Besteht eine ertragsteuerliche Organschaft und geht die Organbeteiligung auf einen anderen Rechtsträger über, werden folgende Fragestellungen relevant:

  • Kommt es zu einem automatischen Übergang des Ergebnisabführungsvertrages (EAV) auf den Erwerber?
  • Unter welchen Voraussetzungen tritt der Erwerber als neuer Organträger (OT) in die ertragsteuerliche Organschaft ein?
  • In welchen Fällen muss der bestehende EAV beendet und durch einen neuen EAV ersetzt werden? Wie kann dabei eine Organschaftspause vermieden werden?

Zu diesen Fragestellungen im Einzelnen:

1. Zivilrechtliche Aspekte

a) Übertragung der Organbeteiligung durch Einzelrechtsnachfolge

Wird die Organbeteiligung an einer GmbH durch Anteilsabtretung im Wege der Einzelrechtsnachfolge abgetreten, geht der EAV nicht auf den Anteilserwerber über, sondern bleibt weiterhin mit dem Veräußerer (= OT) bestehen.[1]

Steuerlich ist die Organschaft aber nicht mehr anzuerkennen, da die Organgesellschaft (OG) mit der Anteilsveräußerung nicht mehr in das Unternehmen des bisherigen OT (= Anteilsveräußerers) finanziell eingegliedert ist (vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG).

Zivilrechtlich gilt der EAV aber fort, d.h. der Veräußerer hat weiterhin

  • einen Anspruch auf Gewinnabführung und
  • die Verpflichtung zum Verlustausgleich.

Da eine solche zivilrechtliche Fortgeltung eines steuerlich nicht anzuerkennenden EAV in der Regel nicht gewollt sein dürfte, ist der EAV auf den Zeitpunkt der Anteilsveräußerung zu beenden, und zwar – sofern zivilrechtlich möglich – durch Kündigung oder Aufhebung.

Beraterhinweis Wird diese Problematik übersehen, können sich für die involvierten Berater erhebliche Haftungsrisiken ergeben.[2]

[1] Vgl. Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Rz. 731 (März 2021); Wirth, DB 1990, 2105; Herrmann, BB 1999, 2270; Fenzel/Antoszkiewicz, FR 2003, 1061 ff. Sofern die Veräußerung an einen außenstehenden Gesellschafter erfolgt, könnte der EAV analog § 307 Abs. 1 AktG enden. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die GmbH ist aber höchstrichterlich noch ungeklärt und wird derzeit in der Literatur kontrovers diskutiert (vgl. zum Meinungsstand: Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Tz. 729, 730 [März 2021]).
[2] Vgl. dazu Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Rz. 731 m.w.N.

b) Übertragung der Organbeteiligung durch Gesamtrechtsnachfolge

Wird der OT auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen, geht nach allgemeiner Auffassung der EAV zusammen mit der Organbeteiligung auf den übernehmenden Rechtsträger gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG über.[3] Entsprechendes gilt, wenn der OT eine Personengesellschaft ist und diese auf einen anderen Rechtsträger anwächst.[4] Beim übernehmenden Rechtsträger kann es sich auch um eine natürliche, als Alleingesellschafter beteiligte Person handeln, die bei einer Verschmelzung grundsätzlich im Handelsregister eingetragen sein muss (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 122 UmwG).[5] Beachten Sie: Die Anwachsung einer Personengesellschaft wird hingegen auch ohne Registereintragung zivilrechtlich wirksam.

[3] Winter in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 20 UmwG Rz. 55–59 m.w.N.; Marsch-Barner/Oppenhoff in Kallmeyer, UmwG, 7. Aufl. 2020, § 20 Rz. 18–22 m.w.N.
[4] Durch das seit 2024 geltende MoPeG wurde das Gesamthandsprinzip zwar im Personengesellschaftsrecht abgeschafft, nicht jedoch die Anwachsung einer Personengesellschaft auf ihren letzten verbleibenden Gesellschafter (vgl. dazu Bühler, NZG 2024, 51 ff. unter II.2 m.w.N.).
[5] Marsch-Barner/Oppenhoff in Kallmeyer, UmwG, 7. Aufl. 2020, § 3 Rz. 17 und Zimmermann in Kallmeyer, UmwG, 7. Aufl. 2020, § 122 Rz. 9.

c) Übertragung der Organbeteiligung durch partielle Gesamtrechtsnachfolge

Bei der partiellen Gesamtrechtsnachfolge wird ein Teil des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers "als Gesamtheit" auf einen anderen Rechtsträger übertragen.

Fälle einer solchen partiellen Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu §§ 123 ff. UmwG) sind jeweils

  • Abspaltung,
  • Aufspaltung und
  • Ausgliederung.

Im Rahmen dieser drei Umwandlungsvarianten geht ein EAV aber nur über, wenn die Organbeteiligung und der EAV zusammen auf denselben Rechtsträger abgespalten bzw. ausgegliedert werden.

Beraterhinweis Ein solcher umwandlungsbedingter Übergang des EAV setzt dabei nicht die Zustimmung der OG voraus.[6]

[6] Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 131 Rz. 59 m.w.N.

d) Überleitung durch Änderungsvereinbarung

Zudem kann der EAV durch eine Vertragsübernahme auf einen Dritten als neuen OT übergeleitet werden – und zwar dergestalt, dass aufgrund einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen

  • OT,
  • OG und
  • Drittem

der OT aus dem EAV als Vertragspartei ausscheidet und der Dritte an dessen Stelle als neuer OT in den bestehenden EAV eintritt.

Beraterhinweis Eine solche Vertragsänderung stellt eine Änderung des bisherigen EAV dar und wird erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister rechtswirksam.[7]

[7] Liebscher in MünchKomm/GmbHG, 4. Aufl. 2022, Anh. § 13 GmbHG, Rz. 994 m.w.N.

e) Formwechsel des OT

Der Formwechsel eines OT in eine andere Rechtsform hat keine Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Bestand des EAV. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um

  • einen sog. kreuzenden Formwechsel (von Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft) oder
  • einen sog. nichtkreuzenden Formwechsel (Beibehaltung der Personen- oder Kapitalgesellschaftsrechtsform)

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