Wechsel zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 KStG

Die Finanzverwaltung hat sich zum Wechsel weg von der bisherigen Bildung von steuerlichen Ausgleichsposten für Minder- und Mehrabführungen hin zu der sog. Einlagelösung geäußert.

Wechsel zur Einlagelösung

Bei einer ertragsteuerlichen Organschaft waren bisher aktive bzw. passive Ausgleichsposten zu bilden, wenn der an den Organträger auf der Grundlage des Ergebnisabführungsvertrags abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abgewichen ist und die Ursache der Abweichung in der organschaftlichen Zeit begründet war.

Dieses System galt als komplex und streitanfällig. Deshalb hat der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 4 KStG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (KöMoG) den Wechsel zur sog. Einlagelösung vorgeschrieben. Seither führen organschaftliche Minderabführungen zu einer Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft. Sind Mehrabführungen der Organgesellschaft an den Organträger gegeben, stellen diese eine Einlagenrückgewähr dar.

BMF-Schreiben äußert sich zu Zweifelsfragen

Mit diesem Paradigmenwechsel – weg von steuerlichen Ausgleichsposten und hin zur sog. Einlagelösung – sind in der Praxis einige Zweifelsfragen aufgetreten. Diese sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung wie folgt zu lösen sein:

Zeitliche Anwendung

Die Änderungen sind erstmals auf Mehr- bzw. Minderabführungen nach dem 31.12.2021 anzuwenden. Dabei kommt es auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an. Um keine zwei Systeme parallel zu führen, sind bisher beim Organträger noch bestehende Ausgleichsposten in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31.12.2021 endet. Weichen die Wirtschaftsjahre von Organträger und Organgesellschaft voneinander ab, ist auf die Organgesellschaft abzustellen und die Ausgleichsposten damit ggf. erst zum Schluss des darauf folgenden Wirtschaftsjahres aufzulösen (§ 34 Abs. 6e Sätze 5 - 7 KStG).

Minder- und Mehrabführungen

In organschaftlicher Zeit verursachte Minderabführungen führten zu einem aktiven Ausgleichsposten. Dessen Auflösung ist wie eine Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln. Entsprechend erhöht sich der Beteiligungsbuchwert beim Organträger. Diese Erhöhung bleibt beim Organträger einkommensneutral, sodass der buchtechnische Ertrag außerbilanziell korrigiert wird.

In organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen der Organgesellschaft führten zu einem negativen Ausgleichsposten. Dessen Auflösung ist wie eine Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger zu behandeln. Entsprechend verringert sich der Beteiligungsbuchwert beim Organträger. Diese Verringerung ist beim Organträger grundsätzlich einkommensneutral, weshalb der buchtechnische Aufwand außerbilanziell korrigiert wird. Dies gilt allerdings nur bis zu einer Minderung des Beteiligungsbuchwerts auf 0 EUR, denn eine dadurch bedingte Bilanzierung eines negativen Buchwerts ist nicht zulässig.

Die Einlagen bzw. Einlagenrückgewähr sind nicht auf das Verhältnis der Beteiligung des Organträgers am Nennkapital der Organgesellschaft begrenzt.

Ist eine Personengesellschaft Organträger, ist für den Beteiligungsbuchwert für den jeweiligen Mitunternehmer auf den anteiligen Buchwert in der Gesamthandsbilanz sowie etwaiger Mehr- oder Minderbuchwerte in einer Ergänzungsbilanz abzustellen. Minder- und Mehrabführungen sind nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen.

Eine Saldierung der Minder- und Mehrabführungen bei der Organgesellschaft ist nicht zulässig. Hingegen kann eine Saldierung der Minder- und Mehrabführungen beim Organträger beteiligungsbezogen erfolgen. Dies ist damit begründet, dass die Minder- und Mehrabführungen in dem Zeitpunkt als verursacht gelten, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.

Beteiligungsertrag

Im Fall, dass ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus aktivem Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung übersteigt, ergibt sich in Höhe des übersteigenden Betrags ein veräußerungsähnlicher Beteiligungsertrag. Dieser Beteiligungsertrag ist zu versteuern – je nach Rechtsform des Organträgers entweder nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG (§ 34 Abs. 6e Sätze 9 und 10 KStG).

