Leitsatz

  1. Verwalter muss sich auch um die Sicherheit des Brandschutzes im Bereich des Gemeinschaftseigentums kümmern
  2. Eine an den Verwalter adressierte Ordnungsverfügung muss allerdings Bestimmtheitsgeboten Rechnung tragen
 

Normenkette

Bauordnung NRW 2006, §§ 17, 35, 36 Abs. 5, 38 Abs. 2

 

Kommentar

  1. Die Inanspruchnahme des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Sicherstellung des Brandschutzes im Bereich des Gemeinschaftseigentums durch eine an ihn adressierte Ordnungsverfügung (hier: Aufforderung zur Beseitigung beanstandeter Gegenstände aus dem Treppenhaus zur Sicherstellung des Rettungswegs) ist nicht zu beanstanden. Der Verwalter hat ein selbstständiges Recht, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und unterliegt aufgrund dieser Handlungsbefugnis als Störer auch einer etwaigen Inanspruchnahme aus der zwingenden Gesetzesbestimmung in § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 WEG. Die Begriffe Instandhaltung und Instandsetzung umfassen auch die Beseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in umfassender Weise. Der Verwalter ist aber nur zur Beseitigung beanstandeter Gegenstände aus dem Bereich von Rettungswegen verpflichtet. Dies bedeutet keine Zerstörung der Gegenstände, sondern lediglich ihre Sicherstellung an einen ungefährlichen Ort, falls Eigentümer der Aufforderung des Verwalters nicht nachkommen, sie zu entfernen. Insoweit muss auch eine 200 kg schwere, mobile Heizung entfernt werden, mag dies auch durch Wegfall zu Folgeproblemen führen.
  2. Die aus Gründen des Brandschutzes geforderte Beseitigung von Gegenständen aus dem Bereich eines notwendigen Rettungswegs kann nicht nur mit der Brennbarkeit der Gegenstände begründet werden, sondern auch damit, dass sie im Brandfall den Durchgang für Retter und Bewohner des Hauses erschweren. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die nutzbare Breite des Rettungswegs unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegenstände die Anforderungen der §§ 36 Abs. 5, 38 Abs. 2 BauO Nordrhein-Westfalen (2006) erfüllt.
  3. Eine Ordnungsverfügung, die allerdings einem Adressaten die Beseitigung "sämtlicher Brandlasten aus dem Treppenhaus" aufgibt, kann wegen Unbestimmtheit rechtswidrig sein. Insoweit ist nicht eindeutig bestimmt, was genau als"Brandlast" zu verstehen und deshalb von einer Beseitigungsverpflichtung erfasst ist. Eine Ordnungsverfügung hätte hier vielmehr entweder eine abschließende Auflistung aller zu entfernenden Gegenstände oder eine zweifelsfreie abstrakte Bestimmung des Begriffs Brandlast erfordert.
Anmerkung

Solche durchaus berechtigten brandschutzrechtlichen Ordnungsverfügungen sollten sich m.E. an die primär verantwortliche Gemeinschaft richten, vertreten durch den zustellungsempfangsverpflichteten Verwalter, also – ungeachtet auch seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflichten – zunächst nicht unmittelbar an ihn. Insoweit hat er dann auch alle organisatorischen Maßnahmen für und gegen die Gemeinschaft zu veranlassen, in Not- und Eilfällen pflichtgemäß unter Umständen auch eigenständig zu handeln (in Wahrnehmung berechtigter Interessen der Gemeinschaft gegenüber in eigener Notgeschäftsführungskompetenz nach Grundsätzen des § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 2 Nr. 2 und auch Abs. 3 Nr. 2 WEG). Von "laufenden Maßnahmen" i.S.d. § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG würde ich in solchen Fällen eher nicht sprechen.

Auf jeden Fall haben sich Verwalter in solchen und ähnlichen Fällen sehr rasch auch im Rahmen bestehender eigener Gefährdungshaftung und Verkehrssicherungspflichterfüllung auch um solche Gefahrbeseitigungsmaßnahmen zu kümmern, auch schon aus brandversicherungsrechtlichen Gründen!

 

Link zur Entscheidung

OVG für das Land NRW, Beschluss vom 15.04.2009, 10 B 304/09, ZMR 2010 S. 78 = NZM 2009 S. 912

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge