nicht in Betracht. Dem Gesetzgeber des § 9 VerbrKrG war diese Rechtsprechung bekannt. Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Verbraucherkreditgesetz (BT-Drucks. 11/5462, 12, 23 f.) sollte mit § 9 VerbrKrG in Anlehnung an diese Rechtsprechung eine gesetzliche Regelung geschaffen werden. Dabei wurden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Teil übernommen (BT-Drucks. 11/5462, 23), zum Teil aber auch - etwa bei der Anknüpfung des Einwendungsdurchgriffs an objektive Umstände (vgl. Emmerich in v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 9 Rz. 39 f.; Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6 S. 6, [13, 29]) - modifiziert. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entscheidung des Gesetzgebers, Realkredite von der in § 9 VerbrKrG geschaffenen Vorschrift über verbundene Geschäfte unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auszunehmen, als bewusst getroffene, abschließende Regelung anzusehen, die den Rückgriff auf den aus § 242 BGB hergeleiteten richterrechtlichen Einwendungsdurchgriff grundsätzlich ausschließt (Habersack in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 9 VerbrKrG Rz. 79; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, 2001, § 9 VerbrKrG Rz. 46; Scholz, Verbraucherkreditverträge, 2. Aufl., Rz. 377; Lieb, WM 1991, 1533 [1541 f.]; Hattenhauer, JuS 2002, 1162 [1163]; Tonner, BKR 2002, 856 [860]; Knott, WM 2003, 49 [52]; a. A. für Fälle außerhalb des Anwendungsbereiches des VerbrKrG: Canaris, ZIP 1993, 401 [411 f.]; s. auch Emmerich in Hadding/Hopt, Das neue Verbraucherkreditgesetz, S. 67 [73]).

c) Eine Heranziehung der aus § 242 BGB von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über verbundene Geschäfte kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Beklagte - was das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht hat - den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen hat. Dann sind die empfangenen gegenseitigen Leistungen nach § 3 HWiG (in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung) zurückzugewähren.

aa) Der Beklagte vermag sich in diesem Zusammenhang von seiner Verpflichtung, der Klägerin den empfangenen Geldbetrag zurückzuzahlen, nicht dadurch zu befreien, dass er die Klägerin auf die von ihm erworbene Immobilie verweist. Damit würde das Risiko der Verwendung des empfangenen Darlehens zu Unrecht auf den Kreditgeber abgewälzt. Dieses Verwendungsrisiko trägt ein Darlehensnehmer sogar dann, wenn der Kreditvertrag aus Gründen unwirksam ist, die die Rechte des Darlehensnehmers weit stärker tangieren als ein Abschluss eines Kreditvertrages in oder auf Grund einer Haustürsituation. So hat ein Darlehensnehmer das empfangene Darlehenskapital etwa auch dann uneingeschränkt zurückzuzahlen, wenn der Kreditvertrag wegen Wuchers oder deshalb nichtig ist, weil der Darlehensnehmer ihn wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten hat. Auch in diesen Fällen ist einem Kreditnehmer die Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung infolge Untergangs der Darlehensvaluta nach allgemeinen Grundsätzen versagt. Er weiß, dass er das ihm zur zeitweiligen Nutzung überlassene Kapital nicht auf Dauer behalten darf, und steht deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BGH dem Empfänger einer Leistung gleich, der den Mangel des Rechtsgrundes kennt und deshalb nach § 819 BGB verschärft haftet (BGH v. 25.3.1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293 [295] = MDR 1982, 661; v. 8.10.1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268 [270 f.] = MDR 1992, 151; Urt. v. 17.1.1995 - XI ZR 225/93, MDR 1995, 593 = WM 1995, 566 [567]; Urt. v. 2.2.1999 - XI ZR 74/98, MDR 1999, 731 = WM 1999, 724 [725]).

Das ist bei einem Kreditnehmer, der einen Darlehensvertrag gem. § 1 HWiG wirksam widerrufen hat, nicht anders. Auch er weiß, dass er das ihm nur zur zeitweiligen Nutzung überlassene Kapital letztlich nicht behalten darf. An der deshalb nach § 819 BGB verschärften Haftung ändert die Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 3 HWiG nichts. Sie bürdet allein die Gefahr des zufälligen Untergangs und der nicht zu vertretenden Verschlechterung einer Sachleistung, die zum endgültigen Verbleib im Vermögen des Kunden erbracht wurde, dem Geschäftspartner auf. Das mit der Verwendung der - vereinbarungsgemäß zurückzuzahlenden - Darlehensvaluta verbundene wirtschaftliche Risiko hat damit nichts zu tun; zur Rückgewähr des ausbezahlten Darlehenskapitals bleibt der Kunde deshalb nach § 3 Abs. 1 HWiG auch bei verlustreichen Geschäften verpflichtet (BGH, Urt. v. 2.2.1999 - XI ZR 74/98, MDR 1999, 731 = WM 1999, 724 [725]).

bb) Damit wird der Schutzzweck des Haustürwiderrufsgesetzes nicht verfehlt. Das Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 HWiG dient dem Zweck, die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Kunden zu gewährleisten, indem es ihm die Möglichkeit einräumt, sich von einem auf Grund einer - mit einem Überraschungsmoment verbundenen - Haustürsituation geschlossenen Vertrag zu lösen. Bei einem Darlehensvertrag dient das Widerrufsrecht jedoch nicht dem Ziel, das wirtschaftliche Risiko der Verwendung des Darlehens vom Darlehensnehmer auf den Darlehensgeber abzuwälzen. Dieses Verwendungsrisiko verbleibt vielmehr beim Darlehensnehmer; andernfalls würde er besser stehen als ein Anleger, der den Immobilienerwerb aus eigenen Mitteln finanziert hat.

