Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Schlechtwettergeldes

 

Orientierungssatz

1. Maßgebende Arbeitszeit iS von § 69 AFG ist die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betriebe die Gruppe zu leisten hat, der derjenige Arbeitnehmer angehört, dessen Anspruch geltend gemacht wird (vgl BSG 30.9.1975 7 RAr 94/73 = SozR 4100 § 69 Nr 2).

Nichts anderes gilt, wenn die regelmäßige betriebsübliche Arbeitszeit eines Werktages zu bestimmen ist.

2. Abzustellen ist, wenn die Arbeitszeit an Freitagen je nach Arbeitsgruppe unterschiedlich lang ist, auf die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betrieb die Gruppe freitags zu leisten hat, der der Anspruchsinhaber angehört.

3. Gleichen die jeweiligen Pauschalbeträge (Lohnausgleich nach dem Tarifvertrag zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Winterperiode (Lohnausgleich-Tarifvertrag) den Arbeits- und Feiertagslohn aus, der in der Zeit vom 24. Dezember bis 1. Januar nach der im Einzelfalle vereinbarten Arbeitszeit, höchstens nach der tariflichen Arbeitszeit angefallen wäre, werden mit der Lohnausgleichszahlung somit in jedem Abrechnungszeitraum soviele Arbeitsstunden vergütet, wie bei der üblichen oder vereinbarten Verteilung der Arbeitszeit auf Wochentage im jeweiligen Abrechnungszeitraum anfallen oder als Feiertagslohn zu vergüten sind.

 

Normenkette

AFG §§ 69, 85 Abs 3

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Entscheidung vom 16.02.1984; Aktenzeichen L 5 Ar 35/83)

LSG Bremen (Urteil vom 16.02.1984; Aktenzeichen L 5 Ar 33/83)

SG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1983; Aktenzeichen S 9 Ar 182/82)

SG Bremen (Entscheidung vom 08.09.1983; Aktenzeichen S 9 Ar 181/82)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe von Schlechtwettergeldern (SWG) und von Zuschüssen zu Aufwendungen der Klägerinnen für die Rentenversicherung ihrer Arbeitnehmer.

Im Januar 1982 beantragte die Klägerin zu 1), ein Bauunternehmen, für den Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. Dezember 1981 Wintergeld, SWG und einen Zuschuß zu den Rentenversicherungsbeiträgen. Die Beklagte entsprach dem Antrag, hinsichtlich der SWG und des Zuschusses jedoch nicht in der von der Klägerin zu 1) angegebenen Höhe (Bescheid vom 25. Februar 1982).

Im Februar 1982 stellte die Klägerin zu 1) die entsprechenden Anträge für den Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. Januar 1982. Sie beantragte ua 493.740,46 DM an SWG für mehr als 600 Arbeitnehmer und 141.797,30 DM als Zuschuß; die Beklagte entsprach diesen Anträgen jedoch nur in Höhe von 490.640,21 DM und 140.892,62 DM (Bescheid vom 5. März 1982). Die diesen Abrechnungszeitraum betreffenden Kürzungen beruhten darauf, daß die Beklagte bei 159 oder 160 Arbeitnehmern - das Landessozialgericht (LSG) spricht von 159 Arbeitnehmern, zählt man jedoch die für einzelne Arbeitnehmergruppen vom LSG genannten Zahlen zusammen, ergeben sich 160 Arbeitnehmer - anstelle der von der Klägerin zu 1) angegebenen tariflichen Arbeitszeit von 168 Stunden im Abrechnungszeitraum von einer niedrigeren Stundenzahl ausging. Für die Arbeitnehmer der Klägerin galt der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 (BRTV-Bau) und damit eine regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden. Die betroffenen Arbeitnehmer gehörten nun Betriebsabteilungen an, deren wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden auf die einzelnen Werktage so verteilt war, daß regelmäßig samstags nicht und freitags je nach Betriebsabteilung nur noch 4, 5, 6 oder 6,5 Stunden gearbeitet wurden. Wegen der für den 1. Januar 1982, einen Freitag, anzusetzenden Arbeitszeit ging die Beklagte daher bei den betroffenen Arbeitnehmern je nachdem, welcher Betriebsabteilung sie angehörten, von einer betriebsüblichen Arbeitszeit im Januar 1982 von 164, 165, 166 oder 166,5 Stunden aus. Andererseits sah die Beklagte aufgrund des Pauschalbetrages, den die Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Winterperiode (Lohnausgleich-Tarifvertrag) vom 10. August 1962 idF vom 1. März 1980 (LTV-Bau) für die Zeit vom 24. Dezember 1981 bis 1. Januar 1982 erhalten hatten, entsprechend den Angaben der Klägerin zu 1) auch bei den betroffenen Arbeitnehmern 8 Arbeitsstunden im Januar 1982 als entlohnt an. Dies hatte zur Folge, daß sich die von der Klägerin zu 1) angegebene Anzahl der Stunden, für die SWG zu gewähren war, bei 44 Arbeitnehmern um 4, bei 40 Arbeitnehmern um 3, bei 53 Arbeitnehmern um 2 und bei 23 Arbeitnehmern um 1,5 Stunden verringerte, da nach § 85 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Anspruch auf SWG nur für Ausfallstunden besteht, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, in einem Abrechnungszeitraum die betriebliche Arbeitszeit nicht überschreiten. Entsprechend hatte sich der der Klägerin zu 1) zu gewährende Zuschuß verringert.

Den gegen die Bescheide vom 25. Februar 1982 und 5. März 1982 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 1982).

Die Klägerin zu 2), ebenfalls ein Bauunternehmen, beantragte im Februar 1982 entsprechende Leistungen für den Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. Januar 1982, ua 9.612,05 DM SWG für 12 Arbeitnehmer und 2.720,91 DM an Zuschuß. Die Beklagte gewährte 9.365,84 DM und 2.621,36 DM; bei allen Arbeitnehmern ging die Beklagte davon aus, daß die betriebsübliche Arbeitszeit im Januar 1982 wegen der Arbeitszeit am Freitag 165 Stunden und nicht 168 Stunden betrug (Bescheid vom 4. März 1982, Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1982).

