2. Zeugnisarten: Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis
3. Unterschiede zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis
4. Muster: Der richtige Zeugnisaufbau
5. Qualifiziertes Zeugnis: Die Beurteilungskriterien
6. Praxistipp für das qualifizierte Arbeitszeugnis: Zeugnissoftware
7. Anwendungsfälle für ein einfaches Arbeitszeugnis
8. So bauen Sie ein einfaches Arbeitszeugnis auf
Die Gewerbeordnung, genauer gesagt §109, regelt den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Demnach hat jede:r Arbeitnehmer:in – vom Praktikant:in bis zum:zur leitenden Angestellten – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anrecht auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, das mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeitenthält (einfaches Arbeitszeugnis). Grundsätzlich haben Arbeitnehmer:innen Anrecht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Der Wunsch nach einem qualifizierten Arbeitszeugnis muss beim Arbeitgeber angemeldet werden.
Allerdings hat der:die Arbeitnehmer:in nur einen Anspruch entweder auf ein einfaches oder auf ein qualifiziertes Zeugnis, nicht auf beide. Er:Sie hat dabei ein Wahlrecht zwischen den beiden Zeugnisarten. Wurde einordnungsgemäßes Zeugnis erteilt, ist der Zeugnisanspruch erloschen. Benötigt der:die Beschäftigte nach Erteilung eines einfachen Zeugnisses doch noch ein qualifiziertes, muss dieses ausnahmsweise ausgestellt werden – allerdings nur, wenn der:die Arbeitnehmer:in ein berechtigtes Interesse daran hat. Dagegen besteht kein Anspruch, ein qualifiziertes Zeugnis zugunsten eines einfachen zurückzunehmen.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält umfangreiche Beurteilungen zu verschiedenen Kriterien rund um Arbeitsleistung, Verhalten und sozialer Kompetenz. Kürzer als das qualifizierte Zeugnis und mit überschaubaren Angaben führt das einfache Arbeitszeugnis neben den persönlichen Angaben zur:m Arbeitnehmer:in, Dauer und Art der Beschäftigung sowie Angaben zum Unternehmen auf. Konkret bedeutet dies: Das einfache Zeugnis beschreibt lediglich die Tätigkeit, den Zeitraum und die Position des:der Mitarbeiter:in im Betrieb, ohne Bewertung der Leistungen und des Verhaltens. Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist weitaus aussagekräftiger und daher ein wichtiges Entscheidungspapier beim Recruiting.
Bei den einzelnen Beurteilungskriterien im qualifizierten Arbeitszeugnis gibt es einiges zu beachten. Die folgende Aufzählung entspricht dabei der gebotenen Reihenfolge im Arbeitszeugnis.
Fachwissen ist das Spezialwissen, aufgrund dessen es dem:der Arbeitnehmer:in möglich ist, die jeweilige Arbeit auszuführen. Das kann im Einzelnen sehr unterschiedlich ausfallen. Einer hochspezialisierten Molekularbiologin beispielsweise muss hier im Detail ihr Wissen und Können testiert werden. Bei einem Sachbearbeiter ist das nicht unbedingt erforderlich.
Das Bewertungskriterium „Weiterbildung"ist optional und spiegelt die Motivation des:der Arbeitnehmer:in wider, etwa ober:sie sein:ihr Wissen stetig und aus eigenem Antrieb erweitert hat.
Auffassungsgabe und Denkvermögen haben mit Flexibilität und Lernfähigkeit zu tun. Hier geht es um eigenständiges Denken und Finden von konstruktiven Lösungen. Hat der:die Mitarbeiter:in die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und praktikable Lösungen zu finden?
Bei der Leistungsbereitschaft geht es um Einsatzwillen und Eigeninitiative. Hier ist der Grad des Pflichtbewusstseins des:der Beschäftigten zu bewerten, mit dem er:sie das jeweilige Arbeitsaufkommen und darüber hinausgehende Aufgabenbewältigt.
Die Lernbereitschaft wird zusätzlich in Zeugnissen für Auszubildende,Werkstudent:innen, Bachelorand:innen, Masterand:innen, Trainees, dualStudierende und Praktikant:innen bewertet. Dabei wird die Bereitschaftbeurteilt, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und die eigenen Fähigkeitenund Kompetenzen auszubauen und ob der:die Beschäftigte sein:ihr Wissenbereitwillig teilt.
Die Belastbarkeit bezeichnet den Einsatzwillen des:der Arbeitnehmer:in auch unterhöchstem Arbeitsvolumen. Belastend können nicht nur die Arbeitsmenge, sondernauch die Arbeitsumstände (Temperatur, Lärm, Geruch, usw.) und die psychischenAnforderungen (z. B. große Verantwortung, hoher Erfolgsdruck, Nacht- undSchichtdienst, etc.) sein. Solche Umstände können entsprechend in der Bewertungmit einfließen.
Menschen arbeiten sehr unterschiedlich: Die einen gehen planvoll vor, die anderen beginnen sofort mit der Arbeit, wieder andere warten auf Anweisungen. Das ist keine Wertung, denn für die verschiedenen Arbeitsplätze sind unterschiedliche Anforderungen gesucht. An dieser Stelle können z. B. auch Teamfähigkeit und kommunikative Fähigkeiten in der Bewertung berücksichtigt werden.
Je höher und verantwortungsvoller eine Stelle angesiedelt ist, desto selbstverständlicher wird man davon ausgehen können, dass die Person „zuverlässig“ ist. Bei einem:einer Geschäftsführer:in ist eine Erwähnung der „Zuverlässigkeit“ fast schon Hohn, bei einem:einer Auszubildenden aber eine wichtige Aussage. Bei Kassiertätigkeiten muss die Ehrlichkeit des:der Beschäftigten erwähnt werden.
Arbeitgeberbeschäftigen ihre Mitarbeiter:innen nicht zuletzt, um ein gutes Arbeitsergebnis im Unternehmen zu erzielen. Deshalb nimmt die Beurteilung des Arbeitsergebnisses – neben der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung – eine Schlüsselrolle im Arbeitszeugnis ein. Es wird über die erbrachten Leistungen des:der Arbeitnehmer:in Bilanz gezogen. Die Bewertung des Arbeitsergebnisses sollte sich an der Position des:der zu Beurteilenden orientieren.
Bei Führungskräften mit Sicherheit die wichtigste Kompetenz! Hier geht es in erster Linie um die Bewertung der Eigenschaften wie Mitarbeiterführung, Teamsteuerung, Motivation, Integrationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Überzeugungskraft und Verhandlungsgeschick. Neben der fachlichen Expertise und methodischem Wissen sind es oft auch die Soft Skills, die über Erfolg oder Misserfolg einer Führungskraft entscheiden.
Das ist die zentrale Aussage des Zeugnisses – hierauf schauen die Personalprofis als Erstes. Sofort erkennt man, wie viel Potenzial dem:r Arbeitnehmer:in zugetraut wird, welche persönlichen Fähigkeiten und welches Wissen erkannt wurde und wie das Sozialverhalten eingeschätzt wird. Die Note der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung muss in etwa der Durchschnittsnote aller zuvor bewerteten Kriterien entsprechen.
Das Sozialverhalten am Arbeitsplatz hat in Zeiten flacher Hierarchien an Bedeutung gewonnen. Konnte man früher noch von klaren Stellenbeschreibungen und genauen Kompetenzzuweisungen ausgehen, müssen Mitarbeiter:innen heute in Projekten und Teams unterschiedliche Rollen einnehmen können. Auch die kommunikativen Fähigkeiten sind dadurch stärker gefordert. Grundsätzlich wird hier das persönliche Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kolleg:innen, Kund:innen, Lieferant:innen und Geschäftspartner:innen beurteilt.
Die Schlussformulierung enthält den Ausstellungsgrund für das Zeugnis sowie eine notenabhängige Bedauerns- oder Dankesformel. Sie ist nicht verpflichtend, wird aber häufig verwendet, insbesondere um die Wertschätzung eines:einer Beschäftigten besonders herauszustellen. Die in der Schlussformulierung vergebene Note muss die Gesamtnote des Zeugnisses widerspiegeln.
Lassen Sie keines der genannten Beurteilungskriterien aus. Eine unvollständige Beurteilung erweckt einen negativen Eindruck. Der:dieArbeitnehmer:in hat einen Anspruch auf ein vollständiges Arbeitszeugnis.
Im Haufe Zeugnis Manager werden bei der Zeugniserstellung alle Beurteilungskriterien abgefragt und automatisch in der richtigen Reihenfolgedargestellt. Ihnen wird eine Vielzahl geprüfter Textbausteine angeboten, aus denen Sie wählen und die Sie bei Bedarf individuell anpassen können. Auf diese Weise unterstützt Sie der Haufe Zeugnis Manager, schnell einen gelungenen und rechtssicheren Zeugnistext zu erstellen.
Ein einfaches Arbeitszeugnis hat im Vergleich zu einem qualifizierten Arbeitszeugnis wenig Aussagekraft. Mangels Angaben über die Leistung und das Verhalten des:der Zeugnisempfängers:in hat es bei HR nur einen geringen Stellenwert und kann im Bewerbungsprozess sogar negativ wirken.
Wann spielt das einfache Zeugnis trotzdem eine Rolle?
Wird das Arbeitszeugnis nur als Tätigkeitsnachweis benötigt, etwa weil die Tätigkeit reine Aushilfs- oder Nebentätigkeiten beinhaltet? In solchen Fällen möchte der:die Arbeitnehmer:in mit dem Zeugnis vielleicht nur belegen können, dass er:sie während des betreffenden Zeitraums gearbeitet hat.
Einfaches Arbeitszeugnis – einfachere Form?
Die Anforderungen an die Form des einfachen Zeugnisses entsprechen denen eines qualifizierten Zeugnisses: Das Zeugnis ist z. B. schriftlich auf Firmenpapier zu erstellen und von Hand zu unterzeichnen. Alternativ darf es elektronisch erteilt werden: Die Unterschrift muss dann mit einer qualifizierten elektronischen Signatur erfolgen und der:die Zeugnisempfänger:in muss in die elektronische Erteilung des Zeugnisses einwilligen. Auch Rechtschreibfehlerdürfen im Zeugnis natürlich nicht enthalten sein.
Das Zeugnis beginnt mit den persönlichen und betrieblichen Daten der zu beurteilenden Person: Name, Geburtsdatum (auf Wunsch), Art und Dauer der Beschäftigung.
In der Tätigkeitsbeschreibung werden alle wesentlichen Aufgaben aufgeführt, die der:die Beschäftigte im Laufe der Unternehmenszugehörigkeit ausgeübt hat. Sie sind vollständig in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit zu beschreiben. Die Nennung der Berufsbezeichnung oder der internen Funktion reicht nicht aus. Daraus lassen sich nämlich weder Umfang und Inhalt der Tätigkeit noch Qualifikationen erkennen.
Neben den einzelnen Aufgaben ist der berufliche Werdegang aufzuführen. Wenn der:die Mitarbeiter:in an verschiedenen Arbeitsplätzen tätig war, sind die einzelnen Stationen in chronologischer Reihenfolge zu nennen, um seine:ihre fachliche und berufliche Entwicklung darzustellen.
Die Tätigkeitsbeschreibung kann im Rahmen einer Aufzählung in Stichworten erfolgen.
In der Schlussformulierung wird der Beendigungsgrund auf Wunsch des:der Arbeitnehmers:in genannt und eine Dankesformel angefügt. Der:die Arbeitnehmer:in hat zwar keinen Anspruch auf eine Schlussformulierung, sie ist aber üblich.
Das Zeugnis schließt mit Ort und Datum der Zeugnisausstellung sowie der Unterschrift des:der Zeugnisausstellers:in. Sein:ihr Name ist getippt, mit Angabe der Funktion und Rechtsstellung im Unternehmen.
Im Gegensatz zum einfachen Zeugnis enthält ein qualifiziertes Arbeitszeugnis eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung und erhält dadurch eine starke Aussagekraft. Ein einfaches Zeugnis hat lediglich den Charakter einer Arbeitsbescheinigung.
In einem einfachen Arbeitszeugnis werden nur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses bestätigt. Dabei müssen die Tätigkeiten, die der:die Zeugnisempfänger:in währenddessen ausgeübt hat, aufgeführt werden – allerdings ohne eine Bewertung.
Der:die Beschäftigte hat einen Anspruch auf ein vollständiges Arbeitszeugnis. Bei der Erstellung des Zeugnisses sollte deshalb keines der Beurteilungskriterien ausgelassen werden, denn eine unvollständige Beurteilung erweckt einen negativen Eindruck. Das sind:
· Fachwissen,
· Weiterbildung (optional),
· Auffassungsgabe,
· Leistungsbereitschaft,
· Belastbarkeit,
· Arbeitsweise,
· Zuverlässigkeit,
· Arbeitsergebnis,
· Führungsleistung (nur bei FK)
· Zusammenfassende Leistungsbeurteilung,
· Verhaltensbeurteilung.
Jedem:r Arbeitnehmer:in steht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mindestens ein einfaches Arbeitszeugnis zu. Grundsätzlich, also in den meisten Fällen, haben Arbeitnehmer:innen Anrecht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Er:Sie hat dabei ein Wahlrechtzwischen den beiden Zeugnisarten. Die meisten Arbeitnehmer:innen werden hierein qualifiziertes Zeugnis wählen, weil sie es für eine aussagekräftige Bewerbung benötigen. Erwarten Arbeitnehmer:innen allerdings eine schlechte Bewertung, kann es für sie sinnvoll sein, stattdessen ein einfaches Zeugnis ohne Bewertung zu wählen. Auch bei einem sehr kurzen Beschäftigungsverhältnis, das wegen seiner Dauer keine Beurteilung zulässt, kann ein einfaches Zeugnis zum Einsatz kommen. Ebenso, wenn Arbeitnehmer:innen es als reinen Tätigkeitsnachweis benötigen.
Alexandra Carlesso arbeitet als Content Marketing Managerin in der Haufe Group. Mit ihrem Fachwissen rund um Themen wie HR-Management, Digitale Personalakte, New Work, Onboarding und den HR-Chatbot erstellt sie unterschiedliche digitale Medienformate – passend zugeschnitten für alle, die sich mit Personalarbeit beschäftigen.