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BAG Urteil vom 29.09.2004 - 10 AZR 88/04

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Jubiläumszuwendung. Dienstordnungsangestellter. Gleichbehandlung. Gratifikation/Sondervergütung. Tarifrecht öffentlicher Dienst. Arbeitsvertragsrecht. Prozessrecht

 

Orientierungssatz

Ein Dienstordnungsangestellter, für den die Dienstordnung in Verbindung mit dem einschlägigen Landesbesoldungsrecht keine Jubiläumszuwendung vorsieht, kann eine solche Zuwendung auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit Tarifangestellten verlangen.

 

Normenkette

ZPO § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 4; KVLG § 58; SGB VII §§ 144 ff.; LBG NW § 90; SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 5 Sa 1231/03)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.2003; Aktenzeichen 12 Ca 11228/02)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2003 – 5 Sa 1231/03 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger eine Jubiläumszuwendung zu zahlen ist.

Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 1972 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Dienstordnungsangestellter beschäftigt. Er wird derzeit nach Besoldungsgruppe A 13 vergütet.

Das Anstellungsverhältnis der Parteien richtete sich seit dem 1. Juli 1976 nach der “Dienstordnung für die Angestellten der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft” vom 19. Mai 1976. In dieser Dienstordnung heißt es ua.:

“§ 3

Anwendung des Beamtenrechts

(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Rechtsverhältnisse der Angestellten die jeweiligen Vorschriften für Bundesbeamte, insbesondere über

  • die Pflichten der Beamten,
  • die Rechte der Beamten,
  • die Versorgung der Beamten,

entsprechend.”

Ab dem 1. Januar 1995 fanden auf das Anstellungsverhältnis der Parteien die Bestimmungen der “Dienstordnung für die Angestellten der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft” (DO 1995) idF vom 13. Dezember 1994/23. Mai 1995 Anwendung. In der DO 1995 finden sich ua. folgende Regelungen:

“§ 3

Anwendung des Beamtenrechts

(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Rechtsverhältnisse der Angestellten die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte NW, insbesondere über

  • die Pflichten der Beamten,
  • die Rechte der Beamten,
  • die Versorgung der Beamten,

entsprechend.

…

§ 13

Überleitung

Auf den bisherigen Dienstverträgen und Dienstordnungen – sowie den Übergangsvorschriften des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) – beruhende günstigere Rechtsverhältnisse der Angestellten bleiben unberührt, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.”

§ 80b BBG bestimmt, dass bei Dienstjubiläen eine Jubiläumszuwendung nach Maßgabe einer entsprechenden Rechtsverordnung gezahlt werden kann. § 2 JubV idF vom 13. März 1990 (BGBl. I S. 488) sah bei einer Dienstzeit von 40 Jahren die Zahlung einer Jubiläumszuwendung in Höhe von 800,00 DM (heute: 410,00 Euro) vor.

Nach § 90 LBG NW konnte durch entsprechende Rechtsverordnung auch die Zahlung von Jubiläumsgeldern für Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen geregelt werden. § 2 der JZV (GV NW 1971 S. 258) sah demgemäß idF der Sechsten Verordnung zur Änderung der JZV vom 1. Dezember 1987 (GV NW S. 482) ebenso eine Jubiläumszuwendung von 800,00 DM bei einer 40-jährigen Dienstzeit vor. Die Bestimmungen der JZV wurden allerdings durch Art. 14 des Gesetzes zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen vom 25. November 1997 (GV NW S. 330, 440) mit Wirkung zum 1. Januar 1998 ersatzlos aufgehoben.

