3.1 Bilanzlesung

Der Blick auf Kapital, Vermögen, Bilanzsumme, Umsatz und Gewinn verschafft einen ersten Eindruck über das Verhältnis der großen Positionen zueinander und gibt ein Gefühl für Struktur und Verteilung der Proportionen. Selbstverständlich beinhaltet die Bilanzlesung das Studium von Lagebericht und Anhang.

3.2 Zeitvergleich (z. B. mithilfe einer Bewegungsbilanz)

Die Zahlen des aktuellen Jahresabschlusses werden den Zahlen des Vorjahres (besser mehrerer Jahre) gegenübergestellt. Die meisten großen Kapitalgesellschaften sind inzwischen dazu übergegangen, für die wichtigsten Daten Zeitreihen von 5 oder mehr Jahren zu bilden. Die Betrachtung der Veränderung von Bilanzsummen, Umsätzen und Gewinnen ermöglicht das Erkennen von Trends. Die Veränderungen zwischen den Geschäftsjahren lassen sich auch mittels einer Bewegungsbilanz darstellen. Eine Bewegungsbilanz ist eine Bilanz, die nicht wie bei einer "normalen" Bilanz im Jahresabschluss die Bestände ausweist, sondern Veränderungen der Bilanzpositionen während einer Periode, z. B. einem Jahr. Ziel ist es, Mittelherkunft (z. B. Darlehensaufnahme) und Mittelverwendung (z. B. Investitionen in Sachanlagen) transparent darzustellen. Um eine Bewegungsbilanz erstellen und Veränderungen erkennen zu können, werden 2 aufeinanderfolgende Jahresabschlüsse benötigt.

 
Bewegungsbilanz-Veränderungen
Mittelverwendung   Mittelherkunft
I. Veränderung Aktiva   II. Veränderung Passiva
1. Anlagevermögen       1. Eigenkapital    
  Immaterielle Vermögensgegenstände 90       Kapital 0  
  Sachanlagen 1.900       Rücklagen 100  
  Finanzanlagen 1.050       Gewinn 710  
Veränderung Anlagevermögen gesamt   3.040   Veränderung Eigenkapital gesamt   810
2. Umlaufvermögen       2. Rückstellungen (ohne Pensionsrückstellungen)   380
  Vorräte -700            
  Forderungen 670     3. Verbindlichkeiten    
  Sonstige Vermögensgegenstände 760       Langfristige Verbindlichkeiten 3.390  
  Wertpapiere 1.770       Mittelfristige Verbindlichkeiten 1.840  
  Flüssige Mittel 10       Kurzfristige Verbindlichkeiten 810  
  Rechnungsabgrenzungsposten 550       Rechnungsabgrenzungsposten -1.130  
Veränderung Umlaufvermögen gesamt   3.060   Veränderung Verbindlichkeiten gesamt   4.910
SUMME AKTIVA   6.100   SUMME PASSIVA   6.100

Abb. 1: Beispiel einer Bewegungsbilanz

3.3 Erstellen einer Strukturbilanz

Üblich ist eine Untergliederung der Einzelpositionen nach Laufzeiten. Hieraus kann der Bilanzanalyst erkennen, welche Geldquellen zu welchem Zeitpunkt erschöpft sind oder wie lange das Kapital beim Einsatz für Investitionen, Vorratsbeschaffung oder für Geldanlagen benötigt wird. Hilfreich ist dabei die zusätzliche Aufstellung einer Strukturbilanz, die einen Überblick darüber vermittelt, wie das Kapital angelegt ist (Vermögensstruktur) bzw. woher es stammt (Kapitalstruktur).

Aus einer Strukturbilanz lassen sich für die spätere intensive Bilanzanalyse unmittelbar wichtige Kenngrößen ableiten. Dies gilt u. a. für Relationen bei der Vermögens- oder Kapitalstrukturanalyse. Im Beispiel (s. Abb. 2) ist zu erkennen, dass das Anlagevermögen im Jahr 2 nahezu 90 % und der Eigenkapitalanteil rund 24 % beträgt. In der Strukturbilanz sind die Verbindlichkeiten nach ihren Fristigkeiten untergliedert, sodass auch hier unmittelbar weitergehende Analysen möglich sind. Aus einer Strukturbilanz lassen sich relativ einfach Kennzahlen wie Deckungs- oder Liquiditätsgrade ableiten.

 
Aktiva Jahr 2 Jahr 1

Veränd.

in TEUR
TEUR % TEUR %
Immaterielle Vermögensgegenstände 1.650 1,50 1.560 1,50 90
Sachanlagen 90.600 82,53 88.700 85,55 1.900
Finanzanlagen 5.430 4,95 4.380 4,22 1.050
Summe Anlagevermögen 97.680 88,98 94.640 91,28 3.040
Liquide Mittel 3.200 2,91 3.190 3,08 10
Rechnungsabgrenzungsposten 870 0,79 320 0,31 550
Forderungen und sonst. Verm.gegenst. 4.690 4,27 3.260 3,14 1.430
Vorräte 280 0,26 980 0,95 -700
Wertpapiere 3.060 2,79 1.290 1,24 1.770
Summe Umlaufvermögen 12.100 11,02 9.040 8,72 3.060
Gesamtvermögen 109.780 100,00 103.680 100,00 6.100
 
Passiva Jahr 2 Jahr 1

Veränd.

in TEUR
TEUR % TEUR %
Gezeichnetes Kapital 5.000 4,55 5.000 4,82 0
Gewinnrücklagen 1.800 1,64 1.700 1,64 100
Kapitalrücklage 16.400 14,94 16.400 15,82 0
Gewinn 2.980 2,71 2.270 2,19 710
Summe Eigenkapital 26.180 23,85 25.370 24,47 810
Verbindlichkeiten > 5 Jahre 29.580 26,94 26.350 25,41 3.230
Pensionsrückstellungen 980 0,89 820 0,79 160
Langfristiges Fremdkapital 30.560 27,84 27.170 26,21 3.390
Verbindlichkeiten < 5 Jahre > 1 Jahr 19.740 17,98 17.900 17,26 1.840
Mittelfristiges Fremdkapital 19.740 17,98 17.900 17,26 1.840
Verbindlichkeiten < 1 Jahr 22.090 20,12 21.280 20,52 810
Andere Rückstellungen 9.100 8,29 8.720 8,41 380
Rechnungsabgrenzungsposten 2.110 1,92 3.240 3,13 -1.130
Kurzfristiges Fremdkapital 33.300 30,33 33.240 32,06 60
Summe Fremdkapital 83.600 76,15 78.310 75,53 5.290
Gesamtkapital DTAG 109.780 100,00 103.680 100,00 6.100

Abb. 2: Beispiel einer Strukturbilanz

Bei der Strukturbilanz werden u. U. selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter aus den Berechnungen herausgenommen. Hintergrund ist, dass z. B. selbst geschaffene immaterielle Vermögensg...

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