Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung der Offenlegung und Nutzung von Geschäftsgeheimnissen. Verfügungsgrund bei befürchteter Weitergabe geheimer Geschäftsunterlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Muss der Verfügungskläger befürchten, dass der Verfügungsgegner Excel-Tabellen und E-Mail-Korrespondenz nutzen oder offenlegen will, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten, kann er einen Verfügungsanspruch aus § 4 Abs. 2 Nr. 1a und § 6 GeschGehG sowie § 241 Abs. 2 BGB haben.

2. Muss der Verfügungskläger befürchten, dass durch die Weitergabe unternehmensrelevanter sensibler Informationen und Daten die Unternehmenslage in ihrer Marktposition geschwächt oder gefährdet wird, besteht Eilbedürftigkeit i.S.d. §§ 935, 940 ZPO. Eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile dringend erforderlich.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940; BGB § 241 Abs. 2; GeschGehG §§ 2, 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1a, § 6

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Entscheidung vom 05.05.2021; Aktenzeichen 2 Ga 1/21)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 05.05.2021, 2 Ga 1/21, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und dem Beklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten aufgegeben, es zu unterlassen, die Inhalte der diesem Beschluss angefügten - vorliegend teilweise geschwärzten - Anlagen (Tabelle - bestehend aus zwei Seiten - mit dem Vermerk ANLAGE AS 1; Tabelle - bestehend aus zwei Seiten - mit dem Vermerk ANLAGE AS 2; E-Mail-Korrespondenz - bestehend aus elf Seiten - mit dem Vermerk ANLAGE AS 3) in Gestalt von Dateien, E-Mails, Dokumenten, Ausdrucken oder sonstigen Verkörperungen hiervon zu nutzen und/oder Dritten offenzulegen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zu 50 %.

 

Tatbestand

- Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2, 4 S. 2 ArbGG i.V.m. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen -.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Verfügungsklägerin (im Folgenden nur Klägerin) hat nur zum Teil Erfolg.

A. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 ArbGG statthaft und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässig sowie in gesetzlicher Form und Frist nach den §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519 ZPO eingelegt und fristgerecht ordnungsgemäß begründet worden.

B. Die Berufung ist nur zum Teil begründet.

I. Der Klageantrag ist zulässig.

Ein Unterlassungsantrag muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und der Beklagte erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben; die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf grundsätzlich nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden. Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe oder Bezeichnungen kann dabei allerdings hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten sein, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht bzw. wenn dessen Auslegung zwischen den Parteien nicht streitig ist. Welche Anforderungen dabei an die Konkretisierung des Streitgegenstandes im Unterlassungsantrag zu stellen sind, ist auch abhängig von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalles (LAG Düsseldorf, 03.06.2020, 12 SaGa 4/20, Rn. 93 m.w.N.).

Zu Recht hat das Arbeitsgericht danach im Beschluss vom 04.03.2021 festgehalten, dass der Klageantrag hinreichend bestimmt ist. Die teilweise Schwärzung der Inhalte der bezeichneten Dokumente ist unschädlich, da die Anfügung der Anlagen allein der Identifizierung der betreffenden Dokumente und nicht der Feststellung des einzelnen Inhalts dient. Dies gilt umso mehr, als zwischen den Parteien unstreitig ist, dass und konkret welche Unterlagen sich der Verfügungsbeklagte (im Folgenden Beklagter) an seinen privaten Email-Account übersandte bzw. um welche Informationen überhaupt gestritten wird. Die Beifügung nicht geschwärzter Anlagen würde dem Geheimhaltungsbedürfnis der Klägerin zuwiderlaufen. Die Schwierigkeiten, die bei der Abgrenzung zwischen der von der Rechtsordnung erlaubten Nutzung des Erfahrungswissens und der unbefugten Nutzung von Geschäftsgeheimnissen entstehen könnten, ergeben sich unabhängig von einer Schwärzung.

II. Der Klageantrag ist jedoch nur zum Teil begründet.

1. Die Klägerin hat einen Verfügungsanspruch aus §§ 6,4 Abs. 2 Nr. 1a GeschGehG ebenso wie aus § 241 ...

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