Bei der Verschmelzung des OT geht der EAV im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den aufnehmenden Rechtsträger (RT) über.

Erfolgt die Verschmelzung auf einen unterjährigen Verschmelzungsstichtag, wird dem RT das nach dem steuerlichen Verschmelzungsstichtag erzielte Ergebnis des bisherigen OT steuerlich zugerechnet. Der übergehende EAV hat aber nach der Hauptentscheidung (BFH v. 11.7.2023 – I R 21/20) zur Folge, dass für das gesamte Wirtschaftsjahr zwischen der OG und dem RT als neuem OT eine ertragsteuerliche Organschaft besteht, so dass dem neuen OT das gesamte steuerliche Ergebnis des Wirtschaftsjahres der OG steuerlich zugerechnet wird, d.h. der EAV "hebelt insoweit" die maximal achtmonatige Rückwirkung der Verschmelzung aus und kann – bezogen auf das steuerliche Organergebnis – die ertragsteuerliche Rückwirkung de facto auf bis zu 12 Monate verlängern. Dieser Verlängerungseffekt stellt kein steuerliches Wahlrecht dar, sondern ist zwingende Folge der vom BFH hier angewandten Fußstapfentheorie.

Soll dieser Verlängerungseffekt vermieden werden, muss bei der OG auf den Zeitpunkt des unterjährigen Verschmelzungsstichtages

  • das Geschäftsjahr umgestellt und
  • ein abweichendes Rumpfgeschäftsjahr gebildet werden.

Der EAV ist zum Ablauf des Rumpfgeschäftsjahres zu kündigen, die Verschmelzung stellt dabei einen wichtigen Grund zur Kündigung dar (vgl. R 14.5 Abs. 6 S. 2 KStR [Stand: März 2023]). Als satzungsändernde Maßnahme muss die Umstellung des Geschäftsjahres vor dem Beginn des Rumpfgeschäftsjahres im Handelsregister der OG eingetragen werden (§§ 53, 54 GmbHG).[16]

Der übernehmende RT schließt mit der OG einen neuen EAV ab – und zwar mit Wirkung ab dem Verschmelzungsstichtag. Aufgrund der steuerlichen Rückwirkung der Verschmelzung ist die dafür benötigte finanzielle Eingliederung auch nach Auffassung der Finanzverwaltung gegeben (vgl. Org. 02 und 03 UmwSt-E 2011). Im Rahmen des Abschlusses des neuen EAV kann das Geschäftsjahr der OG wieder auf das Kalenderjahr umgestellt werden (vgl. R 14.4 Abs. 3 KStR [Stand: Sep. 2022]).

Der Gewinnabführungsanspruch aus einem EAV steht ausschließlich demjenigen zu, der am Ende des Wirtschaftsjahres der OG nach dem EAV anspruchsberechtigter OT ist. Beachten Sie: Dies gilt auch, wenn diese unternehmensvertragliche Anspruchsberechtigung während des Wirtschaftsjahres der OG auf eine andere Person übergegangen ist.

Die steuerliche Behandlung des EAV knüpft an diese zivilrechtliche Situation an – und zwar dahingehend, dass das in einem Wirtschaftsjahr erzielte steuerliche Ergebnis einer OG demjenigen in vollem Umfang zugerechnet wird, der am Ende dieses Wirtschaftsjahres aus dem EAV als OT anspruchsberechtigt ist. Kommt es zu einem unterjährigen Übergang dieser Anspruchsberechtigung, besteht deswegen für die Erstellung einer handelsrechtlichen oder steuerlichen Zwischenbilanz keine Notwendigkeit, insbesondere ist kein Raum für eine zeitanteilige steuerliche Einkommenszurechnung. Entsprechendes gilt, wenn es bei einer OT-Personengesellschaft zu einem unterjährigen Gesellschafterwechsel kommt.[17]

[16] Vgl. zu diesen beiden Alternativen die Rz. 44, 45 der Hauptentscheidung m.w.N. auf die BFH-Rechtsprechung; s.a. Walter in Bott/Walter, KStG, § 14 Rz. 746 (März 2021).
[17] Vgl. die Rz. 44, 45 der Hauptentscheidung; s.a. BFH v.28.2.2013 – IV R 50/09, BStBl. II 2013, 419 = GmbH-StB 2013, 236 (Formel). Die Verlängerbarkeit der steuerlichen Rückwirkung dürfte die Finanzverwaltung kritisch sehen, was der Grund dafür sein könnte, dass der Organschaftsteil des Erlassentwurfes die Fußstapfentheorie weiterhin ignoriert.

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