Menschen haben kognitive Limitierungen. Eine davon ist, dass wir nicht gut sind im statistischen Denken. Statistisch zu denken beinhaltet

  • Probabilistisch, d. h. in Wahrscheinlichkeiten, zu denken: Wahrscheinlichkeiten sind die Methode der Wahl, um Unsicherheiten auszudrücken. Wenn wir etwas sicher wissen, benötigen wir keine Wahrscheinlichkeiten.
  • In Bandbreiten und Verteilungen zu denken: Da der Anteil des "what we know" im VUCA-Umfeld abnimmt, wird die Fähigkeit, das vorhandene Wissen gut einschätzen zu können, zu einer wichtigen Kompetenz. Es gilt, von den "single point estimates" wegzukommen, hin zu einem Denken in Konfidenzintervallen. Das bedeutet, dass wir statt einer Zahl ein Intervall angeben, bei dem wir 90 oder 95 % sicher sind, dass der wahre Wert in diesem Intervall liegt. Die Breite des gewählten Konfidenzintervalls hängt dabei vom vorhandenen Wissen ab: je weniger wir wissen, desto breiter wählen wir das Intervall. Wenn wir also beispielweise gefragt werden, in welchem Jahr Magellan mit seiner Mannschaft die erste Erdumrundung geschafft hat, würde jemand mit wenig Geschichtskenntnissen möglicherweise ein Intervall zwischen den Jahren 1000 und 1900 wählen. Jemand mit besseren Geschichtskenntnissen würde das Intervall stärker eingrenzen und möglicherweise sagen, dass das nachdem Kolumbus Amerika entdeckt hatte (d. h. nach 1492) und vor dem Beginn des Niedergangs Portugals als kolonialer Macht (d. h. vor dem 17. Jahrhundert) gewesen sein müsste. Jemand der nichts weiß und "auf Nummer sicher" gehen will würde vermutlich sagen zwischen den Jahren 0 und 2021. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person recht hat, liegt dann auch bei 100 %. Das Problem ist dann allerdings, dass die Intervalle so groß werden, dass sie einer vernünftigen Interpretation nicht mehr zugänglich sind. Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb man bei der Durchführung von Sensitivitätsanalysen üblicherweise auf 80 %-Konfidenzintervalle abstellt. Bei einem 100 % Konfidenzintervall machen die denkbaren Ausreißer nach oben und nach unten den Erkenntniswert der Analyse in der Regel zunichte.[1]

    Wichtig ist zu verstehen, dass es bei dieser Art von Fragen nicht um Primärwissen, sondern um Metawissen geht. Ersteres beinhaltet Fakten, bei letzterem geht es darum, sich in Bezug auf seinen Wissenstand zu kalibrieren. Die gute Nachricht ist, dass letzteres eine lernbare Fähigkeit ist.

  • Hypothesengeleitet zu denken: Hier erscheint der Hinweis wichtig, dass beim wissenschaftlichen Arbeiten versucht wird, Hypothesen zu widerlegen, anstatt sie zu bestätigen. Warum ist das so? Weil letzteres schwieriger ist als ersteres. Und das entspricht der fragenden Denkhaltung, die wir uns zu eigen machen müssen, um im VUCA-Umfeld erfolgreich zu steuern.
[1] Vgl. Drewniok, 2014.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Controlling Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge