Kritik an EU-Richtlinie zum Schutz von Betriebsgeheimnissen

Das EU-Parlament hat im April eine Richtlinie zur Verbesserung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen beschlossen. Sie stößt bei Journalistenverbänden und vielen Nichtregierungsorganisationen auf heftige Kritik. Sie sehen in der geplanten Neuregelung eine potenzielle Gefährdung für Whistleblower und investigativen Journalismus.

Journalistenverbände und NGOs kritisieren die geplante EU-Richtlinie zum besseren Schutz von Betriebsgeheimnissen. 

Geschäftsgeheimnisse sollen definiert und besser abgesichert werden

Mitte April hatte das EU-Parlament mit breiter Mehrheit eine Richtlinie beschlossen, durch die Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen künftig besser geschützt sein sollen als bisher. Die neue Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss, definiert dazu u.a. den Begriff der Geschäftsgeheimnisse und verpflichtet die Staaten, der Justiz die Verfolgung von rechtswidriger Nutzung dieser Geschäftsgeheimnisse zu ermöglichen.

Kritik von Journalistenverbänden

Bereits im Vorfeld der Abstimmung im EU-Parlament hatten sich verschiedene Journalistenverbände kritisch zu der Richtlinie geäußert.

  • Insbesondere wiesen sie darauf hin, dass Firmen die Richtlinie nutzen könnten, um eine Berichterstattung über Missstände zu verhindern
  • und die Nutzung von Material, das von Whistleblowern zur Verfügung gestellt wird, zu untersagen.

NGOs drängen auf Korrekturen

Zwar enthält die EU-Richtlinie spezielle Ausnahmeregelungen für Journalisten und Whistleblower, allerdings halten auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen diese Schutzmaßnahmen für unzureichend. Insgesamt 52 dieser NGOs haben sich daher in einem offenen Brief an den Ministerrat gewandt und diesen gebeten, die Richtlinie entsprechend anzupassen.

Whistleblower und auch Journalisten abschrecken?

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehören etwa Organisationen wie Transparency International, die Initiative European Digtital Rights (Edri), der Chaos Computer Club oder Attac.

  • Die Unterzeichner bemängeln unter anderem, dass durch die Richtlinie keine Rechtssicherheit geschaffen werde, sondern dass die Richter in den jeweiligen Prozessen selbst entscheiden müssen, wo die Grenzen zwischen dem Schutz der ökonomischen Interessen einerseits und dem Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit andererseits verlaufen.
  • Allein schon das Risiko, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommen könnte, könnte nach Ansicht der Verfasser viele potenzielle Whistleblower und auch Journalisten abschrecken.

Richtlinie zeigt schon vor Inkrafttreten Wirkung

Diese Befürchtungen sehen die Organisationen durch den  laufenden Prozess gegen den Informanten im Falle des sogenannten Luxleaks-Finanzskandals bestätigt. So habe in diesem Verfahren der Staatsanwalt eine hohe Haftstrafe explizit mit Hinweis auf den noch nicht in Kraft getretenen Richtlinientext gefordert. Die NGOs fordern in ihrem offenen Brief daher folgende Verbesserungen:

  • Die Definition der Geschäftsgeheimnisse sollte enger gefasst sein.
  • Als illegal sollten nur solche Fälle eingestuft werden, bei denen sich jemand kommerzielle Vorteile  verschafft.
  • Außerdem solle durch ein zusätzliches Gesetz der Schutz von Whistleblowern verbessert werden.
Schlagworte zum Thema:  Pressefreiheit, Whistleblowing, EU-Richtlinie