Problem:

Das Jahr ist in m unterjährige Perioden eingeteilt. Diese Perioden können kleiner und kleiner werden: Halbjahr, Monat, Tag, Stunde, Minute, Sekunde usw. Im Grenzfall strebt die Dauer einer einzelnen unterjährigen Periode gegen null, und zwar dann, wenn die Periodenanzahl m gegen unendlich geht. Man spricht dann von stetiger Verzinsung, weil der Zinszuschlag in jedem Moment erfolgt.

Effektivzins steigt

Mit kleinerer Dauer der unterjährigen Periode steigt der effektive Jahreszinssatz r an, der zu einem vorgegebenen nominellen Jahreszinssatz rnom gehört. Letzterer ist dadurch charakterisiert, dass er die effektivzinserhöhende Wirkung unterjähriger Zinsperioden außer Acht lässt.

 
Praxis-Beispiel

Gefragt ist nach dem effektiven Jahreszinssatz r, der sich bei zunehmender Anzahl von immer kleiner werdenden Zinsperioden ergibt, und zwar

a) beim nominellen Jahreszinssatz rnom = 0,10 = 10 %,

b) beim nominellen Jahreszinssatz rnom = 1,00 = 100 %.

Lösung:

Die Zinsumrechnungsformel (12) erlaubt die Errechnung des effektiven Jahreszinssatzes r, der zu einem vorgegebenen nominellen Jahreszinssatz rnom und einer vorgegebenen Anzahl unterjähriger Zinsperioden gehört.

Abb. 13: Effektiver Jahreszinssatz steigt mit steigender Periodenzahl

Euler’sche Zahl

Abbildung 13 zeigt, dass der Jahreseffektivzins mit zunehmender Anzahl der Zinsperioden steigt. Allerdings werden die Zinszuwächse immer geringer und streben für m gegen unendlich gegen null, so dass für m gegen unendlich ein Zinssatz-Grenzwert erreicht wird. Dieser beläuft sich im Fall a) auf 0,10517 = 10,517 % p. J. und im Fall b) auf 1,71828 = 171,828 % p. J.

Der schweizer Mathematiker Leonhard Euler (1707 – 1783) hat bewiesen, dass der Ausdruck

für h gegen unendlich dem Grenzwert e = 2,71828 zustrebt. Dieser Grenzwert wird zu Ehren Eulers mit e (= Euler’sche Zahl) bezeichnet. Man hat also:

 
(14)

In Abb. 13 steht über der rechten Spalte unter anderem der Klammerausdruck

Er hat den gleichen Aufbau wie der obige Ausdruck zur Bestimmung der Euler’schen Zahl. Und so stimmt auch das Rechenergebnis für m gegen unendlich mit der Euler’schen Zahl überein, sofern nur der Klammerausdruck berechnet und auf den Abzug der Eins verzichtet wird. Eine vergleichende Betrachtung der Zinsumrechnungsformel und der Euler-Formel bringt folgendes Ergebnis:

Abb. 14: Zinsumrechnungsformel und Euler-Formel im Vergleich

(15)

 
Praxis-Beispiel

Welcher Effektivzinssatz r ergibt sich bei stetiger Verzinsung, wenn der Nominalzinssatz 10%, 20%, 30%, ..., 100% beträgt?

Lösung:

Ergebnis:

Will man das Endkapital Kn bei kontinuierlicher Verzinsung berechnen, so gilt:

(16)

 
Praxis-Beispiel

Jemand legt 100.000 Euro für 12 Jahre zum Zinssatz von rnom = 0,10 = 10% an. Wie hoch ist sein Endkapital bei jährlichem Zinszuschlag und bei stetiger Verzinsung?

Lösung:

Ergebnis:

Bei stetiger Verzinsung ergibt sich ein um 18.168 Euro höheres Endkapital als bei jährlicher Verzinsung.

 
Praxis-Beispiel

Der Holzbestand eines Waldes wird auf 50.000 m3 geschätzt. Wie groß ist der Holzbestand nach 5 Jahren, wenn während dieser Zeit kein Baum gefällt wird und der Bestand sich jährlich um 4 % erhöht?

Lösung:

Ergebnis:

Bei kontinuierlichem Wachstum ergibt sich ein Holzvolumen von 61.070 m3.

 
Praxis-Beispiel

Die Einwohnerzahl eines Landes beträgt zur Zeit 80 Millionen Menschen und wächst jährlich um 2,02%. Diese Wachstumsrate wird künftig voraussichtlich konstant bleiben. Welche Einwohnerzahl ergibt sich nach 10, 20, ..., 50 Jahren?

Lösung:

Abb. 15: Entwicklung der Einwohnerzahl

Ergebnis:

Nach 50 Jahren ist eine Einwohnerzahl von rund 220 Millionen bei kontinuierlichem Wachstum erreicht, wobei der Zuwachs von Jahrzehnt zu Jahrzehnt steigt.

Anwendung:Die Ökonomie und die Naturwissenschaften greifen gern auf die Aufzinsungsformel (16) für stetige Verzinsung zurück, weil e-Funktionen sich leichter handhaben lassen als die entsprechenden nicht kontinuierlichen Gleichungen für beliebige Wachstums- oder Zerfallprozesse. Unter anderem sind e-Funktionen der Differential- und Integralrechnung zugänglich. Beim organischen Zerfall ist mit einem negativen Zinssatz in Aufzinsungsformel (16) zu rechnen. Anwendungsbeispiele in den Naturwissenschaften sind:

 
Praxis-Beispiel

Ein Metalllager hat derzeit einen Bestand von 1.200 Tonnen. Es ist bekannt, dass die verwertbare Metallmenge jährlich um 5 % durch Korrosion abnimmt, und zwar kontinuierlich (stetig). Man formuliere die Gleichung zur Bestimmung des noch verwertbaren Metallbestandes in allgemeines Form und ermittle den nach Ablauf von 8 Monaten noch brauchbaren Metallbestand.

Lösung:

Der stetige Zerfall ist als negative Verzinsung aufzufassen, dann wird aus der Aufzinsungsformel (16) bei stetiger Verzinsung

(17)

Ergebnis:

Bei stetiger Korrosion geht der Lagerbestand innerhalb von acht Monaten von 1.200 Tonnen auf 1.161 Tonnen zurück.

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