Ausweislich der Urteile des BGH bedarf es bei der konkreten Abrechnung des Fahrzeugschadens in der zweiten Fallgruppe des Nachweises des besonderen Integritätsinteresses, um dem Postulat des Wirtschaftlichkeitsgebots und des Bereicherungsverbots Rechnung zu tragen. Das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten ist Voraussetzung des Anspruchs auf Ersatz der Reparaturkosten in der zweiten Fallgruppe. Zudem ist der Geschädigte hinsichtlich des Nachweises dieses besonderen Integritätsinteresses beweispflichtig. Der Anspruch entsteht daher der Höhe nach erst dann, wenn das Integritätsinteresse des Geschädigten nachgewiesen ist. Dieser muss also darlegen und beweisen, dass er sein Fahrzeug reparieren lässt, weil er es unbedingt weiter nutzen möchte. Er muss darlegen und beweisen, dass trotz des erheblichen Schadens und der – wirtschaftlich betrachtet – unvernünftigen Reparatur "sein Herz in dem Maße an dem Fahrzeug hängt", dass er es dennoch reparieren lassen möchte. Nur wenn ihm dies gelingt, entsteht der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens überhaupt erst.
Problematisch an der Voraussetzung des Integritätsinteresses ist, dass es sich hierbei um eine "innere Tatsache" handelt. Das Integritätsinteresse bzw. dessen Fehlen kann man dementsprechend nur an äußeren Tatsachen festmachen. Auf Grund derer ist dann auf das Vorhandensein bzw. das Fehlen des Integritätsinteresses zu schließen.
Der BGH hat sich diesbezüglich nunmehr in seinem Beschl. v. 18.11.2008 eindeutig positioniert. Er stellt hierin klar, dass er für den Nachweis des Integritätsinteresses zunächst die Reparatur des Fahrzeugs ausreichen lässt. Erst wenn sich in der Folgezeit herausstellt, dass der Geschädigte dass Fahrzeug innerhalb der ersten sechs Monate nach durchgeführter Reparatur veräußert, spricht dies in der Regel gegen das Integritätsinteresse des Geschädigten.
Das ist dogmatisch gesehen der richtige Ansatz. Das Integritätsinteresse liegt beim Geschädigten im Zeitpunkt der Reparatur in der Regel vor und zeigt sich durch die wirtschaftlich unvernünftige Reparatur auch nach außen. Wenn der Geschädigte das Fahrzeug dann auch nicht direkt veräußert, sondern es zumindest noch sechs Monate lang behält und weiternutzt, manifestiert sich das Integritätsinteresse gleichsam nach außen.
Die Sechs-Monats-Frist hat also allein beweismäßige Bedeutung. Entweder liegt das Integritätsinteresse des Geschädigten vor oder nicht. Wenn der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung hat, kann er dies bestreiten. Der Geschädigte muss dann in der Lage sein, das Vorliegen des Integritätsinteresses nachzuweisen. In der Regel gelingt ihm dies durch den Nachweis der Weiternutzung des Fahrzeugs für die Dauer von sechs Monaten.
Etwas anderes hat der BGH auch in seinen früheren Urteilen nicht ausgeführt. In seinem Urt. v. 22.4.2008 hat er ebenfalls darauf abgestellt, dass die Durchführung der sach- und fachgerechten Reparatur allein für den Nachweis des Integritätsinteresses nicht ausreichend ist. Er führt hier wörtlich aus: "Ist dies [gemeint ist das Integritätsinteresse] nicht – etwa durch eine Weiternutzung von sechs Monaten – nachgewiesen, kann der Geschädigte mithin im Regelfall nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen." Diese Aussage besagt eindeutig, dass bis zum Nachweis des Integritätsinteresses durch den Geschädigten der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens in Bezug auf Erstattung der konkret angefallenen Reparaturkosten nicht entstanden ist. Zudem stellt der BGH durch diese Aussage klar, dass die Durchführung der sach- und fachgerechten Reparatur, der es ja ohnehin bedarf, allein für den Nachweis des besonderen Integritätsinteresses des Geschädigten nicht ausreicht. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass der Schädiger das Vorliegen des Integritätsinteresses beim Geschädigten bestreitet. Nur dann muss der Geschädigte das Vorliegen des Integritätsinteresses beweisen und auch nur in diesem Fall entsteht sein Anspruch erst mit erbrachtem Beweis.
Hat der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer also Zweifel am Vorliegen des Integritätsinteresses beim Geschädigten, muss er dies bestreiten. Kommt es dann zum Rechtsstreit, in dessen Verlauf der Geschädigte das Vorliegen des Integritätsinteresses nachweisen kann, muss der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer die Reparaturkosten und die Prozesskosten voll übernehmen. Gelingt dem Geschädigten hingegen der Beweis des Vorliegens des Integritätsinteresses nicht, so trägt er die Reparatur- und die Prozesskosten.