Das Sozialgericht (SG) hat die von den Klägerinnen erhobenen beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und in Änderung der ergangenen Bescheide, auch des Bescheides vom 25. Februar 1982, die Beklagte antragsgemäß verurteilt, bei der Berechnung des SWG für den Monat Januar 1982 168 Stunden anzusetzen und SWG für 160 Stunden unter Abrechnung der bereits gezahlten Stunden zu zahlen (Urteil vom 8. September 1983). Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das LSG, nachdem die Klägerin zu 1) erklärt hatte, daß die Abrechnung für Dezember 1981 nicht mehr Streitgegenstand sei und der Bescheid vom 25. Februar 1982 nicht mehr angegriffen werde, das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 16. Februar 1984).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, Anspruch auf SWG bestehe nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe, in einem Lohnabrechnungszeitraum die Arbeitszeit im Sinne des § 69 AFG nicht überschritten. Zutreffend habe die Beklagte in den streitigen Fällen die berücksichtigungsfähige Gesamtarbeitszeit ermittelt. Gemäß § 69 AFG sei als Arbeitszeit die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit anzusetzen, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit nicht überschreite. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit betrage 8 Stunden und die wöchentliche 40 Stunden. Entsprechend sei die Arbeitszeit überwiegend bei der Klägerin zu 1) gestaltet, lediglich in einigen Abteilungen seien Differenzierungen vorgenommen worden. Die unterschiedliche Regelung der Arbeitszeit im Betrieb der Klägerin zu 1) hindere nicht die Annahme unterschiedlicher betriebsüblicher Arbeitszeitregelungen; denn was betriebsüblich sei, sei individuell für den betroffenen Arbeitnehmer zu ermitteln. Nach § 3 BRTV-Bau betrage die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit zwar 8 Stunden, jedoch lasse der BRTV-Bau auch eine andere Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu. Soweit an einzelnen Tagen die gesetzliche Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten worden sei, habe die Regelung der Arbeitszeitordnung (AZO) entsprochen, da § 4 AZO Abweichungen bis zu 10 Stunden täglich zulasse. Unerheblich für die tarifliche bzw betriebsübliche Arbeitszeit sei der LTV-Bau. Dieser Tarifvertrag enthalte keine Arbeitszeitregelung. Er sehe vielmehr unabhängig von der erbrachten Arbeitsleistung einen bestimmten Lohnanspruch vor. Da es insoweit gerade nicht auf die Arbeitszeit ankomme, könne dieser Tarifvertrag bereits von seinem Sinn und Zweck her keine arbeitszeitliche Regelung enthalten. Maßgeblich sei somit die betriebsübliche Gestaltung. Die Beklagte habe daher zu Recht in den strittigen Fällen für den auf einen Freitag fallenden Neujahrstag 4, 5, 6 oder 6,5 Arbeitsstunden angesetzt und zusammen mit den 160 Stunden für den restlichen Abrechnungszeitraum eine betriebsübliche Arbeitszeit von 164, 165, 166 und 166,5 Stunden angenommen. Dabei werde nicht außer acht gelassen, daß eine differenzierte Berücksichtigung der Arbeitszeiten sich sowohl positiv wie auch negativ für den Arbeitnehmer auswirken könne. Abweichungen zu der tariflichen Arbeitszeit mit 5 Tagen zu 8 Stunden entstünden daraus, daß bei nur "angebrochenen Wochen" zu Beginn oder zum Ende eines Lohnabrechnungszeitraums die Arbeitszeit je nach Verteilung auf die einzelnen Wochentage unterschiedlich anzusetzen sei. Während im Januar 1982 die betriebsübliche Arbeitszeit unter der Zeit gelegen habe, die sich bei durchgehender Anrechnung eines Achtstundentages ergeben hätte, habe die betriebsübliche Arbeitszeit für den Monat Dezember 1981 höher gelegen. Bei Berücksichtigung einer Arbeitszeit von 8 Stunden täglich und wöchentlich 40 Stunden habe die Gesamtarbeitszeit im Dezember 1981 184 Stunden betragen. Dagegen seien bei einzelnen Arbeitnehmern aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Arbeitszeit bis zu 187,5 Stunden anzusetzen. Da diese betriebsübliche Zeit durch die tarifliche Regelung gedeckt sei, habe die Beklagte im Dezember 1981 zutreffend die in den Einzelfällen höheren Arbeitszeiten berücksichtigt. Für den Arbeitnehmer könnten sich daraus, je nach der Anzahl der witterungsbedingten Ausfallstunden in dem jeweiligen Monat, Vor- oder Nachteile ergeben. Diese Konsequenzen seien aufgrund der §§ 85 Abs 3, 69 AFG hinzunehmen. Soweit Ausfallstunden und Entgeltstunden die jeweiligen Höchstgrenzen überschritten, sei die Beklagte zu entsprechenden Kürzungen berechtigt gewesen.

Mit der Revision machen die Klägerinnen eine Verletzung des LTV-Bau geltend; dessen Bestimmungen seien für die Feststellung der betriebsüblichen bzw tariflichen Arbeitszeit erheblich. Der Tarifvertrag statuiere vom 24. Dezember bis 1. Januar eine arbeitsfreie Zeit, die durch den Lohnausgleich abgegolten werde. In dieser Zeit falle in der Regel keine Arbeit an. Müsse ausnahmsweise dennoch gearbeitet werden, werde diese Arbeit zusätzlich vergütet. Eine betriebsübliche Arbeitszeit sei im Lohnausgleichszeitraum ein Fremdkörper. Wenn indessen gleichwohl Stunden anzusetzen seien, könne nur das Konzept des BRTV-Bau angewandt werden, dem auch die Stundenaufteilung des Lohnausgleichs 1981/82 (48/56 Dezember 1981, 8/56 Januar 1982) entsprochen habe.

