Hinweis

"Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung/Mietwagenkosten für den Zeitraum vom Schadenseintritt bis zur Beseitigung der Schadensursache; so das Fahrzeug unfallbedingt verkehrsunsicher ist. Dieser Ausfallzeitraum ist im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens nicht auf den Wiederbeschaffungszeitraum limitiert. Zusätzlich zum Wiederbeschaffungszeitraum ist der Schadensfeststellungs- und Überlegungszeitraum zu berücksichtigen."

Der Schadensfeststellungzeitraum beginnt mit dem Unfalltag und endet mit der Vorlage des Schadensgutachtens (OLG Düsseldorf VersR 2019, 1237). Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung gehen zu Lasten des Schädigers (AG Berlin-Mitte v. 5.5.2009, Az. 111 C 3068/08). Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist erst dann anzunehmen, wenn der Auftrag zur Erstellung des Gutachtens nicht zeitnah nach dem Unfalltag erteilt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Verkehrsunfall ereignete sich am DATUM (WOCHENTAG). Das Gutachten wurde am DATUM (WOCHENTAG) durch meine Mandantschaft in Auftrag gegeben. Dieser Zeitraum beträgt X Kalendertage.

Der Überlegungszeitraum gibt dem Geschädigten nach Eingang des Gutachtens Zeit, um auf Basis des Gutachtens über das weitere Vorgehen zu entscheiden (OLG Düsseldorf v. 5.10.2017, Az. I-1 U 52/07; LG Wiesbaden zfs 1995, 205). Die Dauer der Überlegungsfrist ist mit wenigstens fünf (AG Aschaffenburg zfs 1999, 103) bis sieben Tagen (BGH NJW 1975, 160) anzusetzen. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist erst nach Überschreiten dieses Zeitraums anzunehmen. Folglich sind weitere X Kalendertage zu addieren.

Es ist daher nicht zutreffend, dass der Nutzungsausfall- bzw. Mietwagenzeitraum auf in der Regel 14 Tage oder aber auf den vom Gutachter ermittelten Wiederbeschaffungszeitraum zu begrenzen wäre. Es ergibt sich ein Zeitraum von insgesamt X Kalendertagen.“

 

Erläuterung:

Immer wieder ist es seitens der Werkstätten, der Autovermieter oder aber der Haftpflichtversicherer zu hören, dass bei einem wirtschaftlichen Totalschaden eines verkehrsunsicheren Fahrzeuges der Nutzungsausfall- bzw. Mietwagenzeitraum auf 14 Kalendertage limitiert wäre.

Ganz abgesehen davon, dass die Wiederbeschaffungsdauer nicht pauschal 14 Kalendertage beträgt (es ist auf die Ausführungen des Gutachters im Einzelfall abzustellen), ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass sowohl der Schadensermittlungszeitraum als auch ein Überlegungszeitraum zuzubilligen ist; dies selbstverständlich unter Berücksichtigung der den Geschädigten treffenden Schadensminderungspflicht.

So der Geschädigte zeitnah – binnen weniger Tage nach dem Unfallgeschehen – ein Schadensgutachten in Auftrag gibt, ist der Zeitraum bis zum Erhalt des Gutachtens zu berücksichtigen; dies grundsätzlich auch unabhängig davon, wie lange die Begutachtung dauert, da hierauf der Geschädigte keinen Einfluss hat. Da der Geschädigte erst mit Erhalt des Gutachtens weiß, mit welchem Betrag er im Rahmen der Ersatzanschaffung rechnen kann, kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob der Geschädigte erkennen konnte, dass es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt oder nicht. Hinzukommend – da erst mit Erhalt des Gutachtens feststeht, in welchem finanziellen Rahmen die Ersatzanschaffung geplant werden kann – ist ein Überlegungszeitraum zu berücksichtigen. Erst dann schließt sich der vom Gutachter im Einzelfall angesetzte Wiederbeschaffungszeitraum an.

Autor: Stefan Herbers

RA Stefan Herbers, FA für Verkehrsrecht, FA für Arbeitsrecht, Oldenburg

zfs 3/2021, S. 123

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