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung vermag der Beklagte den Forderungen der Klägerin keine eigenen Ansprüche aus Prospekthaftung - i. e. S. - entgegenzuhalten, da die Klägerin nicht zu dem Personenkreis gehört, der einer Prospekthaftung unterworfen ist. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH unterliegen der Prospekthaftung die Herausgeber des Prospekts und die für die Prospekterstellung Verantwortlichen, insbesondere die das Management bildenden Initiatoren, Gestalter und Gründer einer Publikums-Kommanditgesellschaft, sowie die hinter der Anlagegesellschaft und der Komplementär-GmbH stehenden Personen, die neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausüben und Mitverantwortung tragen (vgl. BGH v. 24.4.1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284 [287]; v. 16.11.1978 - II ZR 94/77, BGHZ 72, 382 [385 f.]; v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [341] = MDR 1981, 648; Urt. v. 21.5.1984 - II ZR 83/84, MDR 1985, 28 = WM 1984, 889). Hierzu zählt etwa auch eine Bank, wenn sie Treuhandkommanditistin und Mitherausgeberin des Prospektes ist (BGH, Urt. v. 14.1.1985 - II ZR 41/84, WM 1985, 533). Daneben trifft eine Prospektverantwortlichkeit auch diejenigen, die auf Grund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder auf Grund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionsprospekt einen Vertrauenstatbestand schaffen (BGH, Urt. v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = WM 1992, 901 [906] m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen kommt eine Prospekthaftung hier nicht in Betracht, da eine Mitwirkung der Klägerin an der Prospektgestaltung nicht nach außen hervorgetreten ist. Dafür reicht weder die namentliche Benennung der Klägerin als diejenige Bank, die die Objektfinanzierung übernommen hat, noch der Umstand aus, dass mit ihrem Einverständnis ein von ihr stammendes Schreiben als ein solches der "bauzwischenfinanzierenden Bank" im Verkaufsprospekt abgedruckt worden ist. Dass darin die Ankündigung enthalten ist, die Prüfung der Voraussetzungen für die Freigabe von Anlegergeldern zu übernehmen, lässt nicht den Schluss auf die Übernahme der Gesamtverantwortung für den Erfolg des Projekts durch das Kreditinstitut zu (vgl. Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 45 Rz. 33).

2. Anders als die Revisionserwiderung meint, besteht auch kein Schadensersatzanspruch des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Aufklärungspflicht der Klägerin wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle. Eine solche Aufklärungspflicht setzt voraus, dass die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH, Urt. v. 31.3.1992 - XI ZR 70/91, MDR 1992, 767 = WM 1992, 901 [905]; v. 12.11.2002 - XI ZR 25/00, BGHReport 2003, 237 = ZIP 2003, 160 [161]; v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [922]). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier schon deshalb nicht erfüllt, weil das Engagement der Klägerin für das Projekt des Boarding-House und dessen Gesamtfinanzierung nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht nach außen in Erscheinung getreten ist. Dem im Verkaufsprospekt abgedruckten Schreiben der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass sie über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgegangen wäre und etwa Aufgaben des Vertriebs übernommen hätte. Dafür reicht die Führung der Treuhandkonten für die Käufer sowie die Ankündigung, eine Mittelverwendungskontrolle durchzuführen, nicht aus, da die Klägerin damit keine Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen hat, sondern sich auf solche beschränkt hat, die für ein finanzierendes Kreditinstitut nicht unüblich sind.

3. Die Klägerin war auch nicht wegen eines schwer wiegenden Interessenkonflikts aufklärungspflichtig. Ein solcher ist nicht schon deshalb zu bejahen, weil eine finanzierende Bank zugleich Kreditgeberin des Bauträgers oder Verkäufers und des Erwerbers ist (BGH, Urt. v. 21.1.1988 - III ZR 179/86, MDR 1988, 649 = WM 1988, 561 [562]; Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = WM 2003, 918 [921] m. w. N.). Ein schwer wiegender Interessenkonflikt kann vielmehr nur dann vorliegen, wenn zu dieser "Doppelfinanzierung" besondere Umstände hinzutreten. Solche zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Gegen die Annahme, die Klägerin könnte das Risiko eines Not leidend gewordenen Kreditengagements bei der Bauträgerin auf die Erwerber abgewälzt haben, spricht vor allem der Umstand, dass das Boarding-House im Februar 1993 fertig gestellt wurde und seinen Betrieb aufnehmen konnte, während der Konkurs der Bauträgerin erst im Herbst 1995 eintrat.

IV.

Das Urteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen. Über den Anspruch der Klägerin aus § 3 HWiG kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das Berufungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen zur Höhe der aus § 3 HWiG sich ergebenden wechselseitigen Forderungen der Parteien getroffen. Das wird nachzuholen sein. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1124916

BB 2004, 738

DB 2004, 701

NJW 2004, 1376

BGHR 2004, 819

EBE/BGH 2004, 3

EWiR 2004, 883

NZM 2004, 314

WM 2004, 620

WuB 2004, 493

ZIP 2004, 606

ZfIR 2004, 728

MDR 2004, 641

BTR 2004, 135

ZBB 2004, 155

ZGS 2004, 154

BBV 2004, 39

ImmoStR 2004, 296

JWO-VerbrR 2004, 106

LL 2004, 380

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