Die Klägerinnen beantragen, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die SWG der Arbeitnehmer und die Zuschüsse zu den Aufwendungen für Rentenversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts festzusetzen sind.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die vom LSG angeführten Gründe Bezug.

Der beigeladene Betriebsrat der Klägerin zu 1) stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerinnen, über die der Senat in der Besetzung mit den geschäftsplanmäßig vorgesehenen ehrenamtlichen Richtern entscheidet, deren Berufung dem Gesetz entspricht (vgl dazu den zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluß des 1. Senats vom 26. September 1985 - 1 S 12/85 -), ist begründet.

Ob und in welcher Höhe den Arbeitnehmern, deren Ansprüche die Klägerinnen als Prozeßstandschafter mit den beiden verbundenen Klagen geltend machen, für den Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. Januar 1982 SWG zu gewähren sind, richtet sich nach den §§ 83 ff des AFG vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) in der zuletzt durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung. Nach § 86 Abs 1 AFG gilt für die Bemessung und Höhe des SWG § 68 AFG mit Ausnahme von Abs 2 Satz 1 entsprechend. Das SWG wird demnach für die Ausfallstunden gewährt (§ 68 Abs 1 Satz 1 AFG), dh für einen durch die Ausfallstunden bedingten Lohnausfall. Indessen wird nicht für jede schlechtwetterbedingte Ausfallstunde SWG gewährt. Gemäß §§ 86 Abs 1, 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG bemißt sich das SWG ua nach der Zahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer am Ausfalltag innerhalb der Arbeitszeit (§ 69 AFG) geleistet hätte; Stunden, für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht oder für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, sind nicht zu berücksichtigen. Hieraus folgt, daß Ausfallstunden innerhalb der betriebsüblichen Schichtzeit nicht berücksichtigt werden, die sich durch entlohnte oder zu entlohnende Arbeitsstunden (Entgeltstunden) ausgleichen lassen, die am gleichen Tage, etwa nach Schichtende zurückgelegt worden sind; denn in einem solchen Falle entsteht innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeitdauer (Stundenzahl) kein Lohnausfall (BSG SozR Nr 1 zu § 68 AFG). Anspruch auf SWG besteht darüber hinaus nach § 85 Abs 3 AFG nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in einem Abrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreiten. SWG wird danach höchstens für soviele Ausfallstunden gewährt, wie die Differenz zwischen der Anzahl der regelmäßigen betrieblichen Arbeitsstunden im Abrechnungszeitraum und der Anzahl der auf diesen Zeitraum fallenden Entgeltstunden beträgt. Mehrarbeitsstunden gleichen somit Ausfallstunden aus, sofern Mehrarbeit und Ausfall im gleichen Abrechnungszeitraum angefallen sind. Es entspricht daher der Rechtslage, wenn die Beklagte prüft, ob im Abrechnungszeitraum Ausfallstunden zusammen mit Entgeltstunden die Arbeitszeit iS des § 69 AFG überschreiten und, soweit dies der Fall ist, für Ausfallstunden kein SWG gewährt (vgl Urteil des Senats vom 13. Mai 1981 - 7 RAr 12/80 - DBl BA R 2635 a AFG § 86).

Zutreffend hat das LSG für diese auf den Abrechnungszeitraum abzustellende Prüfung entschieden, daß die Arbeitszeit iS des § 69 AFG in dem Abrechnungszeitraum Januar 1982 für die von den Klagen betroffenen Arbeitnehmer je nachdem, wie sie freitags zu arbeiten hatten, 164, 165, 166 oder 166,5 Stunden betragen hat. Mit "Arbeitszeit iS des § 69" ist in § 85 Abs 3 AFG die Anzahl der Arbeitsstunden gemeint, die nach der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet (§ 69 AFG), im Abrechnungszeitraum ohne Rücksicht auf Arbeitsausfall für den Arbeitnehmer angefallen wären. Das erfordert, auch die regelmäßige betriebsübliche Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage zu berücksichtigen.

