Böckler-Studie zu Datenschutz in Mitarbeiter-Bewertungssoftware

Nachdem die Nutzung einer Software zur Mitarbeiterbewertung beim Online-Versandhaus Zalando publik wurde, hat auch die für das Unternehmen zuständige Datenschutzbehörde in Berlin bestätigt, dass man sich mit dem Einsatz des Systems mit dem Namen "Zonar" befassen werde. Zalando war in einer Studie vorgeworfen worden, dass der Einsatz dieser Software einen Datenschutzverstoß darstelle.

Die "Vermessung der Mitarbeiter" liegt im Trend: Auch Software zur gegenseitigen Beurteilung von Arbeitnehmern erfreut sich bei Arbeitgebern wachsender Beliebtheit. Derartige Lösungen sehen beispielsweise vor, dass Mitarbeiter sich in regelmäßigen Abständen gegenseitig benoten können.

Scoring-Systeme um Mitarbeiter besser Beurteilen zu können

Begründet wird der Einsatz solcher Scoring-Systeme unter anderem auch damit, dass dadurch zusätzliche Informationen zum Leistungsstand der Mitarbeiter gewonnen werden können und diese Beurteilung nicht mehr nur ausschließlich aufgrund der Beurteilungen durch die Vorgesetzten erfolgt. Zalando setzt mit der Software "Zonar" ein solches System seit 2017 unter anderem an seinem Standort in Berlin ein, wobei rund 2.000 Mitarbeiter betroffen sind.

Studie sieht Mängel an der Bewertungssoftware "Zonar"

Im gesamten Unternehmen beteiligen sich nach Angaben des Unternehmens rund 5.000 der insgesamt 14.000 Beschäftigten an dem System. Die durch "Zonar" erfassten Benotungen haben dabei auch einen Einfluss auf die Höhe von Gehaltszulagen oder Aufstiegsaussichten der Beschäftigten.

Zum Thema für die Öffentlichkeit wurde dieses Scoring-System bei Zalando durch eine Studie, die von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben und von Wissenschaftlern der Berliner Humboldt-Universität durchgeführt wurde. 

Wissenschaftliche Studie sieht ernsthafte Datenschutz-Defizite an Mitarbeiter-Bewertungssoftware

In der Mitte November vorgestellten Studie übten die Forscher deutliche Kritik am Einsatz von "Zonar" und attestierten diesem Verfahren, dass es zu mehr Überwachung, Leistungsdruck und damit Stress führe. Als weitere negative Auswirkungen werden eine Zunahme des Misstrauens unter den Beschäftigten sowie ein erhöhter sozialer Druck angeführt.

Bemängelt werden in der Studie aber verschiedene datenschutzrechtliche Probleme.

  • So fehle es an der Transparenz der Datenverarbeitung, da den Beschäftigten Informationen darüber fehlten, welche konkreten Auswirkungen die Benotungen haben.
  • Ungeklärt sei bislang auch, auf welcher Grundlage die Daten der Mitarbeiter verarbeitet werden
  • und in welcher Form die dazu notwendige Zustimmung eingeholt werde.

Außerdem habe es das Unternehmen unterlassen, die Beschäftigten über die Datenverarbeitung durch das System zu informieren, so wie dies mit dem Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 vorgeschrieben sei.

Zalando sieht keine Probleme beim Einsatz der Software 

Bei dem Online- Versandhändler widerspricht man diesen Anschuldigungen. In einer Stellungnahme verweist man etwa darauf, dass die Mitarbeiter umfassend über die Funktionsweise von Zonar informiert werden. An der Studie bemängelt man in der Stellungnahme zudem die geringe Zahl von nur 10 Befragten, was für eine repräsentative Befragung nicht ausreichend sei. Die eingesetzte Software entspreche zudem den gesetzlichen Anforderungen der DSGVO.

Prüfung der Berliner Datenschutzbehörde angekündigt

Die Berliner Datenschutzbehörde hat nun angekündigt, dass man sich mit dem Einsatz der Bewertungs-Software beschäftigen wolle. Auf eine Anfrage des Magazins netzpolitik.org bestätigte die Behördensprecherin diese Pläne und verwies darauf, dass Zalando die Behörde erst am Tag der Veröffentlichung der kritischen Studie über den Einsatz von Zonar informiert habe. Beschwerden von Zalando-Mitarbeitern über dieses System seien bei der Behörde zuvor nicht eingegangen.

Von einigen Politikern wie etwa dem Kandidaten für den SPD-Parteivorsitz, Norbert Walter-Borjans oder dem Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, kam bereits heftige Kritik an dem Einsatz derartiger Lösungen, etwa mit Hinweis auf die hierzulande einhellige Ablehnung von Social-Scoring-Systemen, wie sie derzeit in China in großem Stil eingeführt werden. Allerdings sind auch in Ländern wie den USA in vielen Unternehmen bereits ähnliche Systeme zur Mitarbeiterbewertung im Einsatz, so etwa bei Google oder Amazon.

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Hintergrund: Dokumentations- und Informationspflichten des Arbeitgebers

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Er muss sein Datenverarbeitungssystem gegenüber seinen Beschäftigten transparent machen und die Daten schützen, indem er sie z.B. so schnell wie es geht anonymisiert oder löscht und indem er technische Sicherheitssysteme einbaut, um die Daten vor unberechtigtem Zugriff oder unbeabsichtigtem Verlust zu schützen.

In Art. 15 DSGVO sind die Auskunftsrechte definiert, nach denen etwa Angaben zu Verarbeitungszweck, Kategorie der erhobenen Daten, Empfängern der Daten, oder geplanter Speicherungsdauer zu geben sind. Ebenso muss ein Hinweis auf das Recht zur Löschung oder Berichtigung der Daten erfolgen und auf das Beschwerderecht gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde hingewiesen werden.

Art. 17 DSGVO beschreibt die Löschungsrechte, die etwa dann bestehen, wenn die mit der Verarbeitung der Daten verfolgten Zwecke erreicht sind oder ein Widerruf der erteilten Einwilligung vorgenommen wird. 

Den Arbeitgeber trifft eine umfassende, jederzeit abrufbare Rechenschaftspflicht. Damit einher geht die Beweislast des Arbeitgebers für die Einhaltung aller Datenschutzmaßnahmen. 

Datenschutzverstöße können schmerzhafte Folgen für den Arbeitgeber haben. Er muss mit empfindlichen Geldbußen rechnen (Art. 83 DSGVO). Zudem können Mitarbeiter neuerdings wegen immaterieller Schäden finanziellen Ausgleich verlangen, wenn ihr Persönlichkeitsrecht verletzt ist.

Schlagworte zum Thema:  Datenschutz, Datenschutz-Grundverordnung