Der Kläger beging am 16. August 2000 sein 40-jähriges Dienstjubiläum und verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 17. Juli 2002 vergeblich die Zahlung einer Jubiläumszuwendung. Mit seiner am 23. Dezember 2002 beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und ua. die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung in Höhe eines Monatsgehalts nach dem Tarifvertrag vom 1. September 1993 zur Übernahme des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) für die Angestellten der Träger und Verbände der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) zu; jedenfalls folge ein solcher Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Spätestens nach der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer vom 9. Dezember 1989 sei das Dienstordnungsrecht an den Grundsätzen europäischen Arbeitsrechts zu messen. Dienstordnungsangestellte seien Arbeitnehmer. Arbeitnehmervereinigungen stehe nach der genannten Charta das Recht zur Aushandelung und zum Abschluss von Tarifverträgen zu. In einem Tarifvertrag für Dienstordnungsangestellte wäre zweifelsfrei ein Monatsgehalt als Jubiläumszuwendung vorgesehen worden. Es gehe nicht an, dass es ihm, dem Kläger, als Dienstordnungsangestellten faktisch versagt werde, als Mitglied einer Koalition sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einzusetzen und dafür zu streiken, weil sein Status vorrangig gesetzlich und durch Richterrecht bestimmt werde. Die Verschlechterung hinsichtlich der Jubiläumszuwendungen zum 1. Januar 1998 verstoße gegen § 146 SGB VII. Eine Dienstordnung, die für den Fall eines 40-jährigen Dienstjubiläums keinerlei Jubiläumszuwendung vorsehe, sei im Übrigen nicht angemessen iSv. § 144 SGB V (gemeint ist wohl SGB VII).

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 4.015,06 Euro sowie 4 % Zinsen daraus ab 22. Januar 2002 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 3.942,25 Euro sowie 4 % Zinsen daraus ab dem 17. August 2000 zu zahlen,

äußerst hilfsweise,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 410,00 Euro netto zu zahlen sowie 4 % Zinsen daraus ab 17. August 2002.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, tarifliche Vorschriften seien schon deshalb nicht anwendbar, weil deren Anwendung zwischen den Parteien nicht vereinbart sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

  • Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Kläger sie im zweiten Rechtszug nur noch gegen die Beklagte, “vertreten durch den Vorstand”, gerichtet habe, obwohl nur der Hauptgeschäftsführer der nach der Satzung zuständige Vertreter gewesen wäre. Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet. Mit Tarifangestellten seien Dienstordnungsangestellte nicht vergleichbar. Die pauschal gehaltenen Hinweise des Klägers auf einen Verstoß des Dienstordnungsrechts gegen Art. 9 GG und gegen die Bestimmungen der Gemeinschaftscharta vom 9. Dezember 1989 ließen nicht erkennen, ob und in welchem Umfang diese Normen verletzt seien. Zudem übersehe der Kläger, dass sein Arbeitsverhältnis, selbst wenn es nicht mehr unter die Bestimmungen der jeweils geltenden Dienstordnungen falle, nicht automatisch in den Geltungsbereich des BAT gelange; dafür hätte es nämlich einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Verweisung bedurft. Es stelle ein widersprüchliches Verhalten iSv. § 242 BGB dar, wenn der Kläger einerseits Ansprüche aus seinem Dienstordnungsvertrag und der Dienstordnung geltend mache, sich andererseits aber zur Begründung darauf berufe, die Dienstordnung sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam.

    Aber auch auf Bundesbeamtenrecht könne sich der Kläger nicht berufen, weil für ihn seit dem 1. Januar 1995 das Landesbeamtenrecht Nordrhein-Westfalen gelte. Die DO 1995 enthalte keine unwirksamen Bestimmungen und sei nicht deshalb unangemessen, weil sie keine Jubiläumszuwendungen vorsehe, denn dies sei, wie gerade das Beamtenrecht für Nordrhein-Westfalen belege, nicht mehr ungewöhnlich.

    Die Überleitungsvorschrift in § 13 DO 1995 sei nicht einschlägig, weil zum Zeitpunkt des Rechtswechsels am 1. Januar 1995 im Bundesrecht keine günstigere Regelung als im Landesrecht bestanden habe. Die bundesrechtliche Regelung sei deshalb durch die landesrechtliche Regelung abgelöst worden. Danach habe es zu keinem Wiederaufleben der bundesrechtlichen Regelung mehr kommen können.

  • Dem folgt der Senat im Ergebnis und teilweise auch in der Begründung.

    1. Mit Recht macht der Kläger allerdings geltend, dass das Landesarbeitsgericht seine Klage nicht deshalb als unzulässig hätte abweisen dürfen, weil er in der Berufungsinstanz nur den Vorstand als Vertreter der Beklagten angegeben hatte, obgleich bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Beklagte durch ihren Hauptgeschäftsführer vertreten wird.