Zutreffend gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, daß angesichts der bei den Klägerinnen üblichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, wie sie § 3 Nr 1.1 Abs 1 Satz 1 BRTV-Bau vorsieht, und ihrer Verteilung auf die Werktage Montag bis Freitag für die Zeit vom 2. bis 31. Januar 1982 160 Arbeitsstunden anzusetzen sind. Das begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als die Stundenzahl von 160 etwa für Arbeitnehmer der Klägerin zu 1) im Freistaat Bayern Arbeitszeit für den 6. Januar 1982 einschließt, obwohl dieser Tag im Freistaat als Heilige Drei Könige (Epiphanias) gesetzlicher Feiertag ist (Art 1 Abs 1 Nr 1 des bayerischen Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 21. Mai 1980, GVBl 215). Der Arbeitgeber hat nämlich grundsätzlich für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, den Arbeitsverdienst zu zahlen, den der Arbeitnehmer ohne den Ausfall erhalten hätte (§ 1 Abs 1 des Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen vom 2. August 1951, BGBl I, 479, geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1975, BGBl I, 3091 - FeiertagslohnzahlungsG -). Die durch den gesetzlichen Feiertag ausfallenden Arbeitsstunden, zu denen ggf auch Mehr(Über-)stunden gehören (BAG AP Nr 12 und 16 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG), sind also iS des § 85 Abs 3 AFG Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht (Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand März 1985, § 85 Anm 25; Schmidt in Eckert ua, Gemeinschaftskomm zum AFG, § 85 RdZiffer 21; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, § 85 RdZiffer 23). Sind diese Stunden als Entgeltstunden zu Lasten des SWG-Anspruchs im Rahmen des § 85 Abs 3 AFG zu berücksichtigen, müssen andererseits die infolge des Feiertages ausfallenden Arbeitsstunden, soweit sie nach der regelmäßigen betriebsüblichen Verteilung der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit am Feiertage angefallen wären, zugunsten des SWG-Anspruchs die Arbeitszeit im Abrechnungszeitraum iS des § 69 AFG erhöhen. Die Anzahl der durch den Feiertagslohn vergüteten Entgeltstunden wird zwar im allgemeinen gleich der Anzahl von Arbeitsstunden sein, die am Feiertag nach der regelmäßigen betriebsüblichen Arbeitszeit angefallen wäre, so daß sich die Berücksichtigung der Feiertagsstunden auf die Anzahl der Ausfallstunden, für die SWG in einem Abrechnungszeitraum zu gewähren ist, in der Regel nicht auswirkt. Das macht die Berücksichtigung von Feiertagslohn (und anderen Lohnausfallvergütungen) und der am Feiertag (bzw Ausfalltag) ausgefallenen regelmäßigen Arbeitsstunden im Rahmen des § 85 Abs 3 AFG indessen nicht überflüssig. Erst sie ermöglicht nämlich für den Fall, daß mehr als die regelmäßige betriebsübliche Arbeitszeit vom Arbeitgeber zu vergüten ist oder vergütet wird, daß vergütete Mehrstunden die Anzahl der wegen schlechten Wetters ausgefallenen Arbeitsstunden im gleichen Abrechnungszeitraum verringern, für die die Beklagte SWG zu gewähren hat.

Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob auch bei den von den Klagen betroffenen Arbeitnehmern für den 1. Januar 1982, einen Freitag, 8 oder die geringere Anzahl von 4, 5, 6 oder 6,5 Arbeitsstunden anzusetzen ist, die diese Arbeitnehmer freitags zu arbeiten hatten, hat das LSG zutreffend beantwortet.