Beispiel: Die A-GmbH ist Organträgerin der B-GmbH und hatte diese mit einem Beteiligungsbuchwert von 100 aktiviert. Es kommt zu einer Mehrabführung mit 130. Dadurch verringert sich der Beteiligungsbuchwert, jedoch maximal bis auf 0. Der übersteigende Betrag von 30 stellt bei der A-GmbH einen veräußerungsähnlichen Ertrag dar, der unter § 8b Abs. 2 KStG fällt. Es verbleibt eine steuerliche Einkommenserhöhung von 5 % von 30 = 1,5 pauschal nichtabziehbarer Betriebsausgaben.

Rücklagenbildung

Anstelle der Versteuerung des veräußerungsähnlichen Ertrags kann ein Wahlrecht in Anspruch genommen werden. Der Beteiligungsertrag wird dann in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage eingestellt und über 10 Jahre verteilt aufgelöst (§ 34 Abs. 6e Sätze 11 ff. KStG). Die Rücklage ist in der ersten Steuerbilanz desjenigen Wirtschaftsjahres zu bilden, das nach dem 31.12.2021 endet. Eine Rücklage ist auch möglich bei unterschiedlichen Wirtschaftsjahren bei Organgesellschaft und Organträger.

Eine Rücklage kann auch gebildet werden, wenn die Organschaft bereits vor dem 31.12.2021 beendet wurde. Zudem besteht das Wahlrecht zur Bildung einer Gewinnrücklage nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach (§ 34 Abs. 6e KStG). Es kann damit ggf. eine Rücklage gebildet werden, die hinter dem veräußerungsähnlichen Ertrag zurückbleibt.

Rücklagenauflösung

Die Rücklage ist über 10 Jahre verteilt gleichmäßig mit je 1/10 Gewinn erhöhend aufzulösen, beginnend im Jahr ihrer Bildung. Der jährliche Auflösungsbetrag unterliegt als veräußerungsähnlicher Ertrag einer Versteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG (§ 34 Abs. 6e Satz 16 KStG).

Kommt es im 10-jährigen Zeitraum zu einer vollständigen Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft, wird die verbleibende Rücklage in vollem Umfang Gewinn erhöhend aufgelöst. Einer Veräußerung gleichgestellt ist u. a. die Umwandlung der Organgesellschaft in eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person, ein Formwechsel, eine verdeckte Einlage der Beteiligung, deren Entnahme oder Übertragung in Sonderbetriebsvermögen oder die Auflösung der Organgesellschaft (§ 34 Abs. 6e Sätze 14 f. KStG).

Eine nur teilweise Veräußerung der Beteiligung führt zu einer entsprechenden nur anteiligen Auflösung der Rücklage. Bei mehreren mittelbaren Beteiligungen bzw. bei unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen erfolgt ein "Durchrechnen" auf Basis der Stimmrechte um den aufzulösenden Anteil der Rücklage zu bestimmen.

Unerheblich für die Auflösung der Rücklage ist die Beendigung bzw. der Wegfall der Voraussetzungen für eine Organschaft; die Rücklage kann gleichwohl fortgeführt werden.

Rücklage bei Personengesellschaften

Ist Organträger eine Personengesellschaft, wird die Rücklage in der Gesamthandsbilanz gebildet. Das Wahlrecht zur Bildung der Rücklage ist gesellschaftsbezogen auszuüben.

Steuerliches Einlagekonto

In organschaftlicher Zeit eintretende Minderabführungen erhöhen und Mehrabführungen mindern das steuerliche Einlagekonto bei einer Organgesellschaft. Zu beachten ist, dass Minderungen vorrangig vor anderen Leistungen zu berücksichtigen sind (§ 27 Abs. 6 Satz 2 KStG) und zudem ein sog. Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto erfolgt (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG). Es kann deshalb ein negatives steuerliches Einlagekonto entstehen bzw. sich erhöhen.