    Die korrekte Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters gemäß § 253 Abs. 4 iVm. § 130 Nr. 1 ZPO ist nur notwendig, soweit andernfalls keine Zustellung der Klage erfolgen kann (vgl. Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. § 253 Rn. 8; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann ZPO 62. Aufl. § 253 Rn. 7). Im Übrigen enthält § 130 Nr. 1 ZPO eine bloße Soll-Vorschrift, die die Zulässigkeit der Klage nicht berührt (vgl. Zöller/Greger aaO § 130 Rn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann aaO). Insbesondere bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist die jeweilige Vertretungsbefugnis im Einzelfall oft schwierig festzustellen; die falsche Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters schadet hier nicht (Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. § 51 Rn. 7). Das Rubrum war deshalb entsprechend der zutreffenden Vertretung der Beklagten zu fassen.

    2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

    a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung in Höhe eines Monatsgehalts gemäß § 3 Nr. 7 des Tarifvertrags vom 1. September 1993 zur Übernahme des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) für die Angestellten der Träger und Verbände der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV).

    aa) Angestellt wurde der Kläger nicht nach Tarifvertrag, sondern gemäß Dienstordnung. Er selbst hat sich in freier Entscheidung durch Abschluss seines Anstellungsvertrags der maßgeblichen Dienstordnung unterstellt (vgl. BAG 1. Juni 1960 – 4 AZR 528/58 – BAGE 9, 257, 261; Brackmann/Krasney Handbuch der Sozialversicherung 12. Aufl. Bd. 3/2 § 144 Rn. 8; Siebeck Das Dienstrecht der Versicherungsträger 2. Aufl. S. 179). Daran hat sich seit seiner Anstellung am 1. Oktober 1972 nichts geändert und daran will der Kläger auch gar nichts ändern, wie die von ihm nicht bestrittene Behauptung der Beklagten belegt, er habe ein Angebot vom 23. Mai 2003 abgelehnt, ihn aus dem Dienstordnungsverhältnis auf seinen Antrag hin zu entlassen und ihn unter Anrechnung der Vordienstzeiten und Zahlung der vollen tariflichen Jubiläumszuwendung in ein Tarifarbeitsverhältnis zu übernehmen.

    bb) Rechtsgrundlage für die zur Zeit des Jubiläums des Klägers maßgebliche Dienstordnung ist § 58 KVLG 1989 idF des Art. 27 UVEG (BGBl. I 1988 S. 2557, 2568; BGBl. I 1996 S. 1254, 1316), wonach die §§ 144 bis 147 SGB VII gelten. Für Nordrhein-Westfalen bestimmt dazu § 1 Abs. 1 AbubesVG (Gesetz über die Anwendung beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften auf nichtbeamtete Angehörige des öffentlichen Dienstes) idF des Sechsten ÄndLBesG (GV NW 1987 S. 342; 1995 S. 371, 375), dass bei Aufstellung der Dienstordnung nach § 58 KVLG 1989 für die dienstordnungsmäßigen Angestellten der Rahmen des Bundesbesoldungsgesetzes, insbesondere das für die Beamten des Landes geltende Besoldungs- und Stellengefüge, einzuhalten ist und alle weiteren Geldleistungen und geldwerten Leistungen sowie die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Beamten des Landes geltenden Bestimmungen zu regeln sind.

    Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es nach Einführung des SGB VII durch das UVEG keiner erneuten Änderung der landesrechtlichen Vorgaben in § 1 Abs. 1 AbubesVG. Die Ausgangsnorm für die Dienstordnung blieb nämlich nach wie vor § 58 KVLG 1989. Auch verstoßen Anstellungsbedingungen, die eine Gleichstellung der Dienstordnungsangestellten hinsichtlich der Besoldung, der sonstigen Geldleistungen und geldwerten Leistungen sowie der Versorgung mit entsprechenden Landesbeamten gewährleisten, nicht gegen § 144 SGB VII. Diese Vorschrift stellt nämlich nicht darauf ab, ob jede einzelne den sonstigen Angestellten nach Tarifvertrag zustehende Leistung auch den Dienstordnungsangestellten gewährt wird, sondern verlangt lediglich allgemein eine angemessene Regelung der Anstellungsbedingungen. Bei der in § 1 Abs. 1 AbubesVG vorgeschriebenen Gleichstellung der Dienstordnungsangestellten mit den Landesbeamten ist eine solche Angemessenheit auf jeden Fall gewährleistet (vgl. Lauterbach/Hagenbruch Unfallversicherung 4. Aufl. § 144 Rn. 24, 28). Auch die DO 1995 musste deshalb insoweit nicht geändert werden.

    cc) Gegen die gesetzliche Beibehaltung des Dienstordnungsrechts bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken auf Grund von Art. 9 Abs. 3 GG. Den Dienstordnungsangestellten wird das Koalitionsrecht weder genommen noch geschmälert (BAG 1. Juni 1960 – 4 AZR 528/58 – BAGE 9, 257, 262; Brackmann Handbuch der Sozialversicherung 11. Aufl. Bd. 1/1 S. 166b). Soweit für Dienstordnungsangestellte Tarifverträge abgeschlossen werden, kann es allerdings zu einer Kollision mit Normen der Dienstordnung kommen (vgl. dazu BAG 26. September 1984 – 4 AZR 608/83 – BAGE 47, 1; Brackmann aaO S. 166h II, 166i; Brackmann/Krasney Handbuch der Sozialversicherung Bd. 3/2 12. Aufl. § 144 Rn. 13 und Siebeck Das Dienstrecht der Versicherungsträger 2. Aufl. S. 178 f., jeweils mwN). Dieses Kollisionsproblem bedarf jedoch keiner Erörterung, weil es keine Tarifverträge gibt, die nach ihrem Geltungsbereich auf das Dienstverhältnis der Parteien Anwendung finden könnten.

    Insbesondere erfasst entgegen der Ansicht des Klägers der Tarifvertrag vom 1. September 1993 zur Übernahme des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) für die Angestellten der Träger und Verbände der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) nicht auch die Arbeitsverhältnisse der Dienstordnungsangestellten. Gemäß § 1 Abs. 1 gilt dieser Tarifvertrag nur für Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind. Dienstordnungsangestellte, für die die Dienstordnung eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen vorsieht, sind jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI rentenversicherungsfrei. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, nach dem Tarifwortlaut komme es nur darauf an, ob die Beschäftigung als solche iSv. § 1 Nr. 1 SGB VI der Versicherungspflicht unterliege, nicht dagegen darauf, ob der eine solche Beschäftigung ausübende Angestellte unter besonderen Voraussetzungen versicherungsfrei sei, ist dem nicht zu folgen. § 5 Abs. 1 SGB VI bestimmt, dass die dort genannten Beschäftigten “in dieser Beschäftigung” versicherungsfrei sind. Damit sind sie gerade nicht “in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung” tätig, wie es § 1 Abs. 1 des Tarifvertrags verlangt. Diese Tarifvorschrift lässt es nach ihrem Wortlaut nicht genügen, dass die Beschäftigung der Angestellten “im Prinzip” oder “im Regelfall” der Rentenversicherung unterliegt, sondern verlangt dies für die (konkrete) Beschäftigung der Angestellten. Es gibt auch sonst keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit dem gewählten Wortlaut nur auf § 1 Nr. 1 SGB VI und die weiteren die Versicherungspflicht positiv regelnden Bestimmungen, nicht dagegen auf die Bestimmungen über die Versicherungsfreiheit und die Befreiung von der Versicherungspflicht abstellen wollten.

    b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung nach der DO 1995.

    aa) Die Dienstordnung selbst sieht keine Jubiläumszuwendung vor, sondern verweist in §§ 3 ff. gemäß den gesetzlichen Vorgaben in § 1 Abs. 1 AbubesVG auf die für Landesbeamte in Nordrhein-Westfalen geltenden Bestimmungen. Diese enthalten seit 1998 keine auf Jubiläumszuwendungen in Geld gerichtete Anspruchsgrundlage mehr.

    bb) Dass sich ein solcher Anspruch auch nicht aus der Überleitungsvorschrift des § 13 DO 1995 ergibt, haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt. Insoweit greift der Kläger das Berufungsurteil mit seiner Revision nicht an.