Wie der Senat zu dem Begriff der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 69 AFG) entschieden hat, ist maßgebend die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betriebe die Gruppe zu leisten hat, der derjenige Arbeitnehmer angehört, dessen Anspruch geltend gemacht wird (SozR 4100 § 69 Nr 2). Nichts anderes gilt, wenn die regelmäßige betriebsübliche Arbeitszeit eines Werktages zu bestimmen ist. Abzustellen ist also, wenn die Arbeitszeit an Freitagen je nach Arbeitsgruppe unterschiedlich lang ist, auf die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betrieb die Gruppe freitags zu leisten hat, der der Anspruchsinhaber angehört. Das ist bei den betroffenen Arbeitnehmern eine Arbeitszeit von 4, 5, 6 oder 6,5 Stunden.

Etwas anderes könnte gelten, wenn die Verteilung der Wochenarbeitszeit so, wie sie vorgenommen worden ist, gesetzes- oder tarifwidrig gewesen ist. Das ist hier nicht der Fall. Tariflich ist zwar vorgesehen, daß die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden, die wöchentliche 40 Stunden beträgt, jedoch läßt § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau zu, die regelmäßig an einzelnen Wochentagen (zB samstags oder samstags und freitags) ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen (zB montags bis donnerstags) gleichmäßig auszugleichen, so daß die Wochenarbeitszeit nach den betrieblich bedingten und den Lichtverhältnissen auf die Werktage verteilt werden kann. Eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf fünf Tage, bei der am fünften Tage weniger als 8 Stunden gearbeitet wird, führt zwar zwangsläufig zur Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von höchstens 8 Stunden, wie sie § 3 AZO idF vom 30. April 1938 (RGBl I, 447), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. März 1975 (BGBl I, 685) vorsieht. Eine derartige Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit ist aber bei regelmäßiger Verkürzung der Arbeitszeit an einzelnen Werktagen zulässig, solange die tägliche Arbeitszeit bei 10 Stunden bleibt (§ 4 AZO). Diese Arbeitszeitgrenze ist nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG eingehalten worden.

Was die Revision dagegen ins Feld führt, geht fehl. Zwar ist, wie noch auszuführen sein wird, für die Frage, wieviele der an sich in den Abrechnungszeitraum fallenden Arbeitsstunden durch den Pauschalbetrag (Lohnausgleich) des LTV-Bau entgolten werden, dieser Tarifvertrag maßgebend. Im Zusammenhang mit der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit berufen sich die Klägerinnen jedoch zu Unrecht auf den Tarifvertrag. Der LTV-Bau enthält keine Arbeitszeitregelung, begründet vielmehr lediglich den Anspruch des Arbeitnehmers auf den Pauschalbetrag (Lohnausgleich), den dieser unabhängig davon erhält, ob er während des Ausgleichszeitraumes (24. Dezember bis 1. Januar) arbeitet oder nicht. Der Tarifvertrag statuiert nicht einmal, wie die Klägerinnen meinen, eine arbeitsfreie Zeit; letzteres ergibt sich eindeutig aus § 3 Nr 4 LTV-Bau, wonach der Arbeitgeber entscheidet, ob während des Ausgleichszeitraums gearbeitet wird oder nicht. Eine nur den Ausgleichszeitraum betreffende Arbeitszeitregelung dürfte im übrigen unmaßgeblich sein, weil sie nicht die regelmäßige betriebsübliche Arbeitszeit wiedergibt, auf die nach § 85 Abs 3 AFG abzustellen ist.

