Rz. 114

Aus dem Wortlaut des § 850c Abs. 4 ZPO a.F. (jetzt § 850c Abs. 6 ZPO[175]), der durch das 4. Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen v. 28.2.1978,[176] in Kraft getreten am 1.4.1978, eingeführt worden ist, ist zu schließen, dass der Drittschuldner einen Unterhaltsberechtigten, dem der Schuldner Unterhalt gewährt oder zu Unterhalt verpflichtet ist, grds. immer zu berücksichtigen hat. Insbesondere ist der Drittschuldner nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Unterhaltsberechtigte über eigene Einkünfte verfügt und damit ggf. unberücksichtigt zu bleiben hat.

 

Rz. 115

In der Praxis taucht dieses Problem häufig bei einem mitarbeitenden Ehegatten/Lebenspartner auf bzw. wenn beide Ehegatten/Lebenspartner arbeiten und gegen Beide im Wege der Pfändung des Arbeitseinkommens vollstreckt wird.

 

Rz. 116

Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie gem. § 1360 BGB verpflichtet sind, sich angemessen an den gesamten Kosten des Familienunterhalts zu beteiligen. Dabei ist bei der Pfändung der Freibetrag für den ebenfalls erwerbstätigen Ehegatten stets zu berücksichtigen. Der Freibetrag für den Ehegatten wird daher nur ausnahmsweise in Wegfall kommen können.[177] Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Ehegatten über eigenes Einkommen verfügen und getrennt leben. In diesem Fall wird die Unterhaltspflicht regelmäßig mit der Folge aufgehoben, dass kein weiterer Freibetrag zu berücksichtigen ist.[178]

 

Rz. 117

Hat eine Person, der der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, kann durch das Vollstreckungsgericht bestimmt werden, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Hierzu muss der Gläubiger jedoch ausdrücklich einen entsprechenden Antrag stellen (§ 850c Abs. 4 ZPO a.F.).

 

Rz. 118

Beschließt das Gericht, dass der Unterhaltsberechtigte vollständig nicht zu berücksichtigen ist, kann der Pfändungsfreibetrag wiederum aus der amtlichen Tabelle ermittelt werden. Ist die unterhaltsberechtigte Person dagegen nur teilweise nicht zu berücksichtigen, muss das Vollstreckungsgericht den Pfändungsfreibetrag konkret bestimmen. Ein Blankett-Beschluss unter Bezugnahme auf die amtliche Tabelle soll nicht zulässig sein (§ 850c Abs. 6 letzter Hs. ZPO).[179] Dies ist nicht nur unpraktikabel, sondern auch nicht zwingend.[180] M.E. sollte im Beschluss die teilweise Nichtberücksichtigung mit einer festen Quote ausgewiesen werden, danach kann wieder auf die Lohnpfändungstabelle Bezug genommen werden, der Drittschuldner kann den pfändbaren Betrag aus der Tabelle selbst errechnen. Mit dieser Methode wird insbes. dem schwankenden Einkommen des Schuldners und damit sowohl dem Gläubiger- als auch Schuldnerinteresse Rechnung getragen.[181]

[175] Ab dem 1.12.2021 wurde Abs. 4 zu § 850c Abs. 6 ZPO (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz –PkoFoG – vom 22.11.2020, BGBl I 2020, 2466).
[176] BGBl I 1978, 333.
[177] BAG Rpfleger 1975, 298 = NJW 1975, 1296; BAG v. 23.2.1983 – 4 AZR 508/81, BAGE 42, 54.
[178] BAG v. 23.2.1983, BAGE 42, 54 = FamRZ 1983, 899 = ZIP 1983, 1247; LG Göttingen v. 8.1.1999 – 5 T 261/98, JurBüro 1999, 271.
[179] Hierzu ausführlich Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, Rn C.278, im Ergebnis aber auch krit.
[180] Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, § 850c Rn 12.
[181] Hintzen, NJW 1995, 1861 ff.

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