In Verfahren zu Verlustfeststellungsbescheiden hatte der BFH im Rahmen des § 181 Abs. 5 S. 1 AO über die dienende Funktion eines Verlustfeststellungsbescheids für Verlustfeststellungsbescheide folgender Veranlagungszeiträume zu entscheiden (vgl. BFH v. 12.6.2002 – XI R 26/01, BFHE 198, 395; v. 10.7.2008 – IX R 90/07, BFHE 222, 32 = AO-StB 2009, 44). Die Rechtsprechung erging zu Streitjahren, in denen die § 181 Abs. 5 AO einschränkende Regelung des § 10d Abs. 4 S. 6 EStG keine Anwendung fand. Die Urteilsgrundsätze können verleiten, die aufgestellten Grundsätze auf andere, mehrstufige Feststellungsverfahren anzuwenden.

Der BFH kam zum Ergebnis, dass nicht nur auf Bescheide desselben oder des unmittelbar anschließenden Veranlagungszeitraums abgestellt werden kann, sondern eine mittelbar dienende Funktion ausreichend ist (BFH v. 12.6.2002 – XI R 26/01, BFHE 198, 395). Diese mittelbar dienende Funktion betrifft m.E. aber lediglich eine zeitliche Komponente. Zurecht bejaht der BFH, dass eine mittelbar für künftige Veranlagungszeiträume dienende Funktion ausreicht. Aus der mittelbar dienenden Funktion hinsichtlich künftiger Veranlagungszeiträume kann m.E. aber nicht geschlossen werden, dass innerhalb eines Veranlagungszeitraums eine mittelbar dienende Funktion der Feststellung auf erster Stufe für die Festsetzung auf letzter Stufe für die Anwendung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO (bspw. bei mehrstöckigen Personengesellschaften) ausreicht.

 

Beispiel

Sachverhalt: Die im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH ist am 31.12.2021 zu 100 % an der in Schweden ansässigen HoldCo. beteiligt, die wiederrum zu 100 % an der schwedischen Subsidiary AB beteiligt ist. Die Subsidiary AB hält 100 % der in Schweden ansässigen Zwischengesellschaft (ZG). Die Gesellschaften erzielen im Wirtschaftsjahr 21 passive, niedrig besteuerte Einkünfte im Sinne der Hinzurechnungsbesteuerung i.H.v.:

 
HoldCo.: 20
Subsidiary AB: –40
ZG: 100

Die Feststellungserklärungen nach § 18 Abs. 3 AStG a.F. wurden jeweils im Mai 22 eingereicht. Die Feststellungsbescheide ergingen im Juni 22 erklärungsgemäß.

Bei der A-GmbH findet für die Veranlagungszeiträume 19–21 bezüglich Körperschaftsteuer eine Außenprüfung statt, die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 S. 1 AO greift. Im März 27 beabsichtigt das FA den Feststellungsbescheid aufgrund der Beteiligung an der ZG zu ändern und die passiven Einkünfte auf 110 zu erhöhen. Eine Korrekturvorschrift ist einschlägig, Steuerstraftaten oder -ordnungswidrigkeiten liegen nicht vor.

Lösung: Weil eine Korrekturvorschrift einschlägig ist, darf das FA den Feststellungsbescheid 31.12.2021 aufgrund der Beteiligung an der ZG grds. ändern, wenn die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Aufgrund der Einreichung der Feststellungserklärung im Mai 22, tritt Feststellungsverjährung mit Ablauf 26 ein (§§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO). Weil die Feststellungsbescheide nicht Teil einer Außenprüfung sind, greift die Ablaufhemmung nicht. Dasselbe gilt für die Feststellungsbescheide aufgrund der Beteiligung an der Subsidiary AB bzw. HoldCo.

Damit ist im März 27 bereits Feststellungsverjährung eingetreten. Das FA darf die gesonderte Feststellung trotz eingetretener Verjährung aber ändern, wenn die gesonderte Feststellung "für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist" (§ 181 Abs. 5 S. 1 AO). Über den Wortlaut hinaus gilt die Vorschrift auch für mehrstufige Feststellungsverfahren (§ 181 Abs. 1 S. 1 AO).

Über § 14 AStG a.F. erfolgen Zurechnungen bei der jeweils nachfolgenden Muttergesellschaft. Die passiven Einkünfte der ZG werden also der Subsidiary AB zugerechnet, deren verbleibende, passiven Einkünfte werden der HoldCo. zugerechnet. Die passiven Einkünfte der HoldCo. werden im letzten Schritt auf Ebene der A-GmbH hinzugerechnet und unterliegen dort im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung der Besteuerung.

Die Festsetzungsfrist der A-GmbH ist aufgrund der einschlägigen Ablaufhemmung laut Sachverhalt nicht abgelaufen. Darauf kann es m.E. für den Feststellungsbescheid aufgrund der Beteiligung an der ZG jedoch nicht ankommen. Weil die passiven Einkünfte der Subsidiary AB zugerechnet werden und die Feststellungsfrist hinsichtlich der Beteiligung an der Subsidiary AB mit Ablauf 26 verstrichen ist, kann eine Änderung auf Ebene der ZG nicht auf § 181 Abs. 5 S. 1 AO gestützt werden. In mehrstufigen Feststellungsverfahren hat die gesonderte Feststellung auf Ebene der ersten Stufe (hier ZG) für die gesonderte Feststellung auf der zweiten Stufe (hier Subsidiary AB) die gleiche dienende Funktion wie bei einem einfachen Feststellungsverfahren die Feststellung für die Steuerfestsetzung (BFH v. 13.7.1999 – VIII R 76/97, BFHE 189, 309).

Weil auf die nächste Stufe abgestellt werden muss, kommt der Berechnung der Verjährungsfrist der Steuerfestsetzung auf Ebene der A-GmbH für die Anwendung des § 181 Abs. 5 S. 1 AO nur für den Fall Bedeutun...

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