Haben das LSG und die Beklagte demnach zu Recht für die Arbeitnehmer, die freitags weniger als 8 Stunden arbeiteten, für den 1. Januar 1982 eine Arbeitszeit von 4, 5, 6 oder 6,5 Stunden und für den Abrechnungszeitraum Januar 1982 insgesamt 164, 165, 166 oder 166,5 Arbeitsstunden zugrunde gelegt, wären die Klagen, soweit die Klägerinnen mit ihnen für die betroffenen Arbeitnehmer höhere SWG unter Zugrundelegung von 4, 3, 2 oder 1,5 mehr schlechtwetterbedingte Ausfallstunden begehren, unbegründet und abzuweisen, wenn die den 164, 165, 166 bzw 166,5 Arbeitsstunden jeweils gegenüber zu stellende Zahl von im Januar 1982 angefallenen Entgeltstunden zutreffend ermittelt wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Beklagte hat nämlich aufgrund des Pauschalbetrages (Lohnausgleich), den die Arbeitnehmer erhalten haben, nicht nur bei den Arbeitnehmern, die freitags 8 Stunden zu arbeiten hatten, sondern auch bei den hier betroffenen Arbeitnehmern, die freitags weniger als 8 Stunden arbeiteten, für Freitag, den 1. Januar 1982 8 Stunden als entgolten angesehen. Das ist unrichtig.

Das Vorgehen der Beklagten wäre zwar nicht zu beanstanden, wenn mit dem Pauschalbetrag nach dem LTV-Bau unabhängig von der am 1. Januar 1982 im Einzelfalle ausfallenden Arbeitszeit für diesen Tag 8 Arbeitsstunden abgegolten wären. Das trifft jedoch nicht zu. Der Pauschalbetrag (Lohnausgleich) wird nicht für einzelne Tage gewährt, sondern insgesamt für den ganzen Lohnausgleichszeitraum. Daher setzt der Anspruch ua voraus, daß das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zu einem baugewerblichen Betrieb am 23. Dezember besteht und am Ende des Ausgleichszeitraumes, also zum 1. Januar, noch besteht (§ 3 Nr 2 Buchst a LTV-Bau). Die von den Tarifvertragsparteien in dem Tarifvertrag über eine Lohnausgleichs-Tabelle für die Winterperiode 1981/82 (Anlage zu § 3 Nr 1 LTV-Bau) vom 5. Mai 1981 vereinbarte, hier maßgebende Tabelle räumt zwar je nach der Höhe des tatsächlichen durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes in dem vor dem Ausgleichszeitraum liegenden letzten Lohnabrechnungszeitraum unterschiedlich hohe Pauschalbeträge ein, sieht jedoch für jeden Arbeitnehmer einen und nicht mehrere Beträge vor. Insbesondere haben die Tarifvertragsparteien nicht, wie die Revision geltend macht, vorgeschrieben, daß 48/56 des 1981/1982 geschuldeten Pauschalbetrages den Lohn für die Zeit vom 24. bis 31. Dezember 1981, und 8/56 den Lohn für den 1. Januar 1982 ausgleichen. Eine solche Aufteilung des Lohnausgleichsbetrages, die die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft den Betrieben der Bauwirtschaft für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge im November 1981 mitgeteilt hat, findet in den Tarifverträgen keinen Niederschlag. Fällt der Ausgleichszeitraum wie hier in zwei SWG-Abrechnungszeiträume, muß die Frage, wieviele durch den Pauschalbetrag (Lohnausgleich) vergütete Arbeitsstunden für den ersten und wieviele für den zweiten Abrechnungszeitraum anzurechnen sind, vielmehr nach den Zwecken des mit dem Pauschalbetrag verfolgten Lohnausgleichs entschieden werden.

Der Lohnausgleich soll den Arbeitslohn und den Feiertagslohn umfassen, der nach der tariflichen bzw, wenn diese geringer ist, nach der vereinbarten Arbeitszeit im Ausgleichszeitraum angefallen wäre. Den Pauschalbeträgen liegt deshalb die Anzahl der Arbeitsstunden zugrunde, die nach der tariflichen Arbeitszeit im Ausgleichszeitraum angefallen oder als Feiertagslohn zu vergüten wären. Da die Anzahl dieser insgesamt zu vergütenden Stunden von der Lage der Feiertage abhängt, werden die Lohnausgleichs-Tabellen für jede Winterperiode in besonderen Tarifverträgen vereinbart. Ist die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit geringer als die tarifliche, so ist der Lohnausgleich, wie er sich aus der Lohnausgleichs-Tabelle ergibt, im Verhältnis der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit zur tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit zu kürzen (§ 5 LTV-Bau).

