Handelt es sich um komplexe Produkte oder Leistungen, muss oft in Strukturen und Abläufe im Betrieb eingegriffen werden. Das kann längere Zeit in Anspruch nehmen und ist oft notwendig, Mitarbeiter einzubinden, zu sensibilisieren und zu schulen.

Ein Beispiel zeigt die Problematik und auch, wie sie sich lösen lässt: Ein Bauunternehmer erstellt für Kunden fast ausschließlich Leistungen in Projektform. Beispielsweise werden Badezimmer, Küchen und andere Wohnräume renoviert sowie Fassaden gestaltet. Kunden müssen aktuell keine Anzahlungen leisten. Für jedes Projekt gibt es einen eigenen Leiter. Schon vor dem Ende eines Projektes wird der Leiter in der Regel mit dem nächsten Projekt betraut. Was fast immer dazu führt, dass er sich "im Kopf" schon mit dem Folgeauftrag befasst und sich nicht mehr zeitnah um die Abrechnung des vorherigen Projektes kümmert. Rechnungsbegründende Unterlagen werden meist über Wochen nicht eingefordert bzw. erstellt und an die Buchhaltung weitergegeben. Im Normalfall kümmern sich die Leiter um die Zusammenstellung der Unterlagen erst, wenn die Buchhaltung mehrfach nachhakt. Im Mittel vergehen so mehr als 6 Wochen bis eine Rechnung gestellt werden kann und die eigentliche Forderungslaufzeit beginnt. Eine Erhebung zeigt: Im Schnitt dauert es vom Projektende über die Rechnungsstellung bis zum Zahlungseingang fast 12 Wochen, was immer wieder zu Liquiditätsengpässen führt, weil z. B. für mehrere Projekte Material angeschafft und andere fällige Zahlungen beglichen werden müssen.

Die Geschäftsleitung hält eine interne Schulung ab, an der Controlling, Projektleiter und Buchhaltung über die Problematik und deren Folgen informiert werden; auch mit Zahlenbeispielen. Ziel ist es, die Beteiligten zu sensibilisieren und ihnen klarzumachen, welche Folgen es für den Betrieb hat, wenn die Zahl stiller Kredittage zu groß wird. Um sie zu reduzieren, werden folgende Maßnahmen vereinbart:

  1. Alle Projektleiter werden verpflichtet, sämtliche rechnungsbegründenden Unterlagen spätestens zwei Wochen nach Projektende bei der Buchhaltung abzugeben (Abgabetermine werden mit festen Datumsangaben versehen).
  2. Kann der Termin nicht gehalten werden, weil z. B. Subunternehmer ihrerseits keine Rechnungen stellen oder noch Nacharbeiten erforderlich sind, sind die Projektleiter verpflichtet, das schriftlich zu begründen und der Geschäftsleitung mitzuteilen. Die Geschäftsleitung kümmert sich dann gemeinsam mit den Leitern darum, Abhilfe zu schaffen.
  3. Die Buchhaltung muss zeitnah vom Projektende informiert werden (Vorgabe: maximal 2 Tage nach Abschluss, auch wenn noch Nacharbeiten anstehen). Die Buchhaltung erhält zudem Anweisung, spätestens eine Woche nach Projektende mit dem zuständigen Projektleiter Kontakt aufzunehmen und zu fragen, wann die rechnungsbegründenden Unterlagen eingereicht werden. Die Arbeitsschritte müssen dokumentiert werden.

Nach rund 4 Monaten hat es der Betrieb geschafft, den Zeitraum von der Leistungserstellung bis zum Zahlungseingang auf 6 Wochen zu reduzieren. Im nächsten Schritt soll mit Kunden vereinbart werden, Anzahlungen von 30 % des Projektvolumens zu leisten, um die Problematik weiter zu entschärfen.

Abb. 2: Beispiel für die Dokumentation zur Abgabe von Projektdaten

Neben Ablaufänderungen können weitere Maßnahmen geprüft werden, etwa

  1. Digitalisierung und Automatisierung des Prozesses von der Leistungserbringung über die Rechnungsstellung bis zum Mahnwesen.
  2. Verträge anders gestalten und z. B. Zahlungskonditionen vor allem bei Neukunden ändern, z. B. höhere Vorauszahlungen oder Abschläge vereinbaren. Das führt zwar nicht zu einer Verringerung der stillen Kredittage, erhöht aber die verfügbare Liquidität und reduziert die Kosten.
  3. Rechnungsprozess standardisieren, z. B. Dokumente und deren Aussehen festlegen und elektronisch für alle Mitarbeiter hinterlegen, Checkliste für benötigte Dokumente erstellen, um schnelle Arbeit und Vollständigkeit sicherstellen zu können sowie Erstellung eines Vordrucks zur Dokumentation von Terminen, etwa analog Abb. 3.

Abb. 3 Übersicht über mögliche rechnungsbegründende Unterlagen

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