Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Vorbereitungshandlung. Auftanken des Mofas

 

Orientierungssatz

Tankt ein Beschäftigter auf dem Nachhausweg sein Mofa auf, steht er dabei grundsätzlich nicht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

Der 1979 geborene Kläger verunglückte am 04.11.2015 gegen 17.00 Uhr, als er auf dem Rückweg von seiner Arbeitsstelle bei der G. GmbH Bautenschutz in W. zu seiner Wohnung in W., L.straße , mit seinem Mofa von einem Lkw mit geringer Geschwindigkeit angefahren wurde. Nach dem Durchgangsarztbericht von Dr. H., R.-M.-Klinikum W., wurde von diesem noch am Unfalltag nach diversen Untersuchungen lediglich eine Prellung der Lendenwirbelsäule (LWS) ohne Anhalt für eine Fraktur oder Gefügestörung diagnostiziert (vgl. Durchgangsarztbericht Dr. H. vom 04.11.2015, Bl. 1 Verwaltungsakten - VA).

Am 09.11.2015 wurde der Kläger aus der stationären in die ambulante Behandlung entlassen (vgl. Arztbrief vom 09.11.2015, Bl. 22 VA).

Am 26.11.2015 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, der Unfall habe sich am 04.11.2015 um 17.00 Uhr im Bereich der AVIA Tankstelle in W.-N., B.straße , ereignet. Er habe von seinem Arbeitsplatz auf dem regulären Weg von 3 km mit seinem Mofa nach Hause fahren wollen. Im Unfallzeitpunkt habe er sich zum Tanken seines Fahrzeugs an der AVIA Tankstelle befunden, als ein unachtsamer Fahrzeuglenker ihn übersehen und beim Ausfahren aus der Tankstelle ihn und sein Fahrzeug gerammt habe. Der Unfall sei polizeilich aufgenommen worden.

Mit Bescheid vom 04.12.2015 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 04.11.2015 als Arbeits- bzw. Wegeunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, nach den Ermittlungen habe sich der Kläger am Unfalltag zum Tanken seines Mofas an der AVIA Tankstelle befunden, als er von dem Lkw-Fahrer angefahren worden sei. Das Tanken vor oder bei Antritt des Arbeitsweges sei grundsätzlich eigenwirtschaftlich. Das Aufsuchen einer Tankstelle auf dem Weg zur Arbeitsstelle oder auf dem Nachhauseweg stelle eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar, die nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe und auch keine nur geringfügige Unterbrechung des Weges darstelle. Das Ereignis vom 04.11.2015 könne daher nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnten deshalb nicht gewährt werden.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass die Tankanzeige seines Mofas aufgeleuchtet habe und er deshalb habe tanken müssen, da er sonst sein Mofa hätte nach Hause schieben müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2016, zur Post gegeben am 20.04.2016, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich aus, die Einwendungen des Klägers, dass die Tankanzeige bei seinem Mofa aufgeleuchtet habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Wenn der mitgeführte Treibstoffvorrat zur Neige gehe, aber nach Kenntnis des Beschäftigten noch ausreiche, um den Endpunkt des Weges nach oder von der Arbeitsstätte zu erreichen, könne das Nachtanken regelmäßig nicht als betriebsbezogen angesehen werden. Der Kläger habe am Unfalltag nur noch eine sehr geringe Wegstrecke zurückzulegen gehabt. Die Notwendigkeit des Tankens sei deshalb nicht gegeben gewesen, weshalb zwischen dem Tanken und dem Zurücklegen des weiteren Heimwegs kein innerer Zusammenhang gegeben sei.

Dagegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 17.05.2016 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erheben lassen. Zur Begründung wird vorgetragen, der am 04.11.2015 allein vom Unfallgegner verschuldete polizeilich festgestellte Unfall, stehe in einem engen inneren Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit des Klägers. Der Kläger habe sich nach Beendigung seiner Arbeitstätigkeit auf der Heimfahrt befunden. Kurz nachdem er sein Fahrzeug, beim Verlassen des Betriebsgeländes, gestartet habe, habe bereits die Tankanzeige aufgeleuchtet. Um sicherzugehen, dass der Treibstoff auch bis nach Hause ausreiche, habe der Kläger die auf dem direkten Heimweg unmittelbar nächstgelegene Tankstelle aufgesucht, um zu tanken. Diese Tankstelle habe sich in unmittelbarer Nähe zum Betriebsgelände und weiter weg von der Wohnung des Klägers befunden. Die Tankstelle sei also näher zum Betrieb gelegen, als zur Wohnung des Klägers. Es habe auch eine Notwendigkeit für das Betanken bestanden, da der Kläger nicht davon ausgegangen sei, dass sein Treibstoff noch bis nach Hause ausreiche. Beachtung finden müsse insofern die Tatsache, dass die Tankanzeige unmittelbar nach Verlassen des Betriebsgeländes aufgeleuchtet habe. Der Kläger habe auch die unmittelbar zum Betrieb nächstgelegene Tankstelle aufgesucht. Im Übrigen habe sich der Unfall ereignet, als der Kläger noch beim Anfahren der Tankstelle a...

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