Gleichen die jeweiligen Pauschalbeträge (Lohnausgleich) den Arbeits- und Feiertagslohn aus, der in der Zeit vom 24. Dezember bis 1. Januar nach der im Einzelfalle vereinbarten Arbeitszeit, höchstens nach der tariflichen Arbeitszeit angefallen wäre, werden mit der Lohnausgleichszahlung somit in jedem Abrechnungszeitraum soviele Arbeitsstunden vergütet, wie bei der üblichen oder vereinbarten Verteilung der Arbeitszeit auf Wochentage im jeweiligen Abrechnungszeitraum anfallen oder als Feiertagslohn zu vergüten sind. Für die Arbeitnehmer der Klägerinnen, die freitags 4, 5, 6, oder 6,5 Stunden arbeiteten und denen deshalb nach dem FeiertagslohnzahlungsG für den 1. Januar 1982 Verdienstausfall nur für diese Stundenzahl zugestanden hätte, können deshalb nur 4, 5, 6 oder 6,5 Stunden als im Abrechnungszeitraum Januar 1982 durch den Pauschalbetrag entgolten angesehen werden. Der Ansatz der Entgeltstunden ist daher bei den von den Klagen betroffenen Arbeitnehmern um 4, 3, 2 oder 1,5 Stunden zu hoch. Das hat zur Folge, daß die Differenz zwischen der (zutreffend festgestellten) Zahl der regelmäßigen betriebsüblichen Arbeitsstunden und der (unzutreffend festgestellten) Zahl der Entgeltstunden im Januar 1982 und damit die Höchstzahl der beim SWG zu berücksichtigenden Ausfallstunden jeweils um 4, 3, 2 oder 1,5 Stunden zu niedrig ist.

Den von den Klagen betroffenen Arbeitnehmern der Klägerinnen stehen, da die Anzahl der Ausfallstunden und die Anzahl der Entgeltstunden im übrigen nach den Ausführungen des LSG in den Einzelfällen nicht zweifelhaft sind, für Januar 1982 somit höhere SWG zu. Daß den Arbeitnehmern möglicherweise für den Abrechnungszeitraum Dezember 1981 zuviel SWG gewährt worden ist, weil ggf zu wenig Stunden im Dezember 1981 als durch den Pauschalbetrag (Lohnausgleich) entgolten angesehen worden sind, kann hierbei nicht berücksichtigt werden; denn das SWG wird jeweils für den Abrechnungszeitraum gewährt. Sollte die Beklagte verschiedenen Arbeitnehmern der Klägerinnen tatsächlich für Dezember 1981 zuviel SWG gewährt haben, ist die Beklagte darauf verwiesen, die Bewilligungen ggf zurückzunehmen.

Entsprechend den Ansprüchen der von den Klagen betroffenen Arbeitnehmern auf höheres SWG haben die Klägerinnen Anspruch auf höhere Zuschüsse zu den Beiträgen, die sie zu den Rentenversicherungen ihrer Arbeitnehmer im Januar 1982 erbringen müssen; denn der Beitragsteil, zu dem die Zuschüsse gemäß § 166 Abs 3 Satz 2 AFG in Höhe von 75 vH der Aufwendungen gewährt werden, ist nach § 166 Abs 2 AFG von der Zahl der Ausfallstunden abhängig, für die den Arbeitnehmern SWG gewährt werden.

Die Revision ist daher begründet, so daß das die Klagen abweisende Urteil des LSG keinen Bestand haben kann. Da die vom SG gewählte Urteilsformel zu Mißverständnissen Anlaß gibt, wie das LSG zutreffend bemerkt hat, ist dem Urteil eine neue Fassung zu geben. Dabei muß sich der Senat auf ein Grundurteil beschränken; es fehlen Feststellungen, die es dem Senat erlauben, allein aus dem unrichtigen Ansatz der Entgeltstunden die Höhe der Mehrbeträge zu entwickeln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661515

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