Hinweis

"Die Selbstbeteiligung ist nur einmal in Abzug zu bringen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den ARB Ihres Hauses, dies aus folgenden Gründen:"

Die Klausel des § 5 Abs. 3c ARB 2010 (die ARB 1975/1994/2000 sind inhaltsgleich) ist bereits unwirksam, denn sie verstößt gegen das Transparenzgebot. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (BGH, Urt. v. 16.7.2014 – IV ZR 88/13).

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse wird die Klausel so verstehen, dass die Selbstbeteiligung nur dann mehrfach anfällt, wenn verschiedene Leistungsarten (§ 2 ARB) aus verschiedenen Lebenssachverhalten betroffen sind. Denn er geht davon aus, dass die Selbstbeteiligung nach dem Sinn der Klausel nur dann mehrfach anfallen soll, wenn er mit mehreren Fällen aus verschiedenen Leistungsarten und aus verschiedenen Lebenssachverhalten einen Anwalt beauftragt, da ihn die Klausel zur Stabilität der Prämien aller Versicherungsnehmer davon abhalten soll, für jeden streitigen Lebenssachverhalt einen Anwalt zu beauftragen.

Bei Unfällen, in denen aus einem Lebenssachverhalt mehrere Leistungsarten betroffen sein können oder sind, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer jedoch immer davon ausgehen, dass alle Tätigkeiten des von ihm beauftragten Anwalts, für die Deckung zu gewähren ist, auch mit einer Selbstbeteiligung erledigt sind. Dass dieser einheitliche Lebenssachverhalt künstlich in verschiedene Leistungsbereiche aufgespalten wird und die Selbstbeteiligung mehrfach anfällt, kann und muss er weder wissen noch hat er hierauf Einfluss, nachdem sich der Unfall bereits ereignet hat.

Darüber hinaus schulden Sie aus einem Lebenssachverhalt die Maximaldeckungssumme nur einmal, und zwar für alle Fälle, die aus diesem Unfall – dem Versicherungsfall – entstehen. Anderenfalls würden Sie auch in jeder Leistungsart jeweils die Höchstdeckungssumme schulden, was offenkundig nicht kalkuliert ist.

Zur Vermeidung der Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel durch die Gerichte wurden die ARB zwischenzeitlich geändert. In den ARB 2012, 3.3.4 heißt es nunmehr: “Von den von uns zu tragenden Kosten ziehen wir die vereinbarte Selbstbeteiligung je Versicherungsfall ab. Ausnahme: Hängen mehrere Versicherungsfälle zeitlich und ursächlich zusammen, ziehen wir zu Ihren Gunsten die Selbstbeteiligung nur einmal ab.'“

 

Erläuterung:

Oftmals folgen aus einem Unfallgeschehen mehrere Mandate. Der Mandant beauftragt "seinen" Anwalt, umfassend für ihn tätig zu sein. Dieser Auftrag kann mehrere Leistungsarten i.S.v. § 2 ARB betreffen. Aus dem Unfall kann dem Mandanten ein Schadensersatzanspruch zustehen, der geltend zu machen ist. Wird gegen ihn der Vorwurf einer Mitverursachung am Unfall erhoben, so kommt auch eine straf- und/oder bußgeldrechtliche Tätigkeit in Betracht. Darüber hinaus können sich für den Fall, dass aufgrund des Unfalls die Kraftfahrteignung des Mandanten in Zweifel gezogen wird, auch verwaltungsrechtliche Tätigkeiten ergeben.

Die Aufzählung beansprucht keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll lediglich zeigen, dass aus ein und demselben Unfall vielfache Tätigkeiten entspringen können, die vom Rechtsschutzversicherer zu decken sind. In all diesen Fällen fällt die Selbstbeteiligung nur einmal an. Oftmals versuchen Rechtsschutzversicherer jedoch, unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 3c ARB i.V.m. § 2 ARB die Selbstbeteiligung mehrfach in Abzug zu bringen, weil die jeweilige Tätigkeit des Anwalts auf den verschiedenen Gebieten auch verschiedene Leistungsarten i.S.d. ARB betrifft. Diese Vorgehensweise ist jedoch mit der oben genannten Begründung unzulässig.

Die Problematik stellt sich ab den ARB 2012 nicht mehr. Dort heißt es unter Ziff. 3.3.4, dass die Selbstbeteiligung nur einmal in Abzug gebracht wird, wenn aus ein und demselben Lebenssachverhalt mehrere Aufträge erteilt werden.

Autor: Jens Dötsch

RA Jens Dötsch, FA für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht, Andernach

zfs 2/2019, S. 63

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