Mittelbare Organschaft

Besonderheiten gilt es im Fall einer nur mittelbaren Organschaft zu beachten. Hierbei sind drei Alternativen der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger zu unterscheiden:

  • Bei der Alternative 1 ergibt sich die finanzielle Eingliederung ausschließlich durch eine mittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft über eine Zwischengesellschaft.
  • Die Alternative 2 ergibt sich die Eingliederung durch die mittelbare Beteiligung über eine Zwischengesellschaft und darüber hinaus noch eine unmittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft.
  • Und bei der Alternative 3 ist eine finanzielle Eingliederung nur durch Addition einer unmittelbaren und einer mittelbaren Beteiligung über eine Zwischengesellschaft gegeben.

Alternative 1

Es gilt allgemein, dass die bilanziellen Folgen der Einlagen bzw. Einlagenrückgewähr auf jeder Beteiligungsstufe nachzuvollziehen sind – unabhängig vom Bestehen einer Organschaft mit der Zwischengesellschaft.

Damit sind in organschaftlicher Zeit verursachte Minderabführungen der Organgesellschaft wie eine Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln. Es erhöhen sich der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft bei der Zwischengesellschaft und auch der Beteiligungsbuchwert der Zwischengesellschaft beim Organträger. Gleiches gilt für das steuerliche Einlagekonto, zumindest wenn die Zwischengesellschaft eine Körperschaft ist und damit § 27 KStG greift.

In organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen sind wie eine Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger zu behandeln. Es verringert sich der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft bei der Zwischengesellschaft und auch der Beteiligungsbuchwerts der Zwischengesellschaft beim Organträger. Gleiches gilt für den Abgang beim steuerlichen Einlagekonto.

Ist die Zwischengesellschaft nicht im Inland ansässig, gilt im Verhältnis der inländischen Organgesellschaft zu einer ausländischen Zwischengesellschaft die Mehrabführung als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an die Zwischengesellschaft, welche bei der Zwischengesellschaft den Beteiligungsansatz mindert. Eine Weiterleitung der Mehrabführung an den inländischen Organträger wird fingiert und gilt als Leistung i.S.d. § 27 Abs. 8 Satz 3 KStG. Auf Antrag kann auf die betreffende Feststellung verzichtet werden (§ 27 Abs. 8 KStG).

Alternative 2 und Alternative 3

In diesen Fallgruppen sind Minder- und Mehrabführungen der Organgesellschaft auf beide Beteiligungsstränge aufzuteilen. Hierbei wird auf das Verhältnis der Höhe der unmittelbaren Beteiligung des Organträgers an den Stimmrechten der Organgesellschaft und der Höhe der mittelbaren Beteiligung der Zwischengesellschaft an den Stimmrechten der Organgesellschaft abgestellt.

Beispiel: Der Organträger ist zu 40 % unmittelbar an der Organgesellschaft beteiligt. Zudem ist er zu 80 % an der Zwischengesellschaft beteiligt, die wiederum zu 20 % an der Organgesellschaft beteiligt ist.

Die finanzielle Eingliederung ergibt sich aus der Addition beider Beteiligungsstränge und beträgt 56 % (40 % unmittelbar zuzüglich 20 % von 80 % = 16 % mittelbar). Dies entspricht einem Verhältnis zwischen den Beteiligungsstränge von 40/56 zu 16/56, in welchem Minder- bzw. Mehrabführungen aufzuteilen sind auf den Buchwert der Organgesellschaft beim Organträger (40/56) bzw. bei der Zwischengesellschaft (16/56).

Dieses Vorgehen gilt auch dann, wenn sich die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger bereits durch die mittelbare Beteiligung über eine Zwischengesellschaft ergibt und darüber hinaus auch eine unmittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft besteht.

Kettenorganschaft

Liegt eine sog. Kettenorganschaft vor, sind bestehende Ausgleichsposten auf allen Beteiligungsebenen aufzulösen. Ist eine Gesellschaft zugleich Organträger und Organgesellschaft, ist die Regelung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG anzuwenden. Damit tritt insbesondere für einen Beteiligungsertrag die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG erst auf der Ebene des obersten Organträgers ein. Dies gilt auch für Fälle mit künftigen Mehrabführungen.

BMF, Schreiben v. 29.9.2022, IV C 2 - S 2770/19/10004 :007

Schlagworte zum Thema:  Organschaft, Körperschaftsteuer