    cc) Ob § 146 Satz 2 SGB VII einen weitergehenden Besitzstandsschutz vorsieht, bedarf keiner Entscheidung. Insoweit ist schon höchst zweifelhaft, ob diese Vorschrift auch Änderungen der in der Dienstordnung in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Bestimmungen betrifft (vgl. Lauterbach/Hagenbruch Unfallversicherung 4. Aufl. § 146 Rn. 4). Jedenfalls hat der Kläger nicht behauptet, dass sein Dienstvertrag im Widerspruch zur DO 1995 steht. Möglicherweise nimmt sein Dienstvertrag auf die jeweilige Fassung der Dienstordnung Bezug (sog. Jeweiligkeitsklausel).

    c) Schließlich führt auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu einem Anspruch von Dienstordnungsangestellten in Nordrhein-Westfalen auf eine Jubiläumszuwendung. Dienstordnungsangestellte sind mit Tarifangestellten von vornherein nicht vergleichbar. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich keineswegs um einen Zirkelschluss, wenn dies aus den unterschiedlichen Rechtsregimen abgeleitet wird, denen die beiden Gruppen von Angestellten unterfallen (vgl. zur Differenzierung zwischen Angestellten und Beamten BAG 3. April 2003 – 6 AZR 633/01 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 185 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 1, zu II. 1. der Gründe mwN).

    aa) Dienstordnungen von Sozialversicherungsträgern sind dem öffentlichen Recht angehöriges, gesetzesvollziehendes autonomes Satzungsrecht, das kraft seiner Normenwirkung zwingend die Arbeitsverhältnisse der der Dienstordnung unterworfenen Angestellten gestaltet, ohne dass es dazu übereinstimmender Willenserklärungen der Parteien des Arbeitsvertrags bedarf. Der Anstellungsvertrag hat nur die Wirkung, den Angestellten der Dienstordnung zu unterstellen; sobald der Vertrag geschlossen ist, wirkt die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein. Eine Bestimmung des Anstellungsvertrags, die der jeweils geltenden Dienstordnung zuwiderlaufen würde, wäre außer im Fall des § 146 Satz 2 SGB VII gemäß § 146 Satz 1 SGB VII nichtig (vgl. BAG 25. Mai 1982 – 1 AZR 1073/79 – BAGE 39, 76, 81 mwN; Graeff in Hauck/Noftz SGB VII K § 144 Rn. 7 f.).

    bb) Gemäß Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Zu diesen werden auch Dienstordnungsangestellte gezählt (vgl. Breiter-Hahn/Mehrtens Gesetzliche Unfallversicherung § 144 Rn. 4). Nach herrschender Meinung können die Unfallversicherungsträger wegen der genannten Verfassungsbestimmung und unter Beachtung der Vorgaben des SGB VII nicht völlig auf die Beschäftigung von Dienstordnungsangestellten verzichten (vgl. Brackmann/Krasney Handbuch der Sozialversicherung Bd. 3/2 12. Aufl. § 144 Rn. 9, 11; Breiter-Hahn/Mehrtens aaO; Graeff in Hauck/Noftz SGB VII K § 144 Rn. 5; Lauterbach/Hagenbruch Unfallversicherung 4. Aufl. § 144 Rn. 2 f.). Für landwirtschaftliche Krankenkassen ist die Rechtslage durch die Verweisung in § 58 KVLG 1989 die gleiche. Jedenfalls ist es vor diesem verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte eine bestimmte Anzahl von Angestellten dadurch enger an sich binden will, dass sie diese in einem dem Beamtenverhältnis ähnlichen Dienst- und Treueverhältnis beschäftigt, dem sonstige Angestellte so gerade nicht unterliegen. Insbesondere steht dem Art. 3 Abs. 1 GG nicht entgegen. Wenn sich dann ein Angestellter durch den Abschluss seines Anstellungsvertrags selbst diesem besonderen Dienst- und Treueverhältnis unterstellt und nicht nur ähnliche Pflichten wie in einem Beamtenverhältnis auf sich nimmt, sondern auch ähnliche Rechte wie in einem Beamtenverhältnis erwirbt, kann er im Hinblick auf einzelne, nur sonstigen Angestellten gewährte Leistungen keine Gleichbehandlung fordern. Dies gilt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) um so mehr, wenn er, wie der Kläger, das Angebot des Arbeitgebers zu einem entsprechenden Statuswechsel ausgeschlagen hat.

  • Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Tirre, Frese

 

Fundstellen

Haufe-Index 1262128

NZA 2005, 376

EzA-SD 2004, 16

NJOZ 